www.lobbying4peace.de

Eine Lobby für Frieden und Abrüstung

von Marvin Mendyka
Schwerpunkt
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Lobbyarbeit ist in den vergangenen Jahren immer stärker in den Fokus der Arbeit verschiedener Friedensorganisationen gerückt. Doch das ist nicht ganz unumstritten. Auch das Netzwerk Friedenskooperative hat im vergangenen Jahr mit der Aktionswebsite www.lobbying4peace.de eine Plattform für Lobbyarbeit „von unten“ an den Start gebracht. Doch wie ist die Bilanz?

Bedingt durch die Corona-Pandemie sind viele Aktivitäten der Friedensbewegung auf der Straße in den vergangenen eineinhalb Jahren weggebrochen. Doch wie kommt der Druck der Friedensbewegung auch ohne Demos und Kundgebungen im Politikbetrieb an? Neue Aktionsformen mussten her! Das Netzwerk Friedenskooperative entschloss sich deshalb, im Sommer 2020 „Lobbying4Peace“ zu starten. Über die Website können Aktive Protestmails zu bestimmten Themen an die Abgeordneten aus ihrem Wahlkreis oder ausgewählte Entscheidungsträger*innen aus den Parteien senden. Häufig handelte es sich bei diesen Lobbying-Aktionen um Kooperationen des Netzwerkes Friedenskooperative mit Kampagnen und Initiativen aus der Friedensbewegung, wie etwa „abrüsten statt aufrüsten“ oder der Kampagne „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!“.

Ein Jahr „Lobbying 4 Peace“ erfolgreich?
Die Erfolge dieser Aktionen fallen recht unterschiedlich aus. Der größte Erfolg, der mit „Lobbying4Peace“ erzielt werden konnte, war, dass die SPD im vergangenen Jahr ihr „Ja“ zur Anschaffung von bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr vorerst verweigerte. Die „Frankfurter Rundschau“ hielt dazu fest: „Trau dich, SPD, fordert das Netzwerk Friedenskooperative und lanciert eine Mail-Aktion an Bundestagsabgeordnete der Partei. »Sag Nein zu bewaffneten Drohnen.« Parteichef Norbert Walter-Borjans traut sich – allerdings nur ein bisschen. Er sagt nicht Nein, aber er bremst das Rüstungsprojekt. Und stellt sich so gegen die drängelnde Union und gewichtige Verteidigungspolitikerinnen und -politiker in den eigenen Reihen.“ (1)
Bei anderen Aktionen fiel der Erfolg bescheidenerer Aus. Aktionen rund um das „Future Combat Air System“ (FCAS) konnten immerhin dazu beitragen, dass das Thema auch außerhalb der sicherheitspolitischen Bubble kritisch diskutiert wurde. Eine weitere „Lobbying4Peace“-Aktion, mit der die SPD aufgefordert wurde, einen Bundestagsbeschluss herbeizuführen, dass Deutschland als Beobachter bei der ersten Staatenkonferenz des Atomwaffenverbotsvertrags im kommenden Jahr dabei sein solle, wurde in der Form zwar nicht umgesetzt. Wohl aber fand die Forderung Einzug in das Wahlprogramm der SPD.

Lobbyarbeit „von unten“
Bei den Aktionen über die Aktionswebsite des Netzwerks Friedenskooperative handelt es sich jedoch um etwas anderes, als das, was man landläufig unter Lobbyismus versteht. Unter Lobbyismus wird generell der Versuch von Interessengruppen verstanden, Einfluss auf die Politik zu nehmen. Das ist grundsätzlich nichts Verwerfliches. Dass Interesse an Volksvertreter*innen herangetragen werden, ist der Normalfall in einer repräsentativen Demokratie. Problematisch wird es dann, wenn dies auf intransparente Weise geschieht oder teilweise ganze Gesetzestexte von Vertreter*innen aus der Industrie vorgeschrieben werden.

Perspektiven für Friedenslobbyismus
„Wir sollten den Rüstungslobbyist:innen und Militärs nicht die Parlamente überlassen, sondern auch hier gegenhalten und uns auf diesem Parkett verstärkt für Frieden einsetzen“, forderte Elvin Çetin, Referentin für Lobbyarbeit des DFG-VK-Bundesverbandes, erst kürzlich in einem Beitrag für das DFG-VK-Magazin ZivilCourage. Die DFG-VK hat diese Stelle in diesem Jahr eingerichtet, um wichtige Entscheidungsträger*innen besser zu bearbeiten – auch wenn die Schaffung dieser Stelle nicht ganz ohne größere Debatten abgelaufen sein dürfte, wie ein Blick in die Leser*innenbriefe der ZivilCourage andeutet.
Neu sind die Anstrengungen, verstärkt auf Lobbyarbeit zu setzen, jedoch nicht. Diesen Ansatz verfolgten auch bereits abgeschlossene Kampagnen aus der Friedensbewegung, wie etwa „MACHT FRIEDEN. Zivile Lösungen für Syrien“, welche von 2016 bis 2020 aktiv war. Die Kampagne „unter 18 nie! Keine Minderjährigen in die Bundeswehr“ hat ebenfalls einen Schwerpunkt im Bereich der Lobbyarbeit. Das zahlt sich aus. Auch ohne größere Aktionen gelingt es der Kampagne, dass sich die Parteien oder die Wehrbeauftragte des Bundestages zu ihren Forderungen verhalten müssen.
Die Friedensbewegung sollte sich der Lobbyarbeit nicht grundsätzlich verschließen, sondern aus den bereits gemachten Erfahrungen lernen und Lobbyarbeit als ein wichtiges weiteres Tool begreifen, um ihre Forderungen in die Politik zu tragen. Den klassischen Protesten auf der Straße tut dies kein Abbruch. Im Gegenteil: Beides – Protest und Lobbyarbeit – haben die Möglichkeit, voneinander zu profitieren.
 
Anmerkungen

1 Karin Dalka (09.12.2020). Mut zum Nein. Frankfurter Rundschau. https://www.fr.de/meinung/kommentare/mut-zum-nein-90126528.html.
2 Elvin Çetin. Das Konzept für die Lobbyarbeit des DFG-VK-Bundesverbands. ZivilCourage 3/2021. https://zivilcourage.dfg-vk.de/das-rad-in-die-richtige-richtung-drehen/.

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Referent für Social-Media und Öffentlichkeitsarbeit beim Netzwerk Friedenskooperative.