Heute ist nicht alle Tage...

Die Besiedelung des Bombodroms als Probe für den "Tag B"

von Ulrike Laubenthal
Initiativen
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( c ) Netzwerk Friedenskooperative

Die ersten Bilder von den Protesten gegen den G8-Gipfel kamen aus der Kyritz-Ruppiner Heide: Hunderte von Menschen aus Russland, Polen, Italien, Belgien, den Niederlanden, Frankreich, den USA und natürlich Deutschland machten auf ihrem Weg nach Rostock am Bombodrom Station, um auf den Zusammenhang zwischen G8 und Krieg hinzuweisen.

Gelungene Besiedelung
Während die Bundeswehr die "Grenzüberschreitung" an anderer Stelle erwartete, konnten die AktionsteilnehmerInnen völlig ungestört das Bombodrom-Gelände betreten. Ein leerstehender Kommandoturm wurde besetzt und in kürzester Zeit rosa angemalt. Aus allen Richtungen strömten Menschen dazu, 600 kamen zusammen; zugleich wurde von anderer Stelle eine Besiedelung durch ca. 100 Personen gemeldet. Die Lebenslaute gaben ihr Konzert, es gab Workshops und Tanz. Ca. 250 Personen übernachteten auf dem Platz.

Symphonie in rosa
Schon bei den Auftaktkundgebungen in Schweinrich und Lutterow war nicht zu übersehen, dass rosa die dominierende Farbe des Tages war. Rosa Luftballons, rosa Plüsch-Armbänder zur festlichen Konzertkleidung der Lebenslaute, rosa pyramidenförmige Hüte ergaben nicht nur ein fröhliches Bild, sondern transportierten auch eine Botschaft. "Wenn wir Kriege wirklich verhindern wollen, dann müssen wir die Logiken, die Strukturen, die Kriegen ja erst den Boden bereiten, mit einbeziehen", hieß es dazu in einem Redebeitrag antipatriarchaler Gruppen. Zur Logik des Krieges gehöre auch die Gleichsetzung von Männlichkeit mit militärischer Macht und Stärke und die Abwertung alles weiblichen - wie z.B. der Farbe rosa. So durfte auch ein Transparent mit dem rosaroten Panther nicht fehlen, als hunderte die angemeldete Demonstrationsroute verließen und sich zu einem ehemaligen Kommandoturm auf dem Bombodrom-Gelände begaben. "Wir kommen wieder, keine Frage!"

Der Bombodrom-Protest im Vorfeld des G8 war von Anfang an nicht als Eintagsfliege geplant. Wenn wir bei einer Inbetriebnahme des Bombodroms bundesweiten und internationalen Widerstand wollen, dann - so war die Überlegung - müssen wir das Bombodrom schon vorab bekannt machen und Menschen einladen, sich in den Widerstand einzuklinken. Das ist mit dieser Aktion gelungen. Neben zahlreichen neuen Unterschriften für die Kampagne "Bomben nein - wir gehen rein" wurden wertvolle Kontakte geknüpft. Nun wird es darauf ankommen, die entstandenen Beziehungen weiter zu pflegen, so dass wirklich viele da sind, wenn der "Tag B" kommt, an dem die Bundeswehr mit dem Bombenwerfen beginnen will.

Bundeswehr geht in die Offensive
So sehr die Bundeswehr bei der Besiedelungsaktion in der Defensive war, geht sie politisch gerade in die Offensive. Der Inspekteur der Luftwaffe, Klaus-Peter Stieglitz, pocht öffentlich auf den Anspruch der Bundeswehr, das ehemalige Bombodrom militärisch zu nutzen. "Nirgendwo sonst in Deutschland oder im nahen Ausland ließen sich internationale Kriseneinsätze der Luftwaffe - auch im Kampf gegen den internationalen Terrorismus - so gut trainieren", zitieren ihn die örtlichen Zeitungen. Schon Anfang Juni war bekannt geworden, dass sich die Ministerpräsidenten von Bayern und Niedersachsen, Edmund Stoiber (CDU) und Christian Wulff (CDU), mit der Bitte um baldige Aufnahme des Flugbetriebs an die Bundesregierung gewandt haben.

Am 31. Juli um 10 Uhr verhandelt das Verwaltungsgericht Potsdam in einem Musterverfahren über die Frage, ob die geplanten Übungen der Bundeswehr die Rechte der Anwohner und Anliegergemeinden verletzen würden. Wegen der erwarteten großen öffentlichen Beteiligung findet die Verhandlung im Saal des Verfassungsgerichts in der Jägerallee 9-12 statt.

Auch wenn es hier vordergründig um eine juristische Entscheidung geht: Die Frage, wie die Bundesregierung bei diesem Termin auftritt und wie sie anschließend mit dem Ergebnis umgeht, dürfte stark davon beeinflusst sein, wie das Bundesverteidigungsministerium die Stimmung in der Bevölkerung einschätzt. Deshalb sollten wir gerade jetzt nicht in "Wartestellung" gehen, sondern ganz klar machen: Bombenübungen in Wittstock werden wir nicht hinnehmen. Juristisch lassen sich immer noch Hintertürchen finden - das Bombodrom muss politisch verhindert werden.

Zum 31. Juli: Pyramiden raus!
Eine Idee für den 31. Juli: Friedensgruppen allerorten stellen an diesem Tag Nachmittags oder am Samstag vorher Pyramiden auf öffentlichen Plätzen, in Fußgängerzonen etc. auf, informieren über den geplanten Bombenabwurfplatz der Bundeswehr in der Kyritz-Ruppiner Heide und sammeln Unterschriften für die Kampagne "Bomben nein - wir gehen rein". Unterschriftenlisten können in der Sichelschmiede bestellt werden. Eine Bauanleitung für Zielpyramiden gibt es unter www.sichelschmiede.org.

Sommeraktionstage
Für eine Freie Heide
Ferien machen - Widerstand üben - Pläne schmieden
Vom 5.-13. August finden am Dranser See in Schweinrich die 15. Sommeraktionstage statt. Hier lassen sich Ferien am schönen Dranser See verbinden mit Widerstand gegen Kriegsvorbereitungen, z.B. bei Aktionstrainings und bei Aktionen anlässlich der Gedenktage für die Opfer von Hiroshima und Nagasaki. Die Kampagne "Bomben nein - wir gehen rein" wird vorgestellt und in Workshops weiterentwickelt. Ein Höhepunkt wird sicher der Workshop der Clownsarmee.

Infos und Anmeldung bei der Sichelschmiede, Dorfstr. 8, 16909 Rossow, Tel. 033964-60868, info [at] sichelschmiede [dot] org.

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Ulrike Laubenthal betreibt in Zempow am Rande des ehemaligen Bombodroms die "Sichelschmiede - Werkstatt für Friedensarbeit in der Kyritz-Ruppiner Heide" (www.sichelschmiede.org). Sie ist seit den 1980er Jahren in der Friedensbewegung aktiv.