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Friedenswoche Hannover 1989
Die Völker der Erde brauchen Frieden und Gerechtigkeit
vonIn vielen Städten und Regionen wurden auch in diesem Jahr während der Friedensdekade Friedenswochen durchgeführt. Beispielhaft berichten wir hier von der Dekade in Hannover.
Die diesjährige Friedensdekade in Hannover fand unter dem Leitgedanken "Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg - Friedensarbeit in Hannover" statt. Entsprechend diesem Motto und dem Aufruf von Aktion Sühnezeichen, den wir übernommen hatten, sollte sich gerade die Stadt mit allen den Aktionsfeldern, die es hier für friedenspolitische Bemühungen gibt, in den Veranstaltungen widerspiegeln. Der Aufruf, sich an der Friedenswoche zu beteiligen, war an viele Gruppen und Initiativen gegangen. So kam ein breit gefächertes Programm zustande.
Natürlich war die DDR mit den rasanten Veränderungen der letzten Wochen ein Thema der Friedensdekade, Hannover ist ja außerdem Partnerstadt von Leipzig. Sozusagen als Auftakt - die Veranstaltungen begannen mit einem Gottesdienst zum 150-jährigen Bestehen der Evangelischen Jugendarbeit in Hannover - ging am Sonntag, den 12. 11. 1989 "der Blick nach Leipzig", und die Chancen für eine "andere" DDR sollten diskutiert werden. Die Aktualität der Themenstellung war bei Druck der Programme noch gar nicht abzusehen. Inzwischen schauen wir durchaus etwas neidvoll nach Leipzig, soviel Bewegung und Veränderung - einiges davon täte uns auch gut. Eingegangen wurde an dem Abend dann auf die oppositionellen Bewegungen der DDR und erörtert wurde u. a. die Frage, inwieweit eine Zusammenarbeit der oppositionellen Kräfte in beiden Staaten möglich ist.
Die Kirchengemeinden in Hannover-Hainholz hatten sich verstärkt dem Problem der Flüchtlinge, Asylbewerber und Übersiedler zugewandt. Hier fanden vier Veranstaltungen zu diesem Themenbereich statt, wobei die Übersiedler aus der DDR besonders zu Wort kamen.
Besuche und Gottesdienste am Ort ehemaliger Konzentrationslager sollten wieder Anstoß geben, die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit nicht zu beenden, die unter bestimmten Gesichtspunkten auch in der Veranstaltung "Desertieren oder tapfer verteidigen..." von ehemaligen Wehrmachtssoldaten und Bundeswehroffizieren und -angehörigen aufgegriffen und diskutiert wurde. Gebete für den Frieden und themenbezogene ökumenische Gottesdienste fanden in vielen weiteren Kirchen im Rahmen der Friedenswoche statt.
Die Völkerverständigung zwischen der Bundesrepublik und der Sowjetunion war ein weiteres Thema, hier wurde über Begegnungsreisen von Friedensgruppen in die Sowjetunion berichtet.
Gewaltverzicht und die Auswirkungen im persönlichen und politischen Alltag, der "konziliare Prozeß" von Basel und Seoul, Atommüll - einstürzende Endlager und blockierte Transporte - waren weitere Diskussionspunkte. Anhand der geplanten Endlager für Atommüll in Gorleben und Schacht Konrad wurde über die europäischen Pläne zur niedersächsischen Atommüll-Lagerung berichtet. Über die Folgen einer Weltausstellung in Hannover und ihre Auswirkungen auf die Bevölkerung informierte das Aktionsforum gegen die Weltausstellung.
Ein interessantes Projekt war von einer der Stadtteil-Friedensgruppen initiiert und durchgeführt worden: Theater in den Friedensgruppen, Friedensgruppen machen Theater. Unter dem Motto: "Friedensgruppen entdecken die Straße neu - mit Schminke, Schmackes und Requisiten" wurde zu einer Veranstaltung mit Kostproben eingeladen. Dabei ging es neben den Vorführungen auch um den Austausch zwischen den verschiedenen Theatergruppen der Friedensbewegung, die über ihre Erfahrungen mit Straßentheater berichteten und an diesem Abend für ihre weitere Arbeit die Rückmeldung haben wollten, die sie auf der Straße so oft nicht haben.
Natürlich fehlte auch eine Musikveranstaltung nicht: "Ohne uns...!- Rock gegen Rechts" mit Gruppen aus der DDR und BRD, veranstaltet von der Evangelischen Jugend.
Am Ende der Dekade stand ein Informationsabend zur Schweizer Kampagne "Schweiz ohne Armee"; am 26. 11. wurde bekanntlich in der Schweiz über ein Volksbegehren zu Abschaffung der Armee abgestimmt, zusätzlich zu dieser Diskussion um die Schweizer Aktion wurde dann über die Bemühungen um eine "Bundesrepublik ohne Armee" informiert.
Über "Ziel und Möglichkeiten kommunaler Friedensarbeit in Hannover" wurde ebenfalls am letzten Tag der Dekade diskutiert mit Vertreterinnen und Vertretern der Ratsfraktionen und mit Experten aus der Friedensarbeit. Ein sperriges Thema bisher für Hannover, mit relativ wenig Öffentlichkeit und wenig Unterstützung durch gesellschaftliche Gruppen, Verbänden, Institutionen und Parteien. Doch wird die kommunale Friedensarbeit sicherlich ein Schwerpunkt der Arbeit des Friedensbüros/Komitees Friedenswoche für die nächste Zeit werden.
Der Besuch bei all diesen kurz erwähnten Veranstaltungen war sehr unterschiedlich, aber eigentlich immer kam es zu interessanten und lebhaften Diskussionen, die häufig dazu animierten, im kleineren Kreis weiter zu diskutieren. Ansatzpunkte für eine Weiterarbeit über die Friedenswoche hinaus wurden geschaffen.