Den Widerstand verstärken: Die U.S.-Friedensbewegung mobilisierte am zweiten Jahrestag der Invasion - Widerstand gegen Rekrutierungen

von Jaime Lederer

2003 trugen wir unsere Bemühungen, die Invasion des Iraks zu verhindern, lautstark auf die Straßen in den größten Städten, durchs Land und um die Welt. Und jetzt, mehr als zwei Jahre später, setzten wir uns immer noch dafür ein. In über 765 Städten in den Vereinigten Staaten und in zahllosen Städten weltweit versammelten sich Menschen an dem zweiten Jahrestag der Invasion, dem 20. März 2005, um ihren wachsenden Unmut zu demonstrieren.

Kürzlich haben Umfragen ergeben, dass 55% der U.S.-Bevölkerung jetzt glaubt, dass der Krieg ein Fehler war. Der Skeptizismus dem Krieg gegenüber wächst; vor zwei Jahren dachten nur 25% der U.S.-Öffentlichkeit, dass der Krieg ein Fehler war. (Verschiedene Erhebungen sind unter: http://www.pollingreport.com/iraq.htm abzurufen.)

Trotzdem haben einige Kritiker behauptet, dass in den großen Städten wie New York, Boston und Washington DC. die Märzdemonstrationen von 2005 nicht beeindruckend waren. Dies spiegelt eine strategische Entscheidung der größten Antikriegskoalition der U.S.A., "United for Peace and Justice", wieder, einige regionale Aktionen zu organisieren und damit die Bedeutung zu betonen, den Protest breit verteilt durch lokale Demonstrationen zu vertreten. Verglichen mit letztem Jahr haben die Organisatoren Antikriegsdemonstrationen in mehr als doppelt so vielen Städten gefördert. Nach "United for Peace and Justice" berichteten alle 50 Staaten von mindestens zwei unterschiedlichen Orten, an denen sich Menschen versammelten. Einige Versammlungen zogen Hunderte, sogar Tausende an, andere nur eine Handvoll. Wo sind also die Amerikaner, die nicht massenhaft in Washington DC. demonstrieren? Die wachsende Haltung gegen den Krieg befindet sich in Gegenden, die traditionell als konservativer betrachtet werden. Sie sind in Orten wie:

  • Emporia, Kansas: Eine Gruppe von 6 Personen versammelte sich für eine Nachtwache bei Kerzenlicht, die Wichtigkeit bemerkend, in ihrer Gemeinde ein Zeichen gegen den Krieg zu setzen.
  • Blacksburg, Virginia: Die Glade-Kirche beherbergte eine Nachtwache mit circa 20 Teilnehmern. Es war die erste speziell gegen den Krieg seit Jahren.
  • Terre Haute, Indiana: Die Organisatoren dachten, dass nur eine Handvoll des Kerns ihrer Gruppe teilnehmen würde. Sie waren begeistert, als sich 40 Demonstranten einfanden.
  • Sandpoint, Idaho: Eine Gruppe von fast 200 Menschen marschierte durch die Stadt und nahm an einer Diskussionsveranstaltung über Krieg und Frieden teil.
  • Lancaster, Pennsylvania: über 500 Menschen nahmen an einer Nachtwache teil, einem Marsch und einem Treffen im Rathaus. Sie veranstalten die wahrscheinlich größte Antikriegsaktion, die je in ihrer Stadt stattfand.

  Eine der größten Demonstrationen fand in Fayetteville, NC, außerhalb vom Fort Bragg, statt; ungefähr 20000 bis 25000 Soldaten wurden vom Fort Bragg aus in den Irak gesandt. Die Veranstaltung, von "Military Families Speak Out", "Veterans for Peace", "Iraq Veterans Against the War" und den "Gold Star Families for Peace" (http://www.gsfp.org) organisiert, gab Menschen in einer hyper-militarisierten Ecke des Landes die Möglichkeit, ihre Stimme gegen den Krieg zu erheben. Ungefähr 4000 Menschen kamen zusammen, um das wachsende Gefühl unter Familien des Militärs und Kriegsveteranen, dass der Krieg falsch ist, zu unterstützen.

Lou Plummer, ein Mitglied von "Military Families Speak Out" und in dem nationalen Koordinationskomitee der "Bring them Home Now!"-Kampagne (http://www.bringthemhomenow.org), schreibt: "Was in Fayetteville am zweiten Jahrestag der Invasion passiert ist, sollte die Vorstellung ein für alle mal ändern, dass die militärische Gemeinschaft und die Friedensbewegung immer anderer Meinung sein müssen. Monate der Planung und Kooperation zwischen Graswurzelaktivisten, Kriegsveteranen und Militärfamilien des ganzen Landes, resultierten in einem fast fehlerlosen Beispiel für die Macht, die Menschen haben, wenn sie sich vereinigen." Dies war der größte Protest gegen den Krieg, der je in Fayetteville stattfand.

