Auch Kirchheim unter Teck will Deserteure aufnehmen - Freiburger Beispiel macht Schule

Deserteure

von Wolfgang Menzel
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Nachdem der Freiburger Gemeinderat bereits im vergangenen November in einer Resolution die Aufnahme von Deserteuren und Kriegsdienstverweigerern aus Kriegsgebieten und ihre Unterstützung durch die Stadt befürwortete, hat nun auch die württembergische Stadt Kirchheim unter Teck einen ähnlichen Beschluss gefasst. Wie die Regionalgruppe Freiburg der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK) jetzt erfuhr, stimmte der Gemeinderat der 45.000-Einwohner-Stadt südöstlich von Stuttgart am Mittwochabend (28. Juni) mit großer Mehrheit (22 Ja, 8 Nein, 2 Enthaltungen) einem interfraktionellen Antrag zu, der sich an den Freiburger Gemeinderatsbeschluss anlehnt.

Die Friedens- und Menschenrechtsgruppen (DFG-VK, Pax Christi, AK-AsyI, DGB Ortskartell und die evangelisch-methodistische Kirchengemeinde), die den Kirchheimer Antrag vorangetrieben haben, sehen in dem Beschluss vor allem deshalb einen Erfolg, da die Stadtverwaltung die Befassung des Antrags bereits im Vorfeld mit einem eigenen Argumentationspapier verhindern wollte.

Zweierlei sei an der Kirchheimer Resolution bemerkenswert, stellte der Landesvorsitzende der DFG-VK, Klaus Pfisterer, in einer ersten Würdigung fest. Erstens: Nicht nur Grüne Alternative und SPD stimmten geschlossen für den Antrag, sondern auch die komplette CDU-Fraktion. Gegenstimmen gab es nur von der Fraktion der Freien Wähler - und vom Oberbürgermeister. Und zweitens beschränkt sich die Aufnahmebereitschaft der Stadt Kirchheim auf Kriegsdienstverweigerer und Deserteure aus Europa, wobei nicht definiert wurde, wo Europa genau endet. Gehört das Nato-Land Türkei dazu, das gerne in die Europäische Union aufgenommen werden möchte und in dem Kriegsdienstverweigerer immer noch verfolgt werden, - oder Russland, wo zahlreiche Verweigerer des Tschetschenien-Krieges der Strafverfolgung und sonstigen Pressionen ausgesetzt sind, fragt die DFG-VK.

Auch wenn sich die Aufnahmebereitschaft der Stadt Kirchheim auf,europäische` Deserteure beschränkt, trägt der Beschluss doch dazu bei, den Druck auf die Bundesregierung zu verstärken, Kriegsdienstverweigerung und Desertion endlich als Asylgrund anzuerkennen. Neuesten Berichten von Amnesty International (Juni 2000) zufolge, halten sich allein im ungarischen Flüchtlingslager Debrecen noch 30 jugoslawische Kriegsdienstverweigerer auf, denen die Anerkennung als Kriegsflüchtlinge versagt wird. Zum untätigen Warten verdammt, ohne Rechtsstatus und ohne Perspektive fürchten sie weiterhin die Abschiebung in ihr Heimatland, wo ihnen hohe Haftstrafen drohen und sie dem Hass der Nationalisten ausgesetzt wären.
 

Kontakt: Deutsche Friedensgesellschaft-Vereinigte Knegsdienstgegner eV.(DFG-VK), Regionalgruppe Freiburg i.Br. Habsburger Str. 9, 79104 Freiburg i.Br. Tel.: 0761-56125 (Anrufbeantworter) oder Dr. Wolfgang Menzel, Wiesenstr. 126, 79312 Emmendingen, Tel./ Fax: 07641/53759.

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