Deutsche Kriegstechnik im Angebot

Die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung 1992 in Berlin

von Holger Paech
Initiativen
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Vom 15. - 21. Juni 1992  fand  wieder eine Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung  statt. Diesmal jedoch nicht in Hannover, sondern in Berlin -Schönefeld. Seit 1928 ist dies die erste ILA, die in Berlin wie­der ausgerichtet wurde.

Neben der zivil genutzten Luft- und Raumfahrttechnik,  ist  Kriegstechnolo­gie aus der Bundesrepublik, den USA, GB und Frankreich gezeigt  und vorge­stellt worden. Während der täglichen vierstündigen Flugvorführungen ist  es  zum Einsatz von Kampfbombern, Kampfhubschraubern und militärischen Großraummaschinen gekommen. Die Flugvorführungen waren überwiegend militärisch dominiert. Zu sehen war auch ein Holzmodell des Jäger 90.

Von Anfang an ist versucht worden, den militärischen Anteil der Flugschau her­unter zu spielen, was sich z.B. in der Äußerung des Sprechers der Deutschen Luftfahrt-, Raumfahrt- und Ausrü­stungsindustrie, Folkhard Oelwein, zeigt: "Der militäri­sche Teil der ILA wird zwar noch mar­kant, aber nicht do­minant sein ". Dieser  "markante Teil" machte rund 40 % der gesamten Aus­stellung aus. Die ILA konnte somit aus Sicht der Veranstalter gerade noch unter dem Deckmäntelchen einer zivil domi­nierten Luftfahrtaus­stellung laufen, es darf jedoch nicht ver­gessen werden, daß die Rüstungsindu­strie und die Bundes­wehr  hier klar ihre Ziele durchgesetzt haben. Es ist von den verschiedenen Anti-ILA-Bündnissen nicht akzeptiert worden, daß die deut­sche Rüstungsindu­strie auf der ILA Wehrtechnik  präsen­tierte, während gleichzeitig die Folgen der Kämpfe im Irak, Kurdistan, Arme­nien und Jugosla­wien noch nicht abzu­sehen sind. Ob­wohl in anderen Ländern noch gekämpft wird, ist man hier ledig­lich darum be­müht gewesen, Waffen in Krisengebiete zu verkaufen und zu ex­portieren.

Allein im Jahr 1990 wurde Waffentech­nologie im Wert von 13 Milliarden DM ins Ausland geliefert, wobei das Ex­portvolumen ständig steigt. Deutschland belegt in der Weltrangliste der Rü­stungsexporteure den dritten Platz (in Europa auf Platz 1). Die Militärschau in Schönefeld ist nicht deshalb abgehalten worden, um eventuell interessierte Be­sucher zu beeindrucken oder um Kunst­flug zu präsentieren, sondern um Kriegsgerät zu verkaufen. Für die Käu­fer von Kriegsgerät (Fachpublikum) sind extra die ersten drei Tage reserviert gewesen. Die ILA ist eine Rüstungs­messe.

Neben dem Verkauf von Kriegstechno­logie hat die Bundeswehr Tornado, Phantom, MIG 29 und Alpha-Jet, sowie verschiedene Marineflieger und Hub­schrauber vorgestellt und so für ihre In­teressen  geworben. Ziel war es, das Auftreten der Bundeswehr wieder ein Stück mehr zur Normalität im Berliner Alltagsleben zu machen. Es sollte ver­harmlost werden, wofür die Waffen­technik und die Bundeswehr letztend­lich da ist, nämlich um Kriege zu füh­ren. Im Anschluss an die ILA werden Kampfflugzeuge der Bundeswehr in Straußberg ausgestellt.

Neben diesen scheinbar  "friedlichen" Auftritten verfolgt die Bundeswehr eine knallharte Einberufungsstrategie in Ber­lin. Es existiert immer noch eine gra­vierende Ungleichbehandlung von Ost- bzw Westwehrpflichtigen. Gleichzeitig sitzen totale Kriegsdienstverweigerer in Haft. Dies darf bei öffentlichen Auftrit­ten der Bundeswehr nicht vergessen werden.

