Eine Massenpetition für die Rechte eines weltweiten Subproletariats!

von Thomas HohlfeldDirk Vogelskamp

Das Komitee für Grundrechte und Demokratie hat eine Initiative für die Unterzeichnung der UN-Konvention zum "Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und deren Familienangehörigen" in Form einer Massenpetition gestartet, die im Dezember diesen Jahres dem Petitionsausschuss übergeben werden soll.

Weltweit nimmt die Entwurzelung von Menschen zu. Das ist unter anderem eine Folge dessen, was allgemein als "neoliberale Globalisierung" bezeichnet wird. Gemeint ist damit die expansiv gewaltsame Durchdringung aller Lebensverhältnisse bis in den letzten Weltwinkel hinein und ihre Zurichtung nach den Erfordernissen der Kapitalverwertung. Deshalb sind unzählige Menschen gezwungen, sich aufzumachen aus den Schütterzonen der Globalisierung, aus wirtschaftlichen Depressionsregionen und politischen Krisengebieten. Diese globalen Wanderungsbewegungen machen auch vor den tödlich befestigten Grenzen nicht halt - auf der Suche nach existenzsichernder Arbeit, Schutz, Einkommen und menschengerechten Lebensperspektiven.

Einem Teil der unerwünschten MigrantInnen gelingt es dennoch, unerlaubt in die Wohlstandszonen vorzudringen. Dort werden sie von den informellen und Arbeitsmärkten aufgesogen. Diese ArbeitsmigrantInnen bilden das profitabel ausbeutbare Unterfutter einer globalisierten Ökonomie, die den Preis für die Weltmarktware Arbeitskraft drückt. Dies gilt insbesondere für jene arbeitsintensiven Sektoren (Bauwirtschaft, Landwirtschaft, hausnahen Dienstleistungen, Gastronomie, Pflegewirtschaft usw.), die nicht in andere Länder ausgelagert werden können. Die "unsichtbaren Arbeitskräfte" schuften unter sklavenähnlichen, menschenunwürdigen Bedingungen und sind fortwährender Diskriminierung, Ausbeutung und Gewalt ausgesetzt.

Gegen diese Praxis wendet sich die UN-Konvention, die in der Überzeugung geschaffen wurde, dass es notwendig sei, Menschenrechte für ImmigrantInnen präzise zu bestimmen, ihre Beachtung zu überwachen und Möglichkeiten ihrer besseren Durchsetzbarkeit in der Praxis zu schaffen. Sie sichert ArbeitsmigrantInnen - unabhängig von ihrem aufenthaltsrechtlichen Status - grundlegende politische, persönliche und soziale Menschenrechte zu. So das Recht auf Freiheit, auf Bildung, auf körperliche Unversehrtheit und medizinische Behandlung, auf angemessene Bezahlung, rechtsstaatliche Verfahren. In der BRD ist diese UN-Konvention weitgehend unbekannt geblieben, obwohl sie seit dem 1.7.2003 in Kraft getreten ist, nachdem mehr als 20 Staaten sie ratifiziert haben.

Das, was die UN-Konvention speziell auf WanderarbeiterInnen bezogen normiert, ist bereits im Kern auch in der von der BRD unterzeichneten Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 (vgl. Art. 1, insbesondere Abs. 2 + 3 GG) und anderen internationalen Abkommen enthalten. Diese Menschenrechtsbestimmungen müssten in der BRD "unmittelbar", d.h. gerade auch für WanderarbeiterInnen, gelten. Die rot-grüne Bundesregierung begründet ihre Weigerung eines wirksamen Schutzes der Menschenrechte von WanderarbeiterInnen, wie er mit der UN-Konvention angestrebt wird, jedoch damit, dass dies einen "Anreiz" darstellen könne, ohne eine Erlaubnis in Deutschland zu leben und zu arbeiten.

Da die Bundesregierung bislang nicht bereit ist, die UN-Konvention zu ratifizieren, will das Komitee für Grundrechte und Demokratie mit seiner Petition eine öffentliche und parlamentarische Debatte über die UN-Konvention in Gang setzen und damit die fortwährende Einschränkung fundamentaler Menschenrechte von arbeitenden und vielfach illegalisierten ImmigrantInnen thematisieren.

Das vierseitige Petitionsfaltblatt für die Unterschriftensammlung kann angefordert werden unter: Komitee für Grundrechte und Demokratie, Aquinostr. 7-11, 50670 Köln, info [at] grundrechtekomitee [dot] de

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Thomas Hohlfeld ist Politikwissenschaftler und seit 2006 Fachreferent der Bundestagsfraktion DIE LINKE für die Themen Migration, Integration und Flüchtlinge, zudem langjähriges Mitglied im Arbeitsausschuss des Komitees für Grundrechte und Demokratie. 2006 promovierte er zur Verwaltungspraxis des Umgangs mit Flüchtlingen („Strategien der Ausschaffung – Eine Archäologie der Flüchtlingsbürokratie“). Von 1992 bis 2006 arbeitete er in zwei Asylberatungsstellen in Berlin, vorwiegend mit Flüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien.
Dirk Vogelskamp ist Referent des Komitee für Grundrechte und Demokratie.