Erklärung von 40 engagierten Wissenschaftlern

„Die Kinder Adams sind aus einem Stoff gemacht“: Die iranische Zivilgesellschaft schützen

von Redaktion FriedensForum

Die Kinder Adams sind aus einem Stoff gemacht,
als Glieder eines Leibs von der Schöpfung erdacht.
Sobald ein Leid geschieht nur einem dieser Glieder,
dann klingt sein Schmerz sogleich in ihnen allen wider.
Ein Mensch, den nicht die Not der Menschenbrüder rührt,
verdient nicht, dass er noch des Menschen Namen führt.
– Sa’adi (1210 – 1290)

Wenn wir uns gegen die Gewaltandrohung von außen an den Iran (im Atomkonflikt) aussprechen und vor einem Luftangriff warnen, können wir nicht bei der Gewaltanwendung im Iran selbst gegen die eigene Zivilgesellschaft schweigen. Denn die Solidarität mit der Zivilgesellschaft und eine Friedensordnung in der Region begründen das Hauptanliegen unserer Bemühung. Wenn wir die Sanktionen des Auslandes gegen das iranische Volk verurteilen, verurteilen wir umso mehr inländische Sanktionen gegen friedliche Demonstranten, Journalisten, Gewerkschaftler, Professoren, Studenten u.a. Dadurch entzieht sich die Regierung auch die eigene inländische Basis gegen die ausländische Bedrohung.

Wir wollen nicht nur einzeln, sondern auch als eine Gruppe von engagierten Wissenschaftlern unseren entschiedenen Protest gegen die brutale Niederschlagung von Demonstrationen und gegen die massenhaften Verhaftungen kundgeben und zum friedlichen Dialog mit der Zivilgesellschaft ermahnen. Wir fordern die iranische Regierung auf, alle politischen Gefangenen der letzten Wochen, darunter auch alle Professoren, freizulassen und gerade mit diesen als Moderatoren der Zivilgesellschaft ins Gespräch zu kommen. Meinungsfreiheit und Demonstrationsrecht – Grundpfeiler der auch vom Iran unterzeichneten UN-Charta der Menschenrechte – werden heute im Iran massiv verletzt.

Wir erinnern daran, dass der gegen Iran aufgebaute Belagerungszustand und die fortwährende Drohkulisse nun wieder auf fatale Weise vor Augen führen, wie sehr dadurch die Spielräume für eine demokratische Entwicklung beschnitten werden.

Gleichzeitig wenden wir uns gegen die unsachliche und vereinnahmende Darstellung der letzten Geschehnisse im Iran in einigen deutschen und internationalen Medien. Als Unterstützer der iranischen Zivilgesellschaft möchten wir die genuine Natur der Proteste der iranischen Demokratiebewegung betonen. Die Demonstranten, die sich aus allen gesellschaftlichen Schichten zusammenstellen, setzen sich für freie Wahlen und freie Meinungsäußerung ein.

Andererseits erzeugt gewisse Verwunderung, dass gerade diejenigen, die für lähmende Sanktionen und Präventivkrieg gegen den Iran warben, worunter die Zivilgesellschaft zu leiden gehabt hätte, plötzlich von der Solidarität mit dem iranischen Volk sprechen. Sie werden erst dann überzeugend, wenn sie sich auch gegen die Sanktionen und Gewaltandrohung und für friedlichen Dialog in der Region einsetzen.

Diese Erklärung wurde von 40 WissenschaftlerInnen aus dem Iran, Großbritannien, Deutschland, den USA und der Schweiz unterzeichnet. Der vollständige Text mit namentlicher Nennung der UnterzeichnerInnen kann heruntergeladen werden bei http://www.campaigniran.org/casmii/index.php?q=node/8391

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Krisen und Kriege