Zusätzlich zu den neuen Flugzeugen sind Kampfflugzeuge aus dem 2.Weltkrieg geflogen. Damit ist die Kriegsmaschinerie des 3.Reiches ver­harmlost und nachträglich aufgewertet worden. Diese unsensible Art der Ge­schichtsbewältigung ist in Anbetracht der momentanen rechtsradikalen Ten­denzen völlig fehl am Platze.

Aus Anlass dieser geballten militäri­schen Präsenz auf der Flugschau haben sich verschiedene Bürgerinitiativen und Gruppierungen zusammengefunden (Schwerter zu Pflugscharen, EMIL-Entmilitarisierte ILA, Kirchenkreise der umliegenden Gemeinden, Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär, u.a.). Ziel war es, den reibungs­losen Ablauf der ILA zu stören und zu behindern.

Zur Eröffnung der IlA gab es eine Blockade des einen IlA Einganges mit mäßiger Beteiligung und massiver Poli­zeipräsenz und im Anschluss daran eine symbolische Umbenennung des Flugha­fens Schönefeld in Ramstein II. In den nächsten Tagen fanden täglich Friedens­andachten statt. Den nächsten größeren Aktionstag gab es dann am 20.6.. Ge­plant war, durch eine Men­schenkette die drei ILA-Eingänge zu verbinden. In­folge der geringen Beteiligung konnte die Kette nicht geschlos­sen werden. Wesentlich effektiver war die Aktion von einer Schwerter zu Pflug­scharen Gruppe, die den extra einge­richteten Bahnshuttle auf dem Gelände blockierte. Die massive Polizei, BGS- und Wachschutzpräsenz verhin­derte je­doch jede längere Blockade von Ein­gängen oder Zufahrtswegen. Am letzten Tag der ILA hat die Kampagne gegen Wehr­pflicht, Zwangsdienste und Militär eine Fahrraddemo veranstaltet, um so weiträumig und flexibel zu blockie­ren. Die Polizei versuchte von Anfang an die Demo zu verhin­dern. Bereits an den bis zu 20 KM ent­fernten Sammelpunk­ten war die Polizei allgegenwärtig. Nach Vorstellung der Polizei sollten jeweils nur vier! Personen alle fünf Minuten Richtung ILA abfah­ren. Dies wurde  aber verhindert. Einige Gruppen sind auf der Strecke bis zu sie­ben! mal von der Polizei aufgehalten, schikaniert und vorübergehend festge­nommen  worden. An der ILA selbst wurde ein Gitter gezo­gen, um so die Be­sucher vor den De­monstranten zu schüt­zen. Flug­blätterverteilen, Lautsprecher­anlage u.ä. war verboten. Die geschaf­fene "Be­suchergasse" durfte von De­monstrantInnen nicht betreten werden! Im Anschluss daran gab es noch eine ausgedehnte Fahrraddemo durch die umliegenden Dörfer. Die  Demonstran­tInnen wurden von mindestens 10 Wan­nen und einem fast endlosen Autostau begleitet.

Die Gesamtbilanz der Aktionswoche ist eher dürftig. Dies ist unter anderem dar­auf zurückzuführen, daß die Beteiligung zu wünschen übrig ließ und daß die Ko­ordination und Zusammenarbeit der ein­zelnen Gruppen mangelhaft war. Für die Zukunft heißt das in jedem Falle, daß es eine bessere Zusammenarbeit geben muß. Auch sollte das Bündnis breiter sein, vielleicht sogar bundesweit.

Da die ILA alle zwei Jahre stattfindet, wird es 1994 die nächste Ausstellung geben. Hier wird es dann auch einen echten Jäger zu sehen geben, da Mi­nisterpräsident Stolpe nach anfänglicher Ablehnung des Jägers inzwischen seine Zustimmung gegeben hat.

Damit die nächsten Aktionen gegen die ILA wesentlich wirkungsvoller werden und die Aussteller empfindlicher treffen, muß darauf geachtet werden, möglichst früh ein breites und zusammenhängen­des Bündnis zu schaffen.

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Holger Paech arbeitet für die Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär in Berlin.