Die Herausforderung Internationalen Networkings

von Nicholas Mele

Nonviolent Peaceforce wurde von über 100 Vertretern unterschiedlicher Organisationen aus aller Welt, die sich gewaltfreier Aktionen verschrieben haben, gegründet. Nonviolent Peaceforce arbeitet nicht nur eng mit seinen knapp 100 Mitgliedsorganisationen zusammen, sondern auch mit vielen anderen Organisationen, die sich auf jedem Kontinent, ausgenommen der Antarktis, befinden. In diesem Beitrag soll es aber nicht um Nonviolent Peaceforce gehen, sondern darum, die Schwierigkeiten internationaelr Vernetzung zu diskutieren.

Sprach- und Kulturunterschiede sind vielleicht die bekanntesten Probleme, die auftreten können, wenn VertreterInnen unterschiedlicher Organisationen zusammenarbeiten. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, mit diesen Problemen umzugehen. Abgesehen von dem finanziellen und logistischen Aufwand, der mit jeder Übersetzung in die unterschiedlichen Sprachen der verschiedenen Organisationen zusammenhängt, gibt es zusätzlich innerhalb der unterschiedlichen Varianten so weit verbreiteter Sprachen wie Spanisch oder Englisch Bedeutungs- und Verwendungsunterschiede. Die MitarbeiterInnen von Nonviolent Peaceforce kommen aus verschiedenen Ländern und sprechen in der Regel mehrere Sprachen - eine wichtige Voraussetzung, um mit solchen Problemen umgehen zu können.

Übersetzungen in andere Sprachen haben so ihre Tücken. Oft gibt es kein Äquivalent zu einem oft verwendeten Satz in einer Sprache, mag die andere Sprache noch so nahe verwandt sein. Es ist zum Beispiel sehr schwierig, den Namen "Nonviolent Peaceforce" in eine andere Sprache zu übersetzen und gleichzeitig die genau Bedeutung des englischen Originals mit all seinen Nuancen zu übernehmen. Nonviolent Peaceforce hat, um ehrlich zu sein, diese Sprachprobleme noch nicht vollkommen erfassen können,noch einen Weg gefunden, sie erfolgreich anzugehen. Bisher werden alle offiziellen Dokumente in Englisch und Spanisch übersetzt. Dies ist der erste Schritt. Unsere Mitgliedsorganisationen springen dann ein, indem sie die Dokumente für ihre Internetseiten in andere Sprachen wie zum Beispiel Deutsch, Japanisch oder Katalanisch übersetzen. Der Großteil dieser Übersetzungen wird durch Freiwillige gemacht, aber in dem Maße, in dem Nonviolent Peaceforce sich weiter als selbständige Organisation entwickelt und die Kooperation mit anderen Gruppierungen ausbaut, sollte es auch möglich sein, zusätzliche Ressourcen für Übersetzungen in Arabisch, Chinesisch und Malay/Indonesisch zu finden.

Kulturelle Unterschiede, auch wenn alle sehr sensibel mit ihnen umgehen, stellen eine große Herausforderung in der internationalen Zusammenarbeit dar, weil sie sich in der Struktur, den Werten, dem Stil der Organisation und der Art und Weise, wie miteinander kommuniziert wird, niederschlagen. Ein Teil der Mitgliedsorganisationen von Nonviolent Peaceforce zum Beispiel erwartet regelmäßigen Kontakt, enge Kooperation und Zusammenarbeit bei der Ausführung von Projekten; andere ziehen einen autonomeren Arbeitsansatz vor. Die Struktur von Nonviolent Peaceforce, die den größten Teil der Verantwortung für die Zusammenarbeit mit den Mitgliedsorganisationen an regionale Koordinatoren weitergibt, trägt dazu bei, dass solche Unterschiede überwunden werden können.

Unterschiedliche Erfahrungen mit gewaltlosen Einsätzen oder - breiter gefasst - gewaltlosen Aktionen können ebenso Spannungen hervorrufen. Dies wurde vor kurzem deutlich, als Nonviolent Peaceforce sein Pilotprojekt in Sri Lanka evaluierte. Was heißt "gewaltfreier Begleitschutz" eigentlich? Ein Teilnehmer einer Diskussionsgruppe über die unterschiedlichen Techniken von Schutzbegleitungen definierte die Ziele, Methoden und Anwendung dieser Bezeichnung in sehr enger Art und Weise und immer in Bezug auf seine eigene Erfahrung der Arbeit von Peace Brigades International, während eine andere Teilnehmerin erläuterte, dass "accompaniment", der englische Begriff, der hier als "Schutzbegleitung" übersetzt wurde, aus dem Spanischen komme und dort schlicht "Begleitung" hieße, und dass "Begleitung" alle möglichen Nebenbedeutungen von Unterstützung habe.

In ähnlicher Art und Weise misstrauen manche Mitgliedsorganisationen ihrer Regierung, wenn es um Kooperation geht. Andere kooperieren ohne Vorbehalte. Organisationen der Friedensbewegung, die ihren Hauptsitz in den USA haben, nehmen meist eine stärker konträre Position zum Mainstream ihrer Gesellschaft ein, als das andere Organisationen in anderen Länder tun. Selbst US-amerikanische Organisationen, die im internationalen Bereich arbeiten, reflektieren oft unbewusst die Widersprüche, Vermutungen und allgemeine Isolierung der amerikanischen Supermacht. Da der Großteil der Mitarbeiter und Freiwilligen von Nonviolent Peaceforce immer noch aus den USA kommt, sind diese Probleme äußerst aktuell, wenn es um die Zusammenarbeit mit anderen Nichtregierungsorganisationen und Regierungsmitarbeitern geht.

In diesem Artikel wurden nur einige der Hindernisse für internationales Networking beschrieben. Das größte Problem sind wahrscheinlich immer noch die fehlenden finanziellen Ressourcen. Dazu kommen die Veränderungen des politischen Klimas und unterschiedliche Voraussetzungen in den verschiedenen Ländern. Mitgliedsorganisationen aus Ländern, in denen die Zivilgesellschaft unterdrückt wird, haben andere Prioritäten als Organisationen aus Ländern, in denen es diese Probleme nicht gibt. Da gewaltfreie Aktionen soziale Veränderungen hervorrufen und die Zivilgesellschaft überall auf der Welt stärken sollen, und da Organisationen, die sich für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen, immer mehr merken, dass sie stärker sind, wenn sie miteinander kooperieren, müssen die erwähnten Herausforderungen überwunden werden. Nonviolent Peaceforce lernt von seinen Fehlern und hofft auch von den Erfahrungen Anderer lernen zu können.

Übersetzung: Aline Sierp

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Nicholas Mele ist US-Diplomat im Ruhestand und PR-Direktor bei Nonviolent Peaceforce. Er lebt an der Westküste der USA.