Internationale Vernetzung gegen den Krieg in Afghanistan

Berliner Demo gegen Mandatsverlängerung

von Jens-Peter Steffen
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( c ) Netzwerk Friedenskooperative

Frankreich hat es getan, der Sicherheitsrat hat es getan. In Berlin und Stuttgart wurde am 20. September bundesweit demonstriert, damit die Bundestagsabgeordneten es nicht tun: Den Krieg in Afghanistan zu verlängern. Als deutscher Beitrag droht zudem die Aufstockung um voraussichtlich 1.000 auf 4.500 Soldaten, sowie die Bereitstellung von Awacs - Aufklärungsflugzeugen für die Internationale Schutztruppe (Isaf).

Die Demonstrationen sollten den Bundestagsabgeordneten und Parteien vor ihrer Abstimmung über die Mandatsverlängerung Anfang Oktober deutlich machen, dass es in Deutschland klare Mehrheiten gegen den Krieg mit deutscher Beteiligung gibt.

„Nur wenn es um Auslandseinsätze und um Rüstungsausgaben geht, sind die regierenden und opponierenden Parteien (die LINKE nehme ich hier aus) ein Herz und eine Seele. Und das, obwohl es gerade hier ganz eindeutige Meinungsmehrheiten in der Bevölkerung gibt. Während sämtliche repräsentativen Umfragen zeigen, dass zwischen 60 und 80 Prozent gegen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan sind, wird dieser Einsatz regelmäßig im Bundestag mit einer Mehrheit von 80 bis 90 Prozent abgenickt. Das ist ein demokratiepolitischer Skandal erster Ordnung“, schrieb Peter Strutynski, Sprecher des Friedensratschlages, den Politikern ins Stammbuch.

Laut Medienberichten soll sowohl in der SPD- als auch in der FDP-Bundestagsfraktion zunehmende Skepsis gegen die Aufstockung des Bundeswehrkontingents und die mögliche Anforderung von Awacs-Aufklärungsflugzeugen herrschen.

Auf der Berliner Demonstration glaubte keiner, dass bei den anstehenden Abstimmungen schon grundsätzlich andere Entscheidungen erreicht würden. Das hielt aber niemanden davon ab, gemeinsam dieses Zeichen zu setzen. Denn, „wer wirklich Frieden will in Afghanistan, muss zuallererst den Krieg beenden. Und wer den Krieg beenden will, muss zuallererst die fremden Truppen aus dem Land abziehen und darf zum zweiten keine Waffen mehr in die Region liefern – gleichgültig an welche Seite“, so Strutynski.

Durch die Einladung an RednerInnen aus Frankreich und den USA und durch zahlreiche Grußworte aus weiteren Ländern vermittelte die Berliner Demo die internationalen Qualität des Widerstandes gegen den Krieg in Afghanistan.

Jean-Yves Gallas von „movement de la paix“ aus Frankreich, bekräftigte: "Es wird Zeit, die für militärische Aktionen eingesetzten Mittel, zugunsten der Bevölkerung für Gesundheit, Schule, Verkehr, Infrastruktur und für die Achtung der Menschenrechte zu nutzen!"

Auch in Frankreich kippt die öffentliche Meinung zu dem Krieg. Nachdem bei Kabul eine französische Isaf-Patrouille in einen tödlichen Taliban-Hinterhalt geriet, sind laut einer Umfrage des Magazins «L'Express» inzwischen 62 Prozent für einen Abzug der rund 3.300 Soldaten. Doch Nationalversammlung und Senat haben der Verlängerung des Militäreinsatzes zugestimmt.

Der UNO-Sicherheitsrat hat ebenfalls einstimmig das Mandat für den Einsatz der internationalen Schutztruppe in Afghanistan bis Mitte Oktober 2009 verlängert. Dabei dokumentiert die UNO selbst den äußerst kritischen Stand des Krieges: Trotz der Aufstockung der internationalen Truppen ist die Gewalt in Afghanistan in diesem Jahr auf das höchste Niveau seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001 angestiegen. Nach Angaben der UNO sind in den ersten acht Monaten 2008 in dem Land fast 1.500 Zivilisten ums Leben gekommen, 39 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Für 800 Tote Zivilisten werden die Taliban und andere Extremisten verantwortlich gemacht, über 570 Tote gehen laut UNO auf das Konto der afghanischen Armee und ihrer ausländischen Verbündeten.

Neben der Schilderungen des zunehmenden Elends in Afghanistan bezogen sich mehrere RednerInnen auf die Ausweitung des Krieges auf Pakistan. Sie warnten vor der weiteren Destabilisierung eines höchst destabilisierten Landes. Die militärischen Übergriffe der USA würden zunehmend Zivilisten gefährden und das Land noch stärker in die Hände muslimischer Politiker treiben. Deutschland wird daran durch seine Kriegsbeteiligung eine Mitschuld tragen.

Die Demonstration selber verlief weitgehend konfliktfrei. Ein angemeldeter Lautsprecherwagen wurde von der Polizei aus der Demo abgezogen, es gab staatsorganische Eingriffe gegen einige mitgeführte Öcalan-Bilder. Auf dem Gendarmenmarkt zogen schwarzgraue Rauchschwaden über die Köpfe der Demonstranten gegen den Deutschen Dom. Kurz flackerten Erinnerungen an Heiligendamm auf. Diesmal brannte ein Panzer – aus Holz und Pappe auf einem Einkaufswagen montiert. DemonstrantInnen und VeranstalterInnen amüsierte es, dass die Polizei beim Löschen mehr Qualm erzeugte als die Flammen selbst zuvor Signalwirkung hatten.

Infos
http://www.afghanistandemo.de/

http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Afghanistan/afgh-demo3.html

http://de.indymedia.org/2008/09/227470.shtml

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