Bombspotters suchen Massenvernichtungswaffen bei NATO-Standorten

von Hans Lammerant

Samstag, den 16. April: ca. 1.000 Bombspotters aus ganz Europa bereiten sich auf die Untersuchung der atomwaffenrelevanten NATO-Standorte in Belgien vor. An 14 Treffpunkten über ganz Belgien verteilt werden Einsatzbesprechung abgehalten und die Aktivisten erhalten Werkzeuge für die Inspektionen (eine Strickleiter und einen Teppich um über den Zaun zu gelangen, einen Fragebogen um Soldaten zu verhören, ...). Dann fahren sie mit dem Auto oder Bus los, um die unterschiedlichen Anlagen zu inspizieren. Das schlechte Wetter kann sie nicht aufhalten. In der Nähe der NATO-Anlagen verteilen sich die Bombspotters auf kleine Gruppen und versuchen in die Einrichtungen zu gelangen. Wir dürfen die Atompolitik der NATO nicht ignorieren!

Unsere Regierungen bedrohen den Rest der Welt mit Nuklearwaffen, stationiert durch die NATO `zu unserer Sicherheit`. Es befinden sich immer noch 480 US-Nuklearwaffen in Europa. In Kriegszeiten werden sie durch Piloten der Gastgeberländer wie Belgien oder Deutschland zu ihren Zielen geflogen.

Nuklearwaffen können nicht eingesetzt werden ohne die Grundprinzipien des internationalen Menschenrechts zu verletzen. Folgerichtig wäre ihr Einsatz ein Kriegsverbrechen und ein Verbrechen gegen die Menschheit. Die gilt nicht nur für die sogenannten Schurkenstaaten, sondern auch für die NATO-Länder. Die NATO bereitet sich jedoch auf Kriegsverbrechen vor, sowohl durch die Stationierung von Nuklearwaffen als auch durch die Ausbildung und die Planung für deren Einsatz. Eine solche Politik ist nicht akzeptabel und wir dürfen so etwas nicht ignorieren. Wir wollen diese Verbrechen verhindern und dafür sorgen, dass der Aufruf zur nuklearen Abrüstung von unseren Regierungen nicht ignoriert werden kann. Die Nürnberger-Prinzipien, abgeleitet von den Gerichtsverfahren gegen Nazikriegsverbrecher nach dem Zweiten Weltkrieg, geben uns eine legale Basis und verpflichten uns sogar dazu, die Vorbereitung von Kriegsverbrechen zu verhindern. Die Bombspotters versuchen somit ein Verbrechen zu verhindern.

Mit zivilen Inspektionen der Kriegsverbrechen treibt die Bombspotting-Kampagne seit 1997 nukleare Abrüstung auf die politische Agenda. Während die erste Bombspotting-Aktion von 20 Leuten durchgeführt wurde, ziehen die jetzigen Aktionen 1.000 TeilnehmerInnen an.

Die Inspektionen sollen dazu dienen, das Funktionieren der NATO-Nuklearwaffen praktisch zu verhindern. Zu diesem Zweck werden die Militärbasen in Belgien ins Visier genommen, die in den Bereichen Einsatz, Befehl, Steuerung und Kommunikation der NATO-Nuklearwaffen eine Rolle spielen. Ca. 250 Bombspotters fahren deshalb zum NATO-Hauptquartier in Brüssel. Sämtliche politische Entscheidungen bezüglich der Nuklearpolitik werden an dieser Stelle vorbereitet und gefällt. Weitere 250 Bombspotters fahren nach Mons zu SHAPE, dem militärischen Hauptquartier der NATO. Hier wird der Einsatz von Nuklearwaffen durch das NATO Nuclear Planning System (NNPS) und das NATO Nuclear Command and Control Reporting System (NNCCRS) geplant. In Friedenszeiten wird die gesamte Verteidigungsplanung bei SHAPE durchgeführt. Eine Reihe von Szenarien und Ziellisten werden hier ausgearbeitet und verfügbar gemacht. In Kriegszeiten jedoch stehen sämtliche NATO-Truppen, einschließlich der belgischen und holländischen Piloten, unter dem Befehl des NATO-Militärkommandanten SACEUR. Der Einsatz von Atomwaffen wird dann durch ihn befehligt. Ca. 500 Leute überprüfen zusätzlich die militärische Anlage in Kleine Brogel. Hier, in dem belgischen Gegenstück zu Büchel, werden 20 Nuklearwaffen gelagert und die Piloten für deren Einsatz vorbereitet. Eine weitere Gruppe von 20 Leuten dringt in das NATO-Satellitenkommunikationszentrum in Gooik (in der Nähe von Brüssel) ein. Von hier aus halten US-Soldaten die Kommunikation mit SHAPE und mit Kleine Brogel aufrecht. Während der Aktion hält Radio Bombspotting sowohl TeilnehmerInnen als auch die Leute zu Hause auf dem Laufenden.

Die Aktivisten kommen aus den sechs NATO-Länder, in denen sich die 480 US-Nuklearwaffen in Europa momentan befinden, das heißt aus Italien, Deutschland, Belgien, Großbritannien, Türkei und den Niederlanden. Unterstützt wurden sie durch Aktivisten aus Finnland, Schweden, Estland, Spanien, Portugal, Nigeria und Frankreich.

Es wird eine massive Polizeipräsenz, unterstützt durch die Armee, eingesetzt, um die illegale Regierungspolitik vor den zivilen Inspektoren zu schützen. Mehr als 500 Bombspotters werden verhaftet beim Versuch in einen der Standorte einzudringen. Trotzdem gelingt es mehr als 200 Leuten in den Luftwaffenstützpunkt in Kleine Brogel zu gelangen. In Gooik können die Bombspotters Bilder machen und diese nach draußen bringen. Alle Verhafteten und Festgehaltenen werden nach einigen Stunden wieder freigelassen. Es stellt sich nun die Frage, ob sie angeklagt werden. Davon ist wohl nicht auszugehen, denn ein Gerichtsverfahren aufgrund dieser Aktion würde vor Geschworenen stattfinden. Die Anklage fürchtet eine Niederlage vor einem Geschworenengericht und möchte deshalb lieber nicht reagieren.

Die Bombspotting-Aktionen in der Vergangenheit haben Nuklearwaffen auf Belgiens politische Tagesordnung gebracht. Mit Bombspotting XL wollen wir versuchen, dass Nuklearwaffen noch einmal ein Thema in der ganzen NATO werden. Zwei Wochen vor der NPT Review Conference, geben die Bombspotters ein klares Signal: NATO Nuklearwaffen müssen verschwinden. Dies ist der erste und notwendige Schritt, um die Abrüstungszusagen, zu denen das NPT verpflichtet, durchzzusetzen.

Aktionen wie die der Bomspotting-Aktivisten zeigen bereits erste Erfolge. Am 23. April verabschiedete das belgische Parlament einstimmig eine Resolution, die den Abzug der US-Atomwaffen verlangt. Mit dieser Resolution ist das belgische das erste Parlament eines NATO-Landes, das eine solche Forderung an seine Regierung stellt. Wir hoffen, andere werden folgen.

Mehr Info gibt`s auf http://www.Bomspotting.be

Übersetzung aus dem Englischen: Douglas Bambrick
 

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Hans Lammerant War Resisters` International (WRI)