Israel-Palästina

Besatzung schmeckt bitter

von Pax Christi Saar

„Frieden braucht die Achtung des Völkerrechts, deshalb Ja zu kritischem Konsum - Nein zum pauschalen Boykott israelischer Waren“, erklärt die katholische Friedensorganisation Pax Christi und fordert eine Kennzeichnungspflicht, die deutlich macht, ob israelische Waren aus den besetzten Gebieten stammen. Sie erhält auch Unterstützung von Friedensaktivistinnen und -aktivisten aus Israel.

„Frieden in Grenzen?“ war das Thema einer gemeinsamen Tagung der EvangelischenAkademie Bad Boll und der pax christi-Nahostkommission Ende Juni 2012 in Bad Boll. Bei der Reflexion der Rahmenbedingungen für einen gerechten Frieden in den zwei Staaten Israel und Palästina war die Forderung nach Einhaltung des Völkerrechts zentral. Gerade der Siedlungsbau schafft systematisch Fakten, die einem gerechten Frieden im Weg stehen. Die völkerrechtswidrigen Siedlungen in der Westbank und Ostjerusalem verbauen buchstäblich eine Zwei-Staatenlösung. Der fortgesetzte Siedlungsbau untergräbt aber auch insgesamt das Vertrauen in die internationale Gemeinschaft, die dieser Völkerrechtsverletzung nicht Einhalt gebietet. Die Forderung nach Kennzeichnung der Waren aus den völkerrechtswidrigen Siedlungen ist Teil des Engagements von pax christi für die Einhaltung des Völkerrechts.

Die pax christi-Forderung nach Kennzeichnungspflicht und Kaufverzicht von Waren aus den völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen, wie sie in der Obsttüten-Aktion „Besatzung schmeckt bitter“ zum Ausdruck kommt, unterscheidet sich von einem allgemeinen Boykott israelischer Waren.

„pax christi geht es um den spezifischen Verzicht auf den Kauf von Siedlungsprodukten. Wir möchten unterscheiden können – und genau deshalb bestehen wir auf klarer Kennzeichnung. Denn uns geht es um die Möglichkeit zu einer gezielten Kaufentscheidung im Einklang mit geltendem Völkerrecht“, stellt der Sprecher der Nahostkommission, Dr. Manfred Budzinski klar. „Einen generellen, pauschalen Boykott von Produkten aus Israel halten wir nicht für den richtigen Weg. Damit würden ungerechterweise die israelischen Unternehmen getroffen, die sich an geltendes Völkerrecht halten und ausschließlich im israelischen Staatsgebiet produzieren.“

In den Begleitmaterialien zur Aktion „Besatzung schmeckt bitter“ ruft die Nahostkommission die VerbraucherInnen ausdrücklich dazu auf, Waren aus Israel zu kaufen, allerdings nur, wenn sie sicher sind, dass diese tatsächlich aus dem Staatsgebiet stammen. Damit unterscheidet sich die Aktion „Besatzung schmeckt bitter“ der pax christi-Nahostkommission von der internationalen Kampagne zu Boykott, Desinvestition und Sanktionen (BDS), die einen Boykott aller israelischen Waren vorsieht, bis die Besatzung beendet ist, bis gleiche Grundrechte für die Palästinenser in Israel garantiert sind und das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge anerkannt wird.

Die europaweit lauter werdende Forderung nach einer Kennzeichnung von Waren aus völkerrechtswidrigen Siedlungen auf besetztem Gebiet erhält nun auch Unterstützung von prominenten Stimmen aus Israel.

In einem Gastbeitrag für den Tages-Anzeiger vom 22. Juni 2012 begrüßte Alon Liel, früherer Generaldirektor des israelischen Außenministeriums, die Bemühungen, die irreführende Kennzeichnung von Siedlungsprodukten europaweit zu beenden. Die Kennzeichnung, die in Großbritannien bereits seit 2009 eingeführt und nun auch in der Schweiz und Dänemark geplant sei, ist aus Sicht Liels ein bedeutsamer Akt, um Israels Regierung daran zu erinnern, dass die Siedlungen internationales Recht verletzen: „Diese Vorstöße verdienen Applaus, andere Länder und Firmen sollten dem Vorbild folgen.“

Eine Woche zuvor hatte bereits Avraham Burg, ehemaliger Sprecher der Knesset, in einem Gastkommentar in der Neuen Zürcher Zeitung erklärt, er sehe in den wachsenden internationalen Bemühungen um eine völkerrechtsgemäße Deklaration von Siedlungsprodukten ein Hoffnungszeichen für die Friedensaussichten in Nahost. Israels Regierung müsse eindringlich daran erinnert werden, dass die Siedlungen außerhalb des international anerkannten Staatsgebiets Israels liegen, schrieb der ehemalige israelische Spitzenpolitiker in seinem Beitrag vom 14. Juni 2012. Burg erklärte darin, er werde künftig auf Produkte aus Siedlungen verzichten, und betonte, es sei „weder antisemitisch noch antiisraelisch“, wenn in Europa gefordert werde, diese Waren zu kennzeichnen. Versuche, spezifische Kaufverzichtsaktionen als pauschalen Boykott Israels darzustellen, wies Burg zurück.

Ähnlich wie die pax christi-Nahostkommission in Deutschland engagieren sich unter anderem auch die Organisation United Civilians for Peace (UCP) in den Niederlanden und das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz (HEKS) für die Deklarierung.

Mehr Informationen bei: http://www.paxchristi.de/nahost.infos.2/index.html.

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