Diskussionsbeiträge aus Friedensgruppen

Bernd Michel für die Initiative Kirche von unten (IKvu), Regionalgruppe München:
"(...)

  1. Eine Koordinierung all der vielfälti­gen und sich netzartig ausbreiten­den Friedensaktivitäten ist zugege­benermaßen schwierig (in vieler Hinsicht auch nicht notwendig, weil und insofern die Gruppen selbst sich ihre Themen setzen).
  2. Koordinierung ist aber unabdingbar notwendig zur Durchsetzung unse­rer Interessen als Friedensbewe­gung (und es ist notwendig, offen und immer wieder zu sagen, daß wir die verschiedensten friedlichen In­teressen haben, die wir verwirklicht sehen wollen!). Dazu wären von Seiten des KA nötig:
    a) eine bundesweite Koordinations­hilfe für alle ähnlich gelagerten Friedensaufgaben,
    - inhaltlich (Beispiel: KA-Rundbrief als Forum)
    - organisatorisch (Beispiel: Adressenli­ste von Initiativen der Tieffluggeg­ner, wie jetzt von der DFU in NRW herausgegeben);
    b) eine rasche bundespolitisch wirk­same Aktionsbereitschaft
    - gegenüber den politischen Verant­wortlichen in diesem Lande und medienwirksam, um dort auf die permanenten Friedensgefährdun­gen durch politische und militäri­sche Maßnahmen einzugehen;
    - um auf unsere friedenspolitischen Konzepte und Maßnahmen einer friedlichen Gestaltung unserer Ge­sellschaft aufmerksam zu machen und sie einzufordern;
    - um in enger Rückbindung an die Ba­sisgruppen der Friedensbewegung neue wichtige Anstöße aufzugreifen und sie bundesweit auszustrahlen;
    c) eine Verdichtung aller Aktivitäten zu einer (oder mehreren) bundes­weiten Aktion(en), wenn dafür der geeignete Zeitpunkt und die Bereit­schaft in der Basis gegeben ist.

Für alle diese Punkte wäre eine Selbstlähmung oder gar Auflösung des KA kontraproduktiv, ja verhängnisvoll. Ein wichtiges politisches und organisatorisches Instrumentarium würde der Friedensbewegung fehlen. Jetzt - mitten auf der Durststrecke - stehen zu bleiben, würde mehr Schaden anrich­ten als selbst den Zweiflern (und den am jetzigen Zustand des KA Ver­zweifelnden) lieb sein könnte."

 

Inge Schneider für die Bürgerinitiative Düsseldorfer gegen Atomraketen:

 

  1. Wir sind der Ansicht, daß eine zentrale Anlauf - und Informationsstelle für die Friedensbewegung auch in Zukunft notwendig ist, de­ren Aufgabenbereich und Kompe­tenz sich nicht in der Sammlung von Informationen aus einzelnen Bür­gerinitiativen erschöpfen darf. Die Zentrale der Friedensbewegung muß politisch handlungsfähig blei­ben bzw. werden.
  2. (...)
  3. Wir fordern, daß die Vertretung der Interessen einzelner Friedensinitia­tiven in der Friedensbewegungs-"zentrale" neu geregelt werden muß. Die jetzigen im KA vertretenen Or­ganisationen und Initiativen reprä­sentieren nicht mehr das Spektrum der FB. Vor allem regionale, städti­sche und berufliche Initiativen müs­sen in Zukunft Mitsprache- und Stimmrecht in der Zentrale erhalten.
  4. Wir sind uns bewußt, daß eine zu­künftige Zentrale keine friedenspolitische Orientierung herbeizaubern kann; die seit zwei bis drei Jahren intensiv geführte Diskussion über eine Zukunftsorientierung jedoch darf nicht abreißen. Insofern hätte die neue Zentrale sehr wohl auch programmatisch-ideologische Auf­gaben. Es wäre ein Trugschluß, trotz erkennbarer Lernprozesse die Forderungen der Friedensbewegung bei den politisch-parlamentarischen Parteien in guten Händen zu sehen.
  5. Wir fordern, daß die neu zu bil­dende Zentrale spätestens im Früh­jahr 1990 einen kompetent vorberei­teten Ideenkongreß der Friedens­bewegung veranstaltet.

Wir müssen wegkommen von Kampa­gnen- und Demonstrations-Illusionen (z. B. Veto-Kampagne oder Berlin-Demo) und das gemeinsame Nach­denken sowie die gemeinsame Öffent­lichkeitsarbeit nicht als "Denkpause" fehlinterpretieren. Die Friedensbewe­gung krankt nicht an Themen- und Arbeitsmangel, sondern an traditiona­listischen Romantizismen."

 

Luisa Schardin für die Friedensinitia­tive Ismaning:
"Wir von der Friedensinitiative Isma­ning würden es sehr bedauern, wenn der Koordinierungsausschuß seine Ar­beit einstellen würde. Die Begründun­gen von der Aktion Sühnezeichen können wir als Außenstehende nicht beurteilen, wir empfinden sie als bös­artig.

