Die extreme Rechte in den Parlamenten

von Redaktion FriedensForum

Mit DVU und NPD sowie einer Reihe von rechtsextremen freien Wählergemeinschaften ist die extreme Rechte derzeit in mehr als der Hälfte aller Bundesländer in Kommunalparlamenten und in drei Länderparlamenten vertreten.

“Der Kampf um die Parlamente“ der NPD
Unter Udo Voigt als Parteivorsitzenden hat die NPD den so genannten „Kampf um die Parlamente“ neben dem „Kampf um die Köpfe“ und dem „Kampf um die Straße“ als dritte Säule ihres strategischen Konzepts seit 1996 systematisch ausgebaut. Grundsätzlich spricht sich die NPD offen gegen die demokratische Grundordnung der Bundesrepublik aus. Dem „Kampf um die Parlamente“ liegt die Idee zugrunde, die demokratischen Strukturen zur Durchsetzung ihrer eigenen Gesellschaftsordnung zu nutzen. Das Verhältnis der NPD zur parlamentarischen Ordnung ist also ausschließlich instrumentell. Das vorrangige Ziel des „Kampfes um die Parlamente“ ist, durch eine permanente Präsenz rechtsextremer Positionen im öffentlichen Raum eine Senkung der Tabuschwelle bei den anderen Abgeordneten, aber auch bei der breiten Öffentlichkeit zu erreichen. Dies alles gehört zu einer langfristig angelegten Normalisierungsstrategie, an deren Ende die NPD als legitime, zum demokratischen Parteienspektrum gehörende und damit letztlich „wählbare“ Kraft wahrgenommen werden soll.

Verbreitung und Strategien der NPD auf kommunaler Ebene
In Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie im Saarland, Hessen und Niedersachsen ist die NPD schon seit mehreren Jahren in Kommunalparlamenten und teilweise auch Kreistagen vertreten. Spitzenreiter ist mit über 50 NPD-Kommunalmandaten Sachsen. Historisch hatte die NPD ihre erfolgreichste parlamentarische Phase Ende der 1960er Jahre, als ihre Abgeordneten in sieben Landtagen saßen.

Heute ist die NPD in Kommunalparlamenten mehrerer Länder vertreten. Etwa in Hessen, wo sie mancherorts seit Jahrzehnten ununterbrochen kommunale Vertretungen in Fraktionsstärke hat, sowie in Sachsen, wo sie seit den Kommunalwahlen 2008 in allen Kreistagen und mehreren Gemeinderäten vertreten ist, vor allem in der Sächsischen Schweiz. Bei den Kommunalwahlen 2004 konnte sie auch in Mecklenburg-Vorpommern sowie im Saarland in mehrere Gemeinderäte und Kreistage einziehen, im Jahre 2006 gelang ihr dies auch in Niedersachsen.

Die niedrige Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen und den Wegfall der 5-Prozent-Hürde brachte im März 2008 in Bayern den rechtsextremen Wählergemeinschaften im Umfeld der NPD – der „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ in München und Nürnberg - den Einzug in die dortigen Stadtparlamente.

Ziele der kommunalpolitischen Arbeit
Die kommunalpolitischen Tätigkeiten am Beispiel der rechtsextremen Verordneten in den Berliner Bezirksverordnetenversammlungen lassen vier wesentliche Elemente erkennen, auf welche die Politik der NPD abzielt:

1. Propaganda
Das Kommunalparlament wird zu einem weiteren Ort der Verbreitung rechtsextremer Ideologie umfunktioniert. Einerseits soll die bereits bestehende Anhängerschaft der NPD, auch aus dem Kameradschaftsspektrum und dem aktionsorientierten Rechtsextremismus, noch stärker an die NPD gebunden werden, indem diese sich als die einzige öffentlichkeitswirksame Fürsprecherin der rechtsextremen Ideologie etabliert. Andererseits sollen neue Bevölkerungsschichten als Unterstützer/innen und Anhänger/innen gewonnen werden. So wird durch Anträge zu populären Themen, wie etwa zur Hartz IV-Gesetzgebung oder gegen Schul- und Krankenhausschließungen, gezielt versucht, die NPD als „bürgernah“ und Sprachrohr des „kleinen Mannes“ zu präsentieren.

2. Kompetenzgewinn
Die rechtsextremen Bezirksverordneten erwerben bei ihrer Arbeit in den Kommunen rhetorische, politische, verwaltungstechnische und juristische Kenntnisse, welche es ihnen ermöglichen, besser und effektiver für ihre Zwecke zu arbeiten.

3. Informationsgewinnung
Die rechtsextremen Abgeordneten erhalten Zugang zu Informationen, die sie für ihre Arbeit und zur Bekämpfung politischer Gegner/innen verwenden können. Bevorzugtes Thema sind finanzielle Unterstützungsleitungen, welche zugunsten zivilgesellschaftlicher Initiativen gegen Rechtsextremismus und für Demokratie gewährt wurden.

4. Finanzierung und Infrastruktur
Kommunalvertreter haben Anspruch auf gewisse Geld- und Sachmittel wie etwa Aufwandsentschädigungen und Büroräume. Diese nutzen sie auf der einen Seite zum Ausbau und zur Verfestigung ihrer Infrastruktur. Auf der anderen Seite schaffen die ihnen zur Verfügung stehenden Gelder Verdienstmöglichkeiten für Funktionär/innen und Anhänger/innen der NPD.

