Das Hilfskorps dient der Verhinderung des Friedensdienstes

von Andreas Buro
Hintergrund
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Kurz vor Ende der Legislaturperiode hat der CDU- Vorsitzende und Bundeskanzler Kohl die Idee eines zivilen Hilfskorps in das Sommer­loch geworfen, das weltweit bei Katastrophen humanitär tätig werden soll. Dabei wird geschickt dieses Vorhaben mit dem Friedenskorps des US- amerikanischen Präsidenten Kennedy verbunden. Friedensarbeit, so das Signal, und nicht-militärische Hilfe, seien nun auch zum Anlie­gen der Regierung und der CDU geworden.

Nach dem Karlsruher Verfassungsge­richtsurteil, das der Bundeswehr fast unbegrenzte weltweite Einsatzmöglich­keiten gemeinsam mit Paktgenossen er­öffnet, war die Diskussion über die Stärkung zivilen friedenspolitischen Handelns unüberhörbar auch im christ­lichen Bereich geworden. In der evan­gelischen Kirche hat eine weitreichende Diskussion über die Einrichtung eines zivilen Friedensdienstes begonnen, der als ein wesentlicher Teil einer Alterna­tive zur militärischen Konfliktbearbei­tung verstanden wird. Unter dem Stich­wort "Weichenstellung zu ziviler Kon­fliktbearbeitung" arbeitet die Friedens­bewegung an Konzepten für vorbeu­gende, aktuelle und nachsorgende Kon­fliktbewältigung ohne militärische Mit­tel. Der Friedensdienst spielt darin als Ansatzpunkt für die Verwirklichung ei­ner solchen Politik eine zentrale Rolle. Dies liegt natürlich nicht im Interesse derjenigen Politiker, die die Bundes­wehr um- und aufrüsten wollen, um sie weltweit einsetzen zu können.

Der Hilfskorps- Vorschlag dient dem "Wahlfang". Gleichzeitig soll damit der Idee und den Konzepten für einen zivi­len Friedensdienst das Wasser abgegra­ben werden, indem der Anschein er­weckt wird, die Regierung und die CDU hätten diese Aufgabe nun schon in die eigenen Hände übernommen. Übrigens ist in dieser Hinsicht der Vorschlag der SPD genauso schlitzohrig. Im Leitantrag hierzu wurde von einem zivilen Frie­denskorps gesprochen, dem dann aber nur Aufgaben eines Umwelt- und Kata­strophenhilfswerkes zugeschrieben wurden. "Es soll die vorhandenen Res­sourcen privater Hilfsorganisationen und der Bundeswehr aufeinander ab­stimmen und bei Einsätzen koordinie­ren." Vielleicht sollte die SPD ihr Vor­haben besser ein Bundeswehrhilfskorps nennen.

Humanitär und ökologisch zu helfen, ist selbstverständlich sinnvoll. Dazu bedarf es allerdings kaum neuer Dienste. Sie sind ja reichlich und kompetent vorhan­den. Ihre bessere Ausrüstung, Finanzie­rung und Koordinierung würde schon enorm helfen. Auch die verstärkte Un­terstützung der einschlägigen UN-Orga­nisationen mit ausreichenden Mitteln wäre eine großartige "Übernahme inter­nationaler Verantwortung."

Die politisch weitreichende Aufgabe bleibt die Entwicklung der Fähigkeiten und Instrumente, um Konflikte nicht-militärisch, also mit zivilen Mitteln zu überwinden. In der EU schießt man heute in aller Regel nicht mehr kriege­risch aufeinander, um Interessen durch­zusetzen. Heute ist es an der Zeit, solche Möglichkeiten zumindest für Gesamteu­ropa zu entfalten und durchzusetzen. Das vorgeschlagene Hilfskorps dient dem nicht. Es soll vielmehr den Weg für die "Politik-weiter-so" mit ständiger qualitativer Aufrüstung und Drohung mit dem "Letzten Mittel" glätten - eine falsche Weichenstellung.

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