Die Botschaft hinter vielen dieser Treffen im ganzen Land ist, dass der Krieg etwas von den Geldmitteln für innenpolitische Angelegenheiten abzieht. Die Regierung unter Bush hat beschlossen, den Krieg zu finanzieren und die Steuersätze der Reichsten zu senken. Gleichzeitig senkte sie die Haushalte für Bildung, Wohnungsbau, Umwelt, Entschädigung der Kriegsveteranen und so weiter. Die Organisatoren in New York machten "Gelder für die Städte, nicht für den Krieg" zu einer ihrer Kernforderungen. Sie erklärten, dass Bloombergs Schweigen über große Einschnitte im Budget der Städte ihn zum Mitschuldigen macht.

Zum ersten Mal seit Jahrzehnten ging eine große Antikriegsdemonstration von Harlem los, einem Viertel, das ein Symbol ist, für die unproportionale Belastung, die der Krieg für die schwarze Bevölkerung hat. Der Zug, von "Artists and Activists United for Peace" organisiert, erstreckte sich über 15 Blöcke mit über 15000 Teilnehmern. Die deutliche Haltung gegen den Krieg in Harlem ist teilweise auf die intensiven Rekrutierungstaktiken des Militärs in dieser Gegend zurückzuführen.

In den letzten Monaten konnte das Militär heftige Reaktionen gegen Rekrutierungen beobachten. Wie Harlem fühlen andere Gemeinden im Land die Belastung der starken Rekrutierung des Militärs. Kampagnen gegen die Rekrutierung sind jetzt stärker als je zuvor. Sie werden zunehmend auf Highschool und College Campus bemerkt.

Das "Campus Anti-War Network" (CAN) ist ein wachsendes, unabhängiges, demokratisches Graswurzel-Netzwerk von Antikriegskomitees, die im universitären Bereich angesiedelt sind. Viele Gruppen von CAN vertreten ihre Haltung gegen den Krieg, indem sie gegen die militärische Präsenz auf ihrem Campus protestieren. Am 9. März wurden Studenten des City College of New York (CCNY) festgenommen, weil sie friedlich gegen die Präsenz von militärischen Anwerbern bei einer Jobmesse protestierten. Ein Mitglied des Lehrkörpers des CCNY wurde Tage später aus seinem Büro herauseskortiert und wegen Teilnahme am Protest festgenommen. Am gleichen Tag, am anderen Ende des Landes, organisierten "Students Against War" an der San Francisco State University (SFSU) eine Demonstration gegen militärische Rekrutierung, an der über 200 Studenten teilnahmen. Die Anwerber für Armee und Luftwaffe gaben gezwungenermaßen auf und gingen ohne neue Rekruten. Als am nächsten Tag Aktivisten versuchten, Handzettel gegen Rekrutierung am Tisch der Rekrutierer auszuteilen, wurden die Aktivisten gezwungen, das Cesar Chavez Studentenzentrum zu verlassen. Es wurde ihnen gesagt, dass sie das Risiko eingingen verhaftet zu werden, wenn sie nicht verschwänden.

An der Universität von Wisconsin-Madison marschierten über 200 Studenten am militärischen Rekrutierungszentrum vorbei zum Büro des Rektors, um sitzend zu fordern, dass das Militär vom Campus entfernt werde.

An der New York Universität ging ein Programm nach hinten los, was von Studenten entworfen wurde, um ihre Kommilitonen für die CIA anzuwerben. Der Protest gegen diese originellen Taktiken war so groß, dass die CIA ihren Besuch absagte. Alle registrierten Teilnehmer wurden per email benachrichtigt, dass die Veranstaltung "ausfiele aufgrund von möglichen Protesten des CAN". Ein ähnliches Programm wurde an der Universität zu Texas-Pan America organisiert. Es musste sich ähnlichen Protesten des Studentenkörpers entgegenstellen.

Die wachsende Teilnahme an der Bewegung gegen die Rekrutierung ist ein großer Schritt für den Protest gegen den Krieg durch direkte Aktion. Hadas Teir, ein Student des CCNY, und Katrina Yeaw, eine Studentin an der SFSU, schrieben in dem Magazin "CounterPunch": "Hier in den U.S.A. können Studenten über das ganze Land verteilt den Kampf für Frieden und Demokratie aufnehmen und die militärischen Anwerber von ihrem Campus runterschmeißen. Das Militär aus der Universität herauszubekommen und sie mit echten Bildungsmöglichkeiten zu ersetzen ist der Kampf unserer Generation. Niemand wird das für uns tun. Wir sind es uns selbst, den Irakern und den amerikanischen Soldaten, die wegen einer Lüge sterben, schuldig."