Strategien
Grundlegend lassen sich bei der parlamentarischen Arbeit der NPD-Abgeordneten zwei Strategien erkennen. Zum einen ist das die aktive Teilnahme am parlamentarischen Geschehen, was allerdings viel Arbeit, Initiative und ein gewisses intellektuelles Grundgerüst von den jeweiligen Abgeordneten erfordert. Die zweite Variante ist die eher passive Präsenz, wobei die NPD-Abgeordneten in Kreistagen und Kommunalparlamenten lediglich durch Anfragen zur staatlichen Förderung von Initiativen gegen Rechtsextremismus auffallen. Ansonsten kümmern sie sich möglichst wenig um Anträge, Debatten und dergleichen parlamentarische Tätigkeiten. Dafür stellen sie ihre angebliche Arbeit nach außen als besonders positiv und wirkungsvoll dar.

Verbreitung und Strategien der NPD auf Landesebene
Bei den Landtagswahlen konzentrierte sich die Partei in den letzten Jahren auf Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Die Erfolge dieser Strategie ließen sich am Ergebnis der letzten Landtagswahl ablesen, wo die NPD im September 2004 einen Stimmanteil von 9,2 % auf sich vereinen konnte und erstmals seit 1972 wieder in einen Landtag einzog. Von den ursprünglich 12 Abgeordneten gehören allerdings nur noch 8 der Fraktion an, da 3 Abgeordnete bereits 2005 die Partei wieder verließen und einer im November 2006 aus der Fraktion ausgeschlossen wurde.

In Mecklenburg-Vorpommern gelang ihr bei den letzten Wahlen im September 2006 ein Stimmanteil von 7,3 % auf sich zu vereinen und mit 6 Abgeordneten in den Schweriner Landtag einzuziehen.

Im Gegensatz zu ihrer erstarkten Präsenz in Ostdeutschland erreichte sie etwa bei den Neuwahlen zum Hessischen Landtag im Januar 2009 lediglich 0,9 % der abgegebenen Stimmen.

Das Urteil von Beobachtern zu den parlamentarischen Aktivitäten der NPD fällt regional unterschiedlich aus. Im sächsischen Landtag gelang es ihr durch gezielte Provokationen immer wieder, die öffentlichen Diskurse mitzubestimmen. Auch einige Parlamentarische Anfragen, beispielsweise zur Affäre um die sächsische Landesbank oder einen möglichen Rotlicht- und Korruptionsskandal namens „Sachsen-Sumpf“ haben die CDU/SPD-Regierungskoalition in die Defensive gebracht. In Mecklenburg-Vorpommern versucht die Fraktion um Udo Pastörs daran mit bislang mäßigem Erfolg anzuknüpfen. Beiden Fraktionen gemein ist jedoch der Versuch, tagesaktuelle Debatten ideell aufzuladen und ihren geschichtsrevisionistischen und antidemokratischen Ansichten über das Plenum eine größtmögliche Bühne zu bereiten.

Die DVU
Um die Stimmen potenziell rechtsextremer Wähler zu bündeln, haben DVU und NPD mit dem so genannten „Deutschland-Pakt“ im Jahr 2005 verabredet, bei Landtagswahlen nicht gegeneinander anzutreten. Angesichts der Landtagswahlen in Thüringen in 2009 und des DVU-Misserfolgs in Sachsen-Anhalt 2006 ist dessen Fortbestand jedoch zunehmend ungewiss.

Immer wieder gelang der DVU mit ihrer Selbstinszenierung als Protestpartei und mit Hilfe großflächiger Plakat- und Flugblatt-Verteilung der Einzug in Länderparlamente. Ihren bislang größten Erfolg hatte sie 1998 in Sachsen-Anhalt, wo sie auf Anhieb 12,8 Prozent der Stimmen errang – um bei den nächsten Landtagswahlen 2002 nach heftigen fraktions- und parteiinternen Querelen mit lediglich 3 Prozent deutlich zu scheitern.

Aktuell ist die DVU mit einer sechsköpfigen Fraktion im Brandenburger Landtag vertreten. Hier ist sie schon seit zwei Legislaturperioden präsent. 1999 zog sie mit 5,28 Prozent der Stimmen in den Potsdamer Landtag ein. Nach Absprachen mit der NPD verzichtete sie auf einen Kandidatur in Sachsen und trat im Jahr 2004 erneut zur Landtagswahl in Brandenburg an, wobei sie einen Stimmenzuwachs auf 6,2 % verzeichnete.

Zuletzt erlitt sie bei der Hamburger Bürgerschaftswahl im März 2008 mit lediglich 0,8 Prozent der Stimmen eine deutliche Niederlage. Gleiches gilt für ihre bisherigen Auftritte bei Bundestags- und Europawahlen. Beobachter beschreiben das Auftreten der DVU in den Parlamenten regelmäßig als geprägt durch „fachliche Inkompetenz, persönliche und politische Überforderung der Mandatsträger, finanzielle Unregelmäßigkeiten, endlose interne Streitigkeiten und Querelen sowie […] eine kaum verhüllte Fernsteuerung durch den Vorsitzenden Frey aus München". (Hoffmann/Lepzky, 2003).

Die Wahlkampfsstrategien der DVU sind immer nach dem gleichen Muster gestrickt. Im Vordergrund stehen nicht Personen, sondern die Selbstinszenierung als Protestpartei. Die Münchener Parteizentrale setzt auf Materialschlachten mit Massenbriefwurfsendungen und flächendeckende Plakatierung, mit denen sie gezielt fremdenfeindliche Ressentiments bedient. Lokale und länderspezifische Themen werden kaum aufgegriffen. Aktuell bleibt abzuwarten, ob sich dies unter dem neuen Vorsitzenden Matthias Faust ändern wird, der im Januar 2009 nach 21 Jahren den Verleger und DVU-Gründer Gerhard Frey als Parteivorsitzenden ablöst.

Dieser Text wurde der Website von <http://www.netz-gegen-nazis.de/lexikontext/die-extreme-rechte-den-parlam... entnommen.

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