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Rüstungsmesse Eurosatory:
Die europäische Rüstungsindustrie rückt zusammen
von"Beginn 18 Uhr, 19.45 Uhr Tagesmanöver und Schießen aller Einheiten aller Teilstreitkräfte, 21.15 Uhr Diner, 23.15 Uhr Nachtmanöver mit Schießen, Ende um Mitternacht" - so wurde die Eurosatory in der Zeitschrift "Wehrtechnik" angekündigt. In den Genuss solcher Vergnügungen auf der Rüstungsmesse, die vom 22. bis 27.6.1992 in der Nähe von Paris stattfand, kamen allerdings nur "Fachleute", im Klartext Militärs und Waffenhändler aus aller Welt - die zivile Öffentlichkeit hatte keinen Zutritt. Immerhin wurden von den Veranstaltern 40.000 Besucher aus aller Herren Ländern erwartet, darunter viele aus der "Dritten Welt", die das Neuste auf dem Markt für Heeresgerät begutachten und bestellen konnten.
Wesentliches Merkmal der Eurosatory ist ihr ausdrücklicher europäischer Bezug: 400 Aussteller aus acht westeuropäischen NATO-Ländern waren mit Rüstungsgütern vertreten. Veranstalter und Finaciers sind französische Rüstungshersteller, unterstützt von der franzöischen Regierung. Aus der Bundesrepublik nahmen 31 Firmen an der Ausstellung teil.
Die Eurosatory steht unter dem Zeichen verschärfter Konkurrenz unter den europäischen Rüstungsherstellern, die angesichts schrumpfender Verteidigungshaushalte und der Europäisierung der Wehrbeschaffung zur intensiveren Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Herstellung neuer Waffensysteme gezwungen sind. Es ist viel die Rede von gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungspools, Kostensenkung durch Kooperation, erweiterte Märkte und bessere Konkurrenzfähigkeit auf dem europäischen und weltweiten Rüstungsmark. So arbeitet z.B. die Ausstellerfirma REnk, führender Produzent deutscher Panzergetriebe, mit französischen Panzerherstellern zusammen mit dem Ziel, flexible Komponenten und Module für den universellen Einsatz in einer breiten Palette verschiedener gepanzerter Fahrzeuge herzustellen.
Das Europäische Netzwerk gegen Rüstungshandel, in dem Basisgruppen aus zehn westeuropäischen Ländern regelmäßig zusammenarbeiten, vereinbarte einen koordinierten Protest gegen die Eurosatory in den jeweiligen Ländern. In Großbritannien, Frankreich und der Bundesrepublik wurden Unterschriften gesammelt und Protestschreiben an Parlamente und Regierungen geschickt mit dem Ziel, die Für die Teilnahme an der Rüstungsmesse notwendigen Genehmigungen nicht zu erteilen. Die britische Anti-Rüstungsexport-Kampagne CAAT übergab die Unterschriften dem britischem Minister für Rüstungsfragen Aitken und prangerte bei der Gelegenheit die hohen Rüstungsexporte Großbritanniens nach Indonesien, Saudi-Arabien und China an. In Frankreich fand am Eröffnungstag der Eurosatory eine Demonstration und Blockade des Haupteingangs zur Messe statt sowie weitere Aktionen im nahegelegenen Paris. In der BRD koordinierte die BUKO-Kampagne "Stoppt den Rüstungsexport" die Aktivitäten gegen die Eurosatory. Die Unterschriftenliste, die von verschiedenen Gruppen wie z.B. den Quäkern und dem Netzwerk Friedenskooperative unterstützt wurde, unterschrieben ca. 3.500 Menschen. Für diese Unterstützung vieler Einzelner und Gruppen bedanken wir uns an dieser Stelle herzlich! Die Unterschriften wurden dem niedersächsischen Minister Für Bundesrats- und Europaangelegenheiten, Jürgen Trittin übergeben mit der Aufforderung, uns über die Ergebnisse der Eurosatory wie z.B. Vertragsabschlüsse zu informieren als auch Vorstellungen zu entwickeln, wie in Zukunft auf europäischer Ebene die Rüstungszusammenarbeit zu einem öffentlichen Thema gemacht werden kann.
In zwei Bundestagsanfragen wurde die Bundesregierung im Mai 1992 zur Auskunft über die bundesdeutsche Beteiligung an der Eurosatory aufgefordert. In der Bundesrepublik ist der Transport von Kriegswaffen und auch deren vorübergehende Ausfuhr genehmigungspflichtig. Konkrete Informationen über ausstellende Firmen wurden in schon bekannter Manier verweigert. Statt dessen gab es nur ausweichende Auskünfte über "wenige Unternehmen", "bestimmte Geräte", mit der abschließenden Bemerkung: "weitere Einzelheiten kann die Bundesregierung wegen der gebotenen Wahrung der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse nicht mitteilen" (Bundestagsdrucksache 12/2579 vom 7.5.92). So sind uns bis heute namentlich nur drei Firmen bekannt, die aus ihrer Teilnahme an der Messe selbst kein Hehl gemacht haben, nämlich Mercedes, Renk und Litef.
Obwohl betont wurde, es handele sich um eine Industrieausstellung. mit der die Regierung gar nichts zu tun habe, gab Staatssekretär Bernd Wilz am 29.6.92 die Auskunft: "Soldaten unterstützen die Aussteller als technisch sachkundiges Begleitpersonal" (Antwort auf die BT-Drucksache 12/2687).
Die Eurosatory soll nach den Vorstellungen der Veranstalter in den kommenden Jahren weltweit zur ersten Adresse bei der Beschaffung von Heeresgerät werden. Unserer Meinung nach ist es ein politischer Skandal, daß allen offiziellen Beteuerungen zu Abrüstung und Verringerung von Rüstungsausgaben zum Trotz eine solche Rüstungsmesse von der Bundesregierung politisch unterstütz und gefördert wird.