Eine Stiftung zur Förderung des gewalt¬freien Gedankenguts??

von Henning Schierholz
Initiativen
Initiativen

Öffentliche Aufforderung zu Straftaten, Behinderung einfahrwilliger Kraftfahr­zeuglenker oder Störung der öffentli­chen Ordnung: So oder ähnlich waren die Vorwürfe begründet, die Ende der achtziger Jahre zu einer Verurteilung zahlreicher "FriedensblockiererInnen" wegen Nötigung auf der Basis von _ 240 STGB führten. Doch der Zusam­menbruch des früheren Ostblocks führte auch zu einer Aufweichung der herr­schenden Juristenmeinungen. Am 10. Januar 1995 verließ das Bundesverfas­sungsgericht seinen bisherigen Kurs und erklärte die "erweiternde Auslegung des Gewaltbegriffs", lies die Beurteilung gewaltfreier Sitzblockaden und ähnli­cher Aktionen des zivilen Ungehorsams, mit Artikel 103 Abs. 2 für unvereinbar. Derartige Handlungen, so die Karlsruher Gralshüter, seien künftig nicht zu be­strafen, sondern als Ordnungswidrigkeit zu bewerten. Die Folge: Mehrere hun­dert, vornehmlich in Rheinland-Pfalz und Baden-Würtemberg verurteilte Rü­stungsgegnerInnen sehen seit einigen Wochen einem unverhofften Geldsegen entgegen; den anderen (soweit sie die Wiederaufnahme des Verfahrens bean­tragt haben) steht dies bevor. Ungeach­tet grundsätzlicher Bewertungsunter­schiede (vgl. Artikel von Klaus Vack in FF 2/95) sind jetzt Initiativen in Gang gekommen, die rückerstatteten Strafgel­der, nach vorsichtigen Schätzungen mehrere hundertausend DM, in eine Stiftung einzubringen. Frühere GRÜ­NEN-MdBs, MitarbeiterInnen von EI­RENE und Alt-Aktivisten aus dem Hunsrück und Mutlangen wollen ihre seinerzeit abgedrückten Geldsum­men nicht zur privaten "Bereicherung", son­dern für ein gesellschaftspolitisches Zeichen verwenden: Für die Ermun­terung und auch praktische Unterstüt­zung weiterer gewaltfreier Aktionen und des zivilen Ungehorsams. Betroffene sind hiermit aufgefordert, sich beim Büro des "Netzwerk Friedenskooperati­ve" zu melden. Wenn sich abschätzen läßt, daß genügend Menschen mitma­chen, könnte zu einem Beratungstreffen über eine Stiftung geladen werden.

Der frühere MdB Henning Schierholz wurde wegen Aufrufs zur Blockade im Hunsrück verurteilt.

Ausgabe

Rubrik

Initiativen