Neueste Berichte zeigen, dass das Militär auf nationalem Niveau nicht fähig war die Rekrutierungsquoten für März und April einzuhalten. Ein Bericht vom 6. April der Associated Press besagt, dass das Militär fast ein Drittel hinter ihrem Rekrutierungsziel vom März lag. Obwohl das Militär auch im April hinter ihrem Ziel lag, glaubt der Sekretär der Armee, Francis J. Harvey, dass es das Jahresziel von 80000 neuen Rekruten dennoch erreichen wird. Nach Reuters liegt die Reserve der Armee 10% hinter ihrem Rekrutierungsziel von diesem Jahr und die Nationalgarde liegt mindestens 25% hinter ihrem Ziel. Die militärische Zeitung "Stars and Stripes" berichtet, dass die Rekrutierung der Afroamerikaner seit dem Jahr 2000 auf 41% gesunken ist.

Die "Iraq Pledge of Resistance" möchte Graswurzelgemeinschaften dazu anregen, sich an Aktionen des gewaltlosen zivilen Ungehorsam zu beteiligen. Eine wachsende Anzahl an regionalen Demonstrationen fokussieren auf militärische Rekrutierungszentren. Am 17. März versammelten sich in Washington, DC über 50 Menschen, die eine unterzeichnete Erklärung vorlasen, um Soldaten zu unterstützen, die sich weigern im Irakkrieg zu kämpfen. Sie blockierten das Rekrutierungszentrum der Hauptstadt erfolgreich für eine Stunde. Der Koordinator der "Iraq Pledge of Resistance", Gordon Clark, meint: "Dies ist der Beginn einer größeren Kampagne des zivilen Ungehorsams, um den Widerstand innerhalb des Militärs zu ermutigen und unterstützen; und um Rekrutierungszentren so lange zu blockieren, wie junge Menschen dazu verleitet werden, in einem illegalen und unmoralischen Krieg zu töten und zu sterben." An dem Wochenende des Jahrestages wurden ähnliche Demonstrationen über das Land verteilt abgehalten, unter anderem in:

Tucson, Arizona: Trotz des seltenen Regens gingen 300 Menschen die geschäftigste Straße der Stadt entlang bis zum Rekrutierungszentrum der Armee, wo wöchentliche Proteste abgehalten werden. Drei Tage später protestierten 1000 Menschen, als Bush ihre Stadt besuchte.

Las Vegas, Nevada: Das Rekrutierungszentrum sollte bis 14 Uhr geöffnet sein. Stattdessen fanden Demonstranten, als sie mittags am Zentrum ankamen, das Gebäude verschlossen vor.

Cleveland, Ohio: Eine kleine Gruppe von Menschen wuchs zu über 60 an, die vor dem Lakewood Rekrutierungszentrum demonstrierte. Es war geplant, das Zentrum friedlich besetzen, aber als die Rekrutierer die Menge sahen, schlossen sie das Zentrum und gingen.

Rochester, New York: Nach einem langen Weg durch die Stadt wanderten ca. 300 Menschen zum militärischen Rekrutierungszentrum und lasen die Namen von U.S.-Soldaten und Irakern vor, die während des Krieges und der Besetzungszeit getötet wurden.

Eugene, Oregon: 70 Menschen besetzten das Rekrutierungszentrum und machten es einen ganzen Tag lang zu.

Wir müssen damit fortfahren uns zahlenmäßig zu vergrößern, die ungenützte Haltung der Öffentlichkeit gegen die Besetzung mit kreativen Herangehensweisen zu mobilisieren und stärkere Verbindung zu unseren globalen Mitstreitern aufnehmen. In der "Peacework" -Ausgabe vom Februar 2005 behauptete Rick Jahnkow: "Indem es sich gegen die militärische Rekrutierung stellt, kann das Volk tatsächlich gewaltfrei im Wege stehen, bei dem was getan wird. Wenn mehr von uns die Kriegmaschine in unseren Gemeinden stoppen, könnte das ein Wendepunkt für die Antikriegsbewegung sein." Angesichts des andauernden Blutbads im Irak, der Vergrößerung der Bewegung, dem Wandel der öffentlichen Meinung, der Involvierung von Kriegsveteranen und Militärfamilien, der wachsenden Einbeziehung aller Rassen, den Studentenbewegungen, dem wachsenden Interesse an gewaltfreier direkter Aktion und den aus dem Boden sprießenden Aktionen gegen die Rekrutierung liegt es nahe, dass wir an Jahnkows Wendepunkt angekommen sein könnten.

Übersetzung: Mareike Winter
 

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Jaime Lederer ist einer der Organisatoren und ist zur Zeit vorläufiger Chefredakteur von "Peacework".