Unserer Erfahrung nach ist die Frie­densbewegung nicht mehr breit ver­wurzelt in der BRD, die einzelnen Ini­tiativen lösen sich auf (auch wir sind nur noch zu dritt), Veranstaltungen werden sehr schlecht besucht und zu Demonstrationen (in München) kön­nen immer weniger Menschen. Gerade deshalb ist es für uns als mittlerweile kleine Friedensbewegung wichtig, z. B. über die Modernisierung bzw. die Auf­rüstung der Bundeswehr und der NATO genaue Informationen zu be­kommen.

Dringend nötig sind unserer Meinung nach auch Anstöße zu Aktionen, die bundesweit koordiniert werden und entsprechende Beachtung in den Me­dien finden müssen.

Es ist nicht im Sinne der Friedensbe­wegung, sich durch innere Streitereien zu zersplittern."

 

Käthe Zitzman für die Marler Frauen für den Frieden:
"(...) Die Erstellung des Rundbriefs sehen wir als eine der wichtigsten Auf­gaben des KA, die auf keinen Fall auf­gegeben werden dürfte.

Die Friedensbewegung braucht ein re­präsentatives Organ, das

a) die vielfältigen Ideen, Aktivitäten, die Schwerpunkte und diskutierten Themen der verschiedenen Organi­sationen und örtlichen Initiativen und Gruppen für die Öffentlichkeit widerspiegelt und das

b) gleichzeitig eine Verbindung schafft zwischen den Gruppierungen in der Friedensbewegung durch den Aus­tausch von Informationen, Erfah­rungen usw.

Dazu ist es notwendig, daß der KA Kontakte erhält und knüpft zu mög­lichst allen bestehenden Organisatio­nen und Basisgruppen.

Das setzt natürlich voraus, daß er die entsprechenden Rückmeldungen von der Basis her bekommt.

Solche wechselseitigen Kontakte sind unbedingt notwendig, wenn aus aktu­ellem, dringenden Anlaß bundesweit agiert werden müßte.

Dagegen meinen wir, daß es momen­tan nicht gegeben ist, regelmäßig jedes Jahr bundesweite Großdemonstratio­nen zu organisieren, weil viele von uns in intensiver Kleinarbeit in verschie­dene Institutionen und Gremien unse­rer Gesellschaft ihre Kräfte investieren und dadurch ausgelastet sind."

 

Reinhard Eismann, Bad Nenndorf:
"(...) Der Fortbestand des Koordinie­rungsausschuß hat nur dann Sinn, wenn er reformiert wird. Eine solche Reform sollte meines Erachtens fol­gende Punkte umfassen:

  • Erweiterung des KA um neue Grup­pen (berufsspezifische Friedensinitiativen, Ökologiegruppen, antifa­schistische Gruppen). Daraus folgt: der KA muß die Vielfalt, die an der Basis existiert, widerspiegeln.
  • Auflösung des Spektrum-Schemas innerhalb des KA
  • Der KA muß die Rückmeldungen der Basis beachten und darauf reagie­ren (und nicht wie bei der Aktions­konferenz im April dieses Jahres die Stimmung an der Basis einfach ignorieren und sich seine Beschlüsse nur noch absegnen lassen wollen).
  • Der KA muß die Selbständigkeit der Basis respektieren. (Es kann nicht angehen, daß der KA bei der Lin­nich-Demonstration 1988 den Koordinationskreis Linnich prinzipiell die Kompetenz und das politische Mandat abspricht, an der Mobilisie­rung ohne KA-Genehmigung zu ar­beiten. Jede FI in diesem Land hat ihre eigenen Kompetenz und ihr ei­genes politisches Mandat. Der KA ist und darf kein bestimmendes "Zentralkomitee" sein.)
  • Zurückstufung des KA zu einem Be­ratungs- und Koordinierungsgre­mium ohne politisches Mandat.
  • Erweiterung der Aufgabenbereiche auf Neofaschismus-Rechtsextre­mismus, Antifaschismus und Frie­densfähigkeit der Gesellschaft nach außen und innen."

Mani Stenner für das Bonner Friedensplenum:
"(...)

Bedarf und Konsequenzen:

Der Koordinierungsausschuß hat mit seinem letzten Enthaltsamkeitsbe­schluß eine an sich richtige Einsicht gezeigt: Das Gremium repräsentiert (u.a. wegen der aus Sorge um das po­litische Gleichgewicht motivierten Zurückstellung von Aufnahmeanträgen wichtiger Gruppen) die Friedensbewe­gung nicht mehr, hat seine auf zentrale bundesweite Aktionen abgestellte Ar­beitsweise nicht den realen Gegeben­heiten angepaßt, seine Diskussions- und Entscheidungsprozesse werden von der Basis seit längerem nicht mehr als demokratisch erlebt.

Gleichzeitig aber fehlt den Aktiven vor Ort spektrenübergreifendes und par­teiunabhängiges Informationsmaterial zu den Themen, die in den Medien eine Rolle spielen bzw. zu denen wir etwas zu sagen hätten: "Modernisie­rung", MBFR, START, chemische Ab­rüstung, Übersiedler und Wiederver­einigung, Ideen für ein friedliches Eu­ropa mit ökologischer und sozialer Verantwortung, gerechte Weltwirt­schaftsordnung, ...

Ausländische Gruppen wollen "die Friedensbewegung" als Ansprechpart­ner, eine Koordination auf europäi­scher Ebene wäre dringend zu intensi­vieren, die deutsch-sowjetische Frie­densarbeit soll fortgesetzt werden, BürgerInnen, Friedensgruppen und Presse sind an einem Auskunfts- und Service-Büro interessiert. Man will voneinander wissen und miteinander diskutieren. Das "FriedensForum" und evtl. briefliche Aktionshinweise aber auch die Organisation von größeren Beratungstreffen sind nötig. Oft inte­ressiert auch die Meinung "der Frie­densbewegung" als moralischer oder fachlicher Instanz. Außerdem: Wie damals nach der Bombardierung liby­scher Städte gelungen, hätten sich nach dem Massaker in China viele Menschen eine schnell handlungsfä­hige Friedens- und Demokratiebewe­gung gewünscht. (...)"

 

Dr. Henning Schierholz für das Frie­densforum für Stadt und Landkreis Nienburg-Weser:
"(...) Es bedarf jetzt einer Perestroika für den KA:

a) Ich halte eine Erneuerung des Ver­ständnisses von Bündnispolitik für unumgänglich, die zunächst ein­mal der Autonomie und den Schwerpunkten der jeweiligen Mit­glieder Vorrang gibt. Dem erneu­erten KA sollten lediglich noch die­jenigen Organisationen angehören, die eine eigene friedenspolitische Arbeit vorweisen und begründen können, wo und auf welchen Fel­dern sie mit anderen kooperieren (wollen). Daraus können sich von mehreren KA-Organisationen, durchweg aber nicht vom KA selbst getragenen Kampagnen entwickeln (etwa. 'Kürzt den Rüstungsetat'; 'Bundesrepublik ohne Armee' ...), bei der eben nicht alles unter dem großen Dach 'Koordinierungsaus­schuß' verschwindet, sondern in der die beteiligten Organisationen ihr eigenes Profil wahren bzw. auf­bauen können.

Die Kommunikation dazu und dar­über zu verstärken, Termine zu sammeln und kundzutun, Ge­sprächsrunden zu organisieren usw. halte ich für die Aufgabe des KA.

b) Ein herausgehobener Stellenwert kommt meines Erachtens einer möglichst breit getragenen, zunächst auf fünf Jahre angelegten 'Kampagne zur Unterstützung von Glasnost und Perestroika in Osteu­ropa' zu. In Weiterverfolgung unse­rer deutsch-sowjetischen Bemühun­gen im letzten Jahr halte ich es für unerläßlich, aktiv von unserer Seite für die Unterstützung der Reform­prozesse in der Sowjetunion, in Po­len, Ungarn und (jawohl) der CSSR und der DDR einzutreten. Ele­mente einer solchen Kampagne sind die Intensivierung sowohl des bila­teralen als auch des internationalen Dialogs, Spendensammlungen hier für bestimmte Projekte in Osteu­ropa, Abschluß und Unterstützung von Kooperationsprojekten mit osteuropäischen Partnern, schließlich das ganze Feld der politischen Mobilisierungs- und Bewußtseinsarbeit für den dortigen Reformprozeß. Zur inhaltlichen Ausgestaltung ei­ner solchen Kampagne fehlt mir hier der Platz; den konzeptionellen Rahmen habe ich in einem Thesen­papier 'Entmilitarisierung', 'Deut­sche Frage' und die 'politische Neu­ordnung Europas' entwickelt, das ich auf Anforderung gern ver­schicke.

Da nach meiner Auffassung der po­litische Umstrukturierungsprozeß im Verhältnis Westeuropa-Osteu­ropa (und in letzterem selbst) erst am Anfang steht und auch Rück­schläge nicht auszuschließen sind, halte ich dies für eine dringliche, faszinierende und ungeheuer dyna­mische Aufgabe, der sich die Frie­densbewegung stellen muß."

 

Peter C. Walther für die Bundeskoordination Betrieblicher Friedensarbeit:
"(...)

Unsere Erwartungen:

Ein "KA", der mehr zentrale Info­stelle-zentraler Arbeitskreis ist, zur Wahrnehmung von Dienstleistungs­aufgaben:

  • Infopool (zur gegenseitigen Unter­richtung),
  • Hilfestellung/Organisierung von Dis­kussionen, Gedankenaustausch, Er­örterungen,
  • Hilfestellung leisten für örtliche, re­gionale und spezifische Friedensini­tiativen (z. B. durch Rundbrief, Ma­terialdienst),
  • "Grundlagenforschung", die einzelne Friedensinitiativen überfordern würde, anregen, fördern, betreiben,
  • Vernetzung der einzelnen Friedensi­nitiativen - ohne 'Überorganisation' und ohne 'ZK'."

Ausgabe

Rubrik

Im Blickpunkt