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Erklärung von Alba Kör zu dem NATO-Beitritt Ungarns
vonAlba Kör (Alba Kreis) lehnt als eine gewaltfreie Friedensbewegung aus folgenden Gründen den Beitritt Ungarns zum Nordatlantik-Pakt ab:
1. Unserer Ansicht nach kann die dauerhafte Sicherheit unserer Region nur durch die Integration nicht-militärischer Strukturen gewährleistet werden.
2. Für uns schließt Sicherheit auch Souveränität als Staat, politische Stabilität, Menschenrechte, Respekt des Eigentums, relative wirtschaftliche Unabhängigkeit, eine Lösung für die Schuldenkrise, soziale Sicherheit, demographisches Gleichgewicht, Verbesserung der Gesundheitsfürsorge und Umweltschutz ein. Militärische Sicherheit kommt erst, wenn diese genannten Komponenten der Sicherheit erreicht und gewährleistet werden.
3. Wir protestieren auch gegen die vorgeschlagene Mitgliedschaft in der NATO, weil ungarischen und ausländischen Sicherheitsexperten zufolge Ungarn nicht durch einen militärischen Angriff irgendeiner Seite bedroht ist. Es sind nur falsche Gerüchte, daß Ungarn durch einen Angriff Rußlands, der Ukraine, der Slowakei, Serbiens oder Rumäniens in einen totalen Krieg verwickelt werden könnte. Es gibt keine ausreichenden geopolitischen, Sicherheits- oder militärische Gründe, die NATO zu bitten, uns unter ihre Fittiche zu nehmen.
4. Die Mitgliedstaaten des Warschauer Pakts haben vier Jahrzehnte lang viel mehr Geld für Waffen ausgegeben, als sie sich leisten konnten. Jetzt entwickeln die Länder unserer Region ihre Armeen in der Hoffnung, der NATO so bald als möglich beitreten zu können. Um das Militär zu modernisieren oder zu vergrößern, wird Geld von anderen, wichtigeren Sektoren wie Gesundheit und Bildung genommen werden.
5. Die Fälle der Türkei und Portugals beweisen deutlich, daß ein NATO- Beitritt nicht automatisch zu erhöhtem wirtschaftlichem Wohlstand für ein Land führt.
6. Falls in den Ländern unserer Region Atomwaffen stationiert werden, wird dies nicht nur Umweltprobleme schaffen, sondern Ungarn und seine Bevölkerung werden ebenfalls zu Zielen für Atomwaffen werden.
7. Die fortgesetzte Existenz der NATO zeigt, daß es einen Feind gibt, gegen den diese Organisation aufrecht erhalten werden muß. Wir wollen nicht, daß Ungarn wieder einen offiziellen Feind hat.
8. Die Existenz der NATO und der amerikanisch-russische Rüstungswettlauf können als ein stillschweigendes Übereinkommen der beiden Militärblöcke interpretiert werden. Es liegt im beidseitigen finanziellen Interesse beider Militärlobbies, das Feindbild aufrechtzuerhalten.
9. Die Errichtung von Militärbasen der NATO wird eine neue Welle der Umweltverschmutzung mit sich bringen. Die aufgegebenen sowjetischen Militärübungsplätze würden wieder durch das Militär genutzt und damit die Chance zerstört, sie für zivile Zwecke zu verwenden. Jede Chance, das ökologische Gleichgewicht in diesen Gebieten wiederherzustellen, wird eliminiert.
10. Ungarn hat die Kriege dieses Jahrhunderts immer auf der Seite seiner politisch-militärischen Verbündeten verloren. Der Beitritt zu militärischen Bündnissen kann nicht und wird nicht die nachhaltige