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BürgerInnenfunk eröffnet auch kleinen Friedensgruppen neue Chancen, Öffentlichkeit herzustellen
"Die Wirkung ist groß"
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Eine gängige Musik erklingt. Eingeschaltet ist der private lokale Rundfunksender für den Kreis Coesfeld, "Radio Kiepenkerl". Langsam wird die Musik ausgeblendet. Der Moderator erhebt seine Stimme: "Hallo liebe Hörerinnen und Hörer im Kreis Coesfeld und weit darüber hinaus. Hier ist wieder der Bürgerfunk aus Nottuln, hier meldet sich wieder die Friedensinitiative Nottuln mit ihrer Sendung. Am Mikrofon: Willi Karkoska." Die Musik wird wieder hochgefahren.
Seit einem Jahr nun hat für die Friedens-initiative Nottuln ein neues "Medienzeitalter" begonnen. Auf der letzten Jahreshauptversammlung wurden ausführlich die Möglichkeiten, einen eigenen Bürgerfunk zu installieren, erörtert. Eine einzigartige Grundlage bietet dafür in Nordrhein-Westfalen das Landesrundfunkgesetz (LRG NW). Das Angebot der "medialen Kommunikation" für Gruppen mit kultureller Zielsetzung ist dort im _ 24, Abs. 4 verankert. Hiernach muß der Lokalfunksender 15 % der lokalen Sendezeit, höchstens jedoch zwei Stunden täglich, für den Bürgerfunk bereitstellen. Jede Gruppe (ab 2 Personen) kann also so ein eigenes Radioprogramm im Rahmen der allgemeinen Pressegesetze gestalten. Eine inhaltliche Zensur findet nicht statt. Auch eine "ökonomische Zensur" gibt es nicht: Die bei Lokalfunkbetreibern übliche Orientierung der Programmgestaltung an die Zielgruppe "Konsumenten" ist beim BürgerInnenfunk nicht erforderlich.
Die Eingangsmelodie endet. "Wir haben auch heute wieder für Euch eine interessante Sendung zusammengestellt, mit viel Musik, Veranstaltungshinweisen und Tipps. Das Thema heute: Stefan T. aus Appelhülsen - ein Deserteur aus Jugoslawien wehrt sich gegen seine Abschiebung. Doch bevor ich Stefan T. aus Appelhülsen vorstelle, hier die Gruppe KEIMZEIT mit ihrem Sommerhit `Kling, klang'."
Der BürgerInnenfunk ist kein klassischer offener Kanal, sondern eingebettet in die Gesamtstruktur des Senders. Dies hat Vorteile: Die Attraktivität und Bedeutung des BürgerInnenfunks ist so sehr hoch. Die gewohnheitsmäßigen Hörerinnen und Hörer von "Radio Kiepenkerl" werden vom BürgerInnenfunk der FI quasi "übernommen". Dies setzt jedoch auch - will man zu einer vernünftigen, konstruktiven Zusammenarbeit mit den Profis des Lokalsenders kommen - die Bereitschaft voraus, sich nach der üblichen Sendestruktur des Senders auszurichten oder zumindest diese nicht ganz unberücksichtigt zu lassen. Anfänglich zeigte der Lokalsender großen Unmut angesichts der Absicht der FI, BürgerInnenfunk zu machen. Der Chefredakteur befürchtete einen Niveau-Abfall, der wieder auf seinen Rundfunksender zurückfällt. Gerne würde er - das gab er offen zu - die BürgerInnenfunksendung der Friedensinitiative verhindern. Das Landesrundfunkgesetz verpflichtet ihn jedoch: Es wird gesendet, was die FI produziert. Schnell lernte der Chef von "Radio Kiepenkerl", daß seine Bedenken unberechtigt waren. Die Friedensinitiative zeigte sich bereit, das "strukturelle Niveau" des Senders zu übernehmen: Es wird aktuelle Musik gesendet, die einzelnen Wortbeiträge sind nicht länger als 2 1/2 Minuten. Bei insgesamt 5 Sets betragen so die inhaltlichen Beiträge - auf die es der FI natürlich ankommt - in einer Sendestunde maximal 12 Minuten. Willi Kakorska, Mitglied der Friedensinitiative, erklärte sich bereit, die Produktion der BürgerInnenfunksendung zu übernehmen. Für 1500 DM stellte die FI ihm ein Reportagegerät zur Verfügung (Sony TCD 5, ein Gerät, mit dem auf die professionellen KollegInnen arbeiten). Die Anschaffung dieses "Handwerkzeugs" ist für eine regelmäßige Produktion - die FI sendet einmal im Monat - unerlässlich. Geschnitten und endgültig produziert wird die Sendung im Radiostudio einer kath. Weiterbildungsstätte in Münster. Aber auch ohne diese optimalen Voraussetzungen ist für Friedensgruppen BürgerInnenfunk möglich. Leute, die keinerlei Rundfunkerfahrung besitzen, können diese in den immer mehr stattfindenden örtlichen VHS-Kursen erwerben. Häufig stellt die VHS vor Ort mittlerweile auch die Studiotechnik zur Verfügung. Wer an seinem Ort diese Möglichkeiten nicht hat, kann darüber hinaus noch ein transportables Tonstudio über die Landesanstalt für Rundfunk kostenlos ausleihen.
Die Produktion einer Radiosendung kostet Geld. Für eine 45-minütige Sendung muß man ca. 80 DM ansetzen. Dazu kommen die Mietkosten für das Studio. Doch keine Panik - die Sache ist finanzierbar: Die Landesanstalt für Rundfunk übernimmt auf Antrag Produktionskosten für den BürgerInnenfunk. Heute, wo die Zahl der AktivistInnen in der Friedensbewegung erheblich geschrumpft ist, ist die "mediale Kommunikation", ist der BürgerInnenfunk eine große Chance, weiter viele Menschen zu erreichen. Der Aufwand ist relativ gering, die Wirkung groß. Und es macht Spaß.