"Das Kurdische Volk - keine Zukunft ohne Menschenrechte"

Ende September 1991 fand in Bonn eine Internationale Konferenz unter dem Titel "Das Kurdische Volk - keine Zukunft ohne Menschenrechte" statt. An ihr nahmen als Teilnehmer oder Beobachter u.a. Vertreter eu­ropäischer Regierungen und Landesregierungen der BRD, Mitglieder des Europaparlaments und der Parlamentarischen Versammlung des Europarats teil, außerdem Mitglieder von Parteien und Bewegungen aus Kurdistan und kurdischen Exilorganisationen. Die Konferenz verab­schiedete eine Bonner Erklärung, die wir hier in Auszügen dokumentie­ren:  

"Die Internationale Konferenz hat sich eingehend mit der Situation des kurdi­schen Volkes befaßt. Sie fordert von den Regierungen der Türkei, Irans, Iraks und Syriens:

  •  Die Existenz des kurdischen Volkes, sein Recht auf Selbstbestimmung und sein Leben in Freiheit und Würde an­zuerkennen,
  •  den Krieg gegen das kurdische Volk unverzüglich zu beenden und dem Staatsterrorismus Einhalt zu gebieten,
  •  die Massendeportationen der Kurden aus ihrer angestammten Heimat so­wie die Zerstörung der Dörfer und der Natur zu beenden und die Rück­kehr der Bewohner zu ermöglichen und Entschädigung zu leisten,
  •  die kurdische Sprache als offizielle Sprache anzuerkennen und ihre An­wendung in allen gesellschaftlichen Bereichen, insbesondere als generelle Unterrichtssprache gemäß der Helsinki-Dokumente zu fördern,
  •  die politischen Gefangenen freizulas­sen, die Folter sowie die erniedri­gende Behandlung der Bevölkerung zu beenden und das Recht der Rück­kehr in die Heimat für exilierte und ausgebürgerte kur­dische Politiker, Künstler, Schrift­steller sowie Ange­höriger ande­rer Berufe ein­zuräumen,
  •  alle in Kurdistan stationierten Son­dereinheiten des Militärs und der Po­lizei abzuziehen und aufzulösen und alle die Kur­den diskriminie­renden Gesetze und Erlasse aufzuheben,
  • den Ausnahmenzustand in Türkisch-Kurdistan aufzuheben und den mit Notstands-Vollmachten ausgestatte­ten "Regional-Gouverneur" abzu­schaffen,
  •  alle kurdischen Parteien und Organi­sationen zuzulassen und zu legalisie­ren.
  •  Außerdem fordert die Internationale Konferenz die Anerkennung der Exi­stenz des kurdischen Volkes als ei­genständige Nation mit einer ständi­gen Vertretung bei allen Gremien der UNO,
  •  von der UNO, ihren Mitgliedern und zuständigen Organisationen sowie den internationalen humanitären Verbänden, jetzt Hilfsmaßnahmen zu ergreifen und diese direkt in den kur­dischen Regionen einzusetzen, um eine erneute menschliche Tragödie der Kurden zu verhindern.
  •  Die Konferenz appelliert an die UNO, die Organe der EG sowie die Mitgliedsstaaten der EG und des Eu­roparates..., jegliche politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den Staaten, in denen Kurden und andere Minderheiten verfolgt und unterdrückt werden, von der Einhal­tung der elementaren Menschen­rechte und des Selbstbestimmungs­rechts abhängig zu machen.(...)
  •  Alle Länder der Welt sind aufgefor­dert, jegliche Art von Militär-und Polizeihilfe für die Türkei, Iran, Irak und Syrien einzustellen. (...)

Der derzeitige Umbruch, der weltweite Demokratisierungs-und Friedensprozeß bietet auch für das Kurdische Volk die Möglichkeit, das Problem friedlich zu lösen.

Die Konferenz appelliert an alle kurdi­schen Parteien, Organisationen und ein­zelne Persönlichkeiten, ihre internen Konflikte friedlich beizulegen und sich für die gemeinsame Sache zusammen zuschließen. Das ist eine der Schlüssel zur Lösung der kurdischen Frage.

Bonn, 28. September 1991

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