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Solidarität für Frieden in Sarajevo
Ein Solidaritätsbesuch bei der Bevölkerung von Sarajevo
von
Voraussichtlich in der Zeit zwischen dem 5. und dem 15. Dezember 1992 wird eine große Gruppe von FriedensaktivistInnen für fünf Tage Sarajevo besuchen, um der unter dem Krieg leidenden Bevölkerung ihre Solidarität auszudrücken, auf eine friedliche Lösung des Konfliktes zu drängen und die Einhaltung der Menschenrechte einzufordern. Gerade angesichts der Tatsache, daß der Krieg in Bosnien-Herzegowina gerade droht, aus der öffentlichen Aufmerksamkeit zu verschwinden, schien es jetzt dringend notwendig, mit einer solchen Aktion ein Zeichen der Solidarität mit den Opfern des Krieges zu setzen. Wenn nicht bald eine Wende in dem Krieg eintritt, steht zu befürchten, daß vielleicht Hunderttausende im kommenden Winter verhungern oder erfrieren.
Während des Besuches in der nun neun Monate vom Krieg heimgesuchten Stadt stehen ein ökumenischer Gottesdienst mit Orthodoxen, Moslems and Katholiken, eine Begegnung mit BürgerInnen Sarajevos und mehrere Treffen mit der Friedensbewegung sowie PolitikerInnen auf dem Programm.
Der Besuch wird von der italienischen Gruppe Dei Beati i Construttori di Pace organisiert. Der Bund für Soziale Verteidigung hat zu der Aktion mit aufgerufen und die Vorbereitung in Deutschland koordiniert. In Sarajevo wird sie in erster Linie von dem Internationalen Friedenszentrum unterstützt, das schon vor Monaten die europäischen Friedensbewegungen eingeladen hatte, Sarajevo zu besuchen. Auch in Kroatien und Serbien findet sie, wenn auch kritische, Unterstützung.
Die BesucherInnen fühlen sich der aktiven Gewaltfreiheit verpflichtet. Wer sich an dem Solidaritätsbesuch beteiligen wollte, mußte Erfahrungen in Gewaltfreier Aktion nachweisen und ein Vorbereitungstraining absolvieren. Um zu vermeiden, daß die BesucherInnen der Bevölkerung Sarajevos zur Last fallen, wird alle Verpflegung, Wasser und sonstiger Bedarf mitgenommen. Außerdem werden verschiedene nützliche Güter wie Medikamente zum Beispiel im Gepäck sein.
Zu dem Zeitpunkt, an dem dieser Artikel geschrieben wird, steht die TeilnehmerInnenzahl noch nicht fest. Es wird mit fünfhundert bis siebenhundert Personen mindestens gerechnet. Die überwiegende Mehrzahl von ihnen wird aus Italien kommen, daneben nehmen Menschen aus Österreich, Kroatien, Serbien, Spanien, den USA und der Bundesrepublik teil.
Es wurden während der Vorbereitung von verschiedener Seite auch Kritik an dem Projekt geäußert. Neben der häufig zu hörenden Ansicht, daß es einfach undurchführbar sei, wurde u.a. kritisch gefragt, ob nicht andere Aktionen, z.B. in Gefangenenlager zu gehen und für ihre Schließung zu demonstrieren, sinnvoller sei. Der BSV hat auch selbst anfänglich in dieser Richtung argumentiert. Aber letztlich war ausschlaggebend, daß ein Besuch in Sarajevo das einzig organisatorisch Realisierbare und vom Risiko her Kalkulierbare schien. Andere Aktionen direkter gewaltfreier Intervention sind vielleicht in Zukunft möglich, auch aufbauend auf den Erfahrungen, die wir in Sarajevo sammeln werden.