Bund für Soziale Verteidigung legt "Integriertes Konzept für Abrüstung, Konversion und Soziale Verteidigung" vor

von Martin Singe

Bei der letzten Bundesversammlung des Bundes für Soziale Verteidigung (vgl. Friedensforum 2/90, S. 13) wurde am 25.3. ein integriertes Konzept nach einem Entwurf von Roland Vogt verabschiedet, das die Aspekte Abrüstung, Konversion und Soziale Verteidigung umfaßt.
"Wer dauerhaft wirksame Abrüstung erreichen und entmilitarisierte, zivile Gemeinschaften anstrebt, muß in Analyse und politischer Strategie einen integrierten Ansatz finden:

  • zwischen den Komponenten ziviler Umgestaltung wie Abrüstung, Konversion und Sozialer Verteidigung;
  • zwischen den unteschiedlichen gesellschaftlichen, staatlichen und supranationalen Handlungsebenen (Region, Nationalstaat, WEU, EG, NATO, WP, KSZE, Vereinte Nationen ...);
  • zwischen den verschiedenartigen Trägern ziviler Umgestaltung, deren zur Zeit noch weitgestreutes Handeln zu vernetzen und zu bündeln ist."

Das Konzept geht weiterhin davon aus, daß der Modellwechsel von einer militarisierten zu einer entmilitarisierten, zivilen Gesellschaft nur erfolgreich vollzogen werden kann, wenn er auf zwei Ebenen erfolgt, der des gesellschaftlichen Bewußtseins und der institutionellen Politik. Folgerichtig solle der BSV - so das Konzept - eine Doppelstrategie verfolgen, also die BoA-Kampagne als Basisbewegungskampagne mit einer institutionsbezogenen Kampagne verbinden.
Das integrierte Konzept beschreibt im weiteren nur diese Ebene der institutionellen Möglichkeiten einer Verankerung der zivilistischen Idee und fordert die Einrichtung eines Ministeriums für Abrüstung, Konversion und Soziale Verteidigung. In der Schlußabstimmung war dabei umstritten, ob ein solches Ministerium auch den Bereich Soziale Verteidigung umfassen solle. Bedenken gab es, weil befürchtet wird, daß ein solcher staatlicher Apparat den Begriff und die Praxisin eine falsche Richtung hin besetzen könnte und bisher noch kein hinreichendes Basisbewußtsein da sei, um schon auf dieser Ebene ansetzen zu können. Dagegen stand jedoch das Argument, daß im jetzigen historischen Zeitpunkt nur eine ganz konkrete Forderung mit parteiprogrammatischer Bezogenheit unsere Forderungen auf realpolitischer Ebene weiterbringen könne; falls es zu rot-grünen Koalitionsverhandlungen käme,müßten die Grünen in irgendeiner Weise die Soziale Verteidigung einbringen, wenn sie nicht auch auf die in der SPD favorisierten Defensivkonzepte umschwenken wollen. Die Forderung nach einem stufenweise beginnenden Aufbau der Sozialen Verteidigung als potentialler alternativer eigenständiger Option könnte eine solche Forderung mit Sprengkraft sein. Käme es in der Tat zu einem solchen Ministerium oder einem ähnlichen Amt, lägen die ersten Aufgaben sicher erst einmal bei z.B. aktivierenden Befragungen z.B. bei den Verwaltungseinrichtungen und anderen Vorfeldanalysen. Ein solches Amt/Ministeriummüßte zugleich streng kontrolliert und begleitet in Zusammenarbeit mit Friedensforschung und -bewegung arbeiten. An der Notwendigkeit der Basis- und Bewußtseinsarbeit über die BoA-Kampagne und andere Aktivitäten würde ein solches Amt natürlich nichts ändern.

Daß Soziale Verteidigung, der Modellwechsel zu einer zivilistischen Gesellschaft nicht von oben herbeigezaubert werden kann, dürfte allen klar sein.
Das Konzept kann im Wortlaut angefordert werden bei: Bund für Soziale Verteidigung, Friedensplatz1 a, 4950 Minden, 05 71 - 24 339.
 

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Martin Singe ist Redakteur des FriedensForums und aktiv im Sprecher*innenteam der Kampagne "Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt".