Zum Projekt einer deutsch-sowjetischen Informationswoche im Mai

Die Versöhnung mit den Völkern der Sowjetunion nimmt Gestalt an

von Gerd Pflaumer

Es steht jetzt so gut wie fest, daß vom 25. - 31. Mai 1989 eine bundesweite deutsch-sowjetische Informationswoche stattfinden wird. Der Erfolg dieses wichtigen Vorhabens hängt jedoch wesentlich davon ab, daß sich möglichst viele berufliche, regionale und örtliche Friedensinitiativen an dieser Woche beteiligen. Um einen Überblick über den Bedarf zu gewinnen, werden die an einer Beteiligung interessierten Gruppen darum gebeten, sich möglichst bald im KA-Büro zu melden.

Zur Vorgeschichte
Auf Anregung der AG Sowjetunion beschloß der Koordinierungsauschuß in seiner Sitzung am 16. Dezember, dem sowjetischen Friedenskomitee (SFK) die gemeinsame Durchführung einer bundesweiten deutsch-sowjetischen Informationswoche ''Versöhnung mit den Völkern der Sowjetunion" im Vorfeld des für Ende Mai/Anfang Juni geplanten Gorbatschow-Besuchs in der Bundesrepublik vorzuschlagen. Mit diesem Vorschlag knüpft der Koordinierungsausschuß an den auf der Tübinger Aktionskonferenz vom 7./8. Mai 1988 verabschiedeten Aufruf an, in dem die Versöhnung mit den Völkern der Sowjetunion als einer der Schwerpunkte für die Friedensarbeit im Jahr 1989, 50 Jahre nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges, festgelegt worden war. An dieser Aktionskonferenz hatte, wie erinnerlich, auf Einladung des KA auch eine Delegation des SFK teilgenommen.

Der KA geht dabei von folgenden prinzipiellen Positionen aus:

  • Die Versöhnungsarbeit ist immanenter Bestandteil der Tätigkeit der Friedensbewegung. Dazu gehört eine aktive Erinnerungsarbeit ebenso wie die politische Gestaltung von Versöhnung heute. Damit wird die Grundlage für den Abbau von Feindbildern und von Bedrohungsvorstellungen geschaffen.
  • Die Diskussion über die Gestaltung des gemeinsamen europäischen Hauses ist konkreter Ausdruck der Versöhnungsarbeit.
  • Versöhnungsarbeit kann nur durch die direkte und ungehinderte Be¬gegnung von Menschen verschiede¬ner Völker zum Erfolg führen (Volksdiplomatie)

Auf Einladung des SFK hielt sich eine vierköpfige Delegation des KA, bestehend aus Kurt Faller (VVN), Ulrich Frey (AGDF), Martin Gräbener (Die Grünen) und Gerd Pflaumer (ghi), vom 15. bis 18. Januar in Moskau auf, um mit Präsidium und Geschaftsführung des SFK über das Projekt einer deutsch-sowjetischen Informationswoche zu sprechen. Man verständigte sich auf nachstehend beschriebenen Rahmen.

Wie sieht die Info-Woche aus?

  1. Die deutsch-sowjetische Informationswoche findet vom 25. bis 31. Mai 1989 in der Bundesrepublik statt. In dieser Zeit sollen im Sinne von Volksdiplomatie unter der Verantwortung beruflicher und örtlicher Friedensinitiativen zahlreiche Informations- und Diskussionsveranstaltungen im gesamten Land durchgeführt werden. Das SFK ist bereit, zu diesem Zweck eine größere Delegation zu entsenden.
  2. Den Auftakt bildet ein vom KA organisiertes öffentliches Forum am 25./26. Mai in Bonn. Damit soll in den bundesdeutschen Medien ein sichtbarer Akzent gesetzt werden. In einer Podiumsdiskussion und anschließenden Arbeitsgruppen sollen unter Beteiligung prominenter Persönlichkeiten aus der Sowjetunion und aus der Bundesrepublik die vier Schwerpunktthemen "Erinnerungs¬arbeit", "Gestaltung der Zukunft! Europas und der Welt", "Demokratie und Menschenrechte" sowie "Frieden und Abrüstung" diskutiert werden.
  3. Die örtlichen Veranstaltungen beginnen zeitgleich mit dem Bonne Forum an möglichst vielen Orten der Republik.
  4. Um der Informationswoche zusätzliche Dynamik zu verleihen, soll sie von einer Reihe deutsch-sowjetischer Kulturveranstaltungen begleitet werden. SFK und KA bemühen sich in Zusammenarbeit mit einer der Friedensbewegung verbundenen Künstleragentur um die Gewinnung bekannter Künstler aus der Sowjetunion und aus der Bundesrepublik.
  5. KA und SFK versuchen, das Fernsehen dafür zu gewinnen, im Laufe der Informationswoche eine deutsch-sowjetische Fersehbrücke zu organisieren.
  6. Zum Abschluß der Informationswoche soll eine gemeinsame Erklärung des KA und des SFK als politischer Rahmen für die künftige Begegnungsarbeit (Volksdiplomatie) veröffentlicht werden.
  7. Die Finanzierung der Informationswoche erfolgt in der Weise, daß das SFK die Flugkosten bis Frankfurt trägt, während die Kosten in der Bundesrepublik vom KA (Forum in Bonn) bzw. den Initiativen (örtliche Veranstaltungen) zu übernehmen sind.
  8. Weitere Einzelheiten des Projekts werden Anfang Februar von einer deutsch-sowjetischen Arbeitsgruppe festgelegt.

Wie geht es weiter?
Auf der Grundlage der getroffenen Absprache möchte die AG Sowjetunion des KA mit der konkreten Planung rasch beginnen. Auf die eher allgemein gehaltene Anfrage "Wer macht mit bei der Versöhnung mit den Völkern der Sowjetunion?" Im letzten Rundbrief gingen im KA-Büro schon eine Reihe von Antworten ein. Ganz wichtig ist jetzt, nachdem der Rahmen festliegt, möglichst definitive Anmeldungen auf Beteiligung zu bekommen. Dabei ist noch folgendes wichtig: Das SFK ist bereit, bei der Zusammensetzung seiner Delegationen regionale (z. B. kommunale Partnerschaften) und fachliche Bezugspunkte zu berücksichtigen. Dolmetscher müssen von den veranstaltenden Gruppen gestellt werden. Die Fahrtkosten sind für die ersten Veranstaltungen ab Flughafen Frankfurt, für anschließende Veranstaltungen vom jeweiligen vorherigen Ort zu übernehmen. Aus Kostengründen empfiehlt sich jeweils Abholung mit Pkw. Die Unterbringung der sowjetischen Friedensfreunde (höchsten 2 bis 3 pro örtliche Veranstaltung) kann nach Absprache auch privat erfolgen (bitte Sprachprobleme bedenken). Das jeweilige örtliche Programm könnte aus drei Teilen bestehen: Einer öffentlichen auch in der Presse angekündigten Informationsveranstaltung mit den sowjetischen Gästen im Mittelpunkt, Gespräche mit ihnen im kleineren Kreis (eventuell im Rahmen einer kleineren Fete) und ausreichend zeitlichen Freiraum für sie zum Umschauen in der Stadt und Gemeinde, damit sie auch etwas Einblick in unsere Lebenssituation erhalten (die meisten von ihnen werden zum ersten Mal im westlichen Ausland sein!).
Das KA-Büro bemüht sich, nach Eingang der Bedarfsmeldungen einen Verteilungs- und Reiseplan aufzustellen. Ferner ist beabsichtigt, Anfang Mai ein Vorbereitungstreffen mit Vertretern der örtlichen Veranstalter zu organisieren. Zur Informationswoche wird es einen besonderen Aufruf des KA geben. Schließlich wird das Team Versöhnung mit den Völkern der Sowjetunion zum Schwerpunkt des nächsten KA-Rundbriefes gemacht.

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Im Blickpunkt
Gerd Pflaumer ist Bundesvorstands­mitglied und fiedenspolitischer Spre­cher der Gustav-Heinman Initiative