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Alternativen schaffen als Widerstand
Buchbesprechung: Konstruktiver Widerstand
vonWiderstand wird oft nur als etwas Negatives gedacht – gegen etwas protestieren, sich gegen etwas wehren. Aber schon Gandhis Salzmarsch zeigte, dass Widerstand auch eine konstruktive Seite hat: Durch das eigene Handeln die Alternative schaffen, die man sich wünscht. Bei Gandhi war es das Gewinnen von Salz entgegen eines Verbots der englischen Kolonialmacht. Heute können es ganze Gemeinschaften sein. Oder eine alternative Zeitung oder ein landwirtschaftliches Projekt.
Die drei skandinavischen Autor*innen beschreiben in mehreren Kapiteln das Konzept und die Praxis konstruktiven Widerstands aus der Sicht der Bewegungsforschung, oder, richtiger: Resistance Studies, eine Ausgliederung aus der Bewegungsforschung, für die sie stehen. Dazwischen und danach folgen mehrere Beispiele:
- Die globale, im Vereinigten Königreich geborene „Transition“ Bewegung, die sich angesichts der Klimakatastrophe gebildet hat, will in erster Linie die Gesellschaft umbauen. Im Feld des Widerstands ist sie eher schwach.
- Zwischen 1978 und 1982 leisteten Menschen Widerstand gegen den Plan, in einem Tal in Norwegen ein Wasserkraftwerk zu bauen und das Tal zu fluten. Dabei setzten sie auch konstruktive Elemente ein. Sie bauten Lebensmittel an und unterrichteten traditionelle Methoden des Hausbaus.
- In Brasilien gibt es das Netzwerk der landlosen Landarbeiter*innen, die Land besetzen, Kooperativen gründen, Schulen und Kliniken schaffen und sich demokratisch selbst regieren.
- Vielleicht das bekannteste Beispiel in dem Buch sind die mexikanischen Zapatistas, die in Chiapas für ein autonomes, selbstverwaltetes Gebiet kämpfen. Die von ihnen geschaffenen Strukturen existieren parallel zu den staatlichen – der Kampf um ein allein von ihnen kontrolliertes Gebiet scheiterte nach kurzem bewaffneten Kampf.
Die Autor*innen argumentieren, dass die Schaffung von konstruktiven Alternativen ein wichtiges Element von Widerstand sein kann. Widerstand wie konstruktives Handeln haben Stärken und Schwächen, und deshalb können beide sich ergänzen und gegenseitig stärken. Aus diesem Grunde sollten sie, so ihre Empfehlung, miteinander kombiniert werden. Außerdem hat das Praktizieren von solchen Alternativen eine befreiende Wirkung: „Je mehr Menschen dominanter Herrschaft widerstehen und Alternativen für verschiedene Formen dominanter Machtausübung schaffen, umso wahrscheinlicher ist es, dass ihre Strategien es vermeiden, neue systemische Ungerechtigkeiten zu schaffen und stattdessen zu einer Befreiung von Gesellschaft und allen Menschen beitragen.“ (S. 203, Übersetzung C.S.)
Das Buch ist sehr interessant und informativ, sowohl auf konzeptioneller Ebene wie wegen seiner Beispiele, die hier nur angedeutet werden konnten. Leider hat das Bemühen, mit Rowman & Littlefield Publishers einen im englischen Sprachraum etablierten und angesehenen Verlag für das Werk zu finden, dazu geführt, dass der Preis wohl die meisten individuellen Leser*innen abschrecken wird. Aber wer Zugang zu Bibliotheken hat oder die Möglichkeit, ihnen Anschaffungen vorzuschlagen, sollte dies tun (und sich das Buch dann ausleihen).
Sørensen, Majken Jul, Stellan Vinthagen and Jørgen Johansen (2023): Constructive Resistance: Resisting Injustice by Creating Solutions, Rowman & Littlefield Publishers, 219 S, ISBN 978-1-5381-6539-3, 107,68€