Die deutsch-sowjetische Friedenswoche vom 24. - 31. Mai

von Kristina Steenbock

Unter dem Motto "Das Denken modernisieren - Frieden gemeinsam schaffen" wird die erste bundesdeutsch-sowjetische Friedenswoche, die der Koordinierungsausschuß und das Sowjetische Friedenskomitees (SFK) gemeinsam veranstalten, vom 24.5. - 31.5.1989 stattfinden. 50 Jahre nach dem deutschen Überfall auf Polen, nach dem Beginn des II.Weltkrieges, der über 20 Millionen Sowjet¬menschen das Leben gekostet hat, wollen Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik und der Sowjetunion Versöhnungsarbeit leisten.

Gegenseitiges Vertrauen entwickeln, das Blockdenken überwinden und "in der Erinnerung an die Vergangenheit die heute wichtigsten Aufgaben erkennen", wie es in dem gemeinsamen Aufruf von KA und SFK heißt, sind die zentralen Anliegen der Friedenswoche. Gerade im Vorfeld des Gorbatschow-Besuchs wird dabei natürlich die Forderung, den Friedensprozeß zu beschleunigen, aktuelle Bedeutung für die "Volksdiplomaten" aus der Bundesrepublik und der Sowjetunion bekommen.

Wie wird die Woche aussehen?
Beim derzeitigen Stand der Vorbereitung zeichnet sich etwa folgendes Bild ab: Am 24.5. wird eine Gruppe von 100  sowjetischen Gästen. in Frankfurt ankommen und vom Koordinierungsaussschuß, den bundesdeutschen Gastgebern und - wie wir hoffen - vom designierten Frankfurter Oberbürgermeister empfangen werden.
Die sowjetischen Gäste werden aus allen Teilen der Sowjetunion und aus ganz unterschiedlichen Berufsgruppen kommen. Dabei sind auch Menschen aus den vielen "informellen Gruppen", die sich in der Sowjetunion z.B. zur Ökologie gebildet haben. Das SFK hat auch die regionalen und lokalen Friedenskomitees gebeten, Delegationsteilnehmer zu benennen, so daß wir wahrscheinlich eine bunt gemischte Gruppe mit ganz unterschiedlichen Erfahrungen, Hintergründen und Ideen erwarten können. Nach Empfang und gemeinsamer Begrüßung werden die Gäste in kleineren Gruppen von 2-10 Leuten mit den Gastgebern aus den Friedensinitiativen in die verschiedenen Orte der Bundesrepublik fahren, wo sie bis zum 31.5., zumeist privat in Familien, wohnen werden. Die einladenden Initiativen haben ein Programm vorbereitet, was sowohl politische Treffen und Veranstaltungen beinhaltet (z.B. Treffen mit Bürgermeister und/oder Ratsfraktionen, öffentliche Veranstaltungen etc.),als auch den sowjetischen Gästen ermöglicht, die Stadt, Museen, Betriebe und v.a.: unser "ganz normales Leben'' kennenzulernen. Einkaufsbummel (der Lebensstandard in der UdSSR ist wesentlich schlechter als in der Bundesrepublik!) und Ausflüge zu benachbarten Friedensinitiativen und Städten inklusive.
Für die meisten der Gäste wird es der erste Besuch im westlichen Ausland sein. Zwar werden viele von ihnen sich in Deutsch oder Englisch verständigen können. Aber natürlich wäre es gut und freundlich gegenüber den Gästen, wenn es Leute gäbe, die sich mit ihnen auch auf Russisch verständigen können. Russischlehrer/innen und andere Experten sollte mensch deshalb um Unterstützung für die Friedenswoche bitten (einige Dolmetscher für Veranstaltungen und ähnliches kommen auch mit). Über das Sprachproblem hinaus sollten wir uns darauf einstellen, viel zu erläutern. Vieles wird unbekannt sein, wenig selbstverständlich. Es wird Aufgabe der Gastgeber sein, zu erklären und Dinge begreifbar zu machen.
KA und SFK haben sich darauf geeinigt, daß für die sowjetische Friedenswoche in der Bundesrepublik als auch für die noch festzulegende bundesdeutsche Friedenswoche in der Sowjetunion die jeweiligen Gastgeber alle Kosten übernehmen (Unterbringung, Verpflegung, Transport) und jeder Gast von den Gastgebern ein Taschengeld von DM 200.- für die Woche erhält. Dafür bei Kirchengemeinden, Parteien etc. um Spenden zu bitten, ist für die Vorbereitung der Woche natürlich wichtig.
Zum Abschluß der Friedenswoche werden die Gäste von den Gastgebern am 31.5. wieder nach Frankfurt gefahren, wo sich alle noch einmal treffen.
Wir planen ein abschließendes Friedensfest, bevor wir unsere Gäste abends zusammen zum Zug bringen. Ergebnis dieser Woche werden u.a. sicherlich eine Reihe von neuen Kontakten sein. Neu ist, daß es von sowjetischer Seite jetzt auch möglich ist, direkt, z.B. von Schule zu Schule, von Friedensgruppe zu Friedensgruppe, kontinuierliche Verbindungen zu knüpfen. Gewissermaßen als „volksdiplomatisches Friedensnetz''. Mit einigen Fäden dieses Netzes werden wir in, der bundesdeutsch-sowjetischen Friedenswoche beginnen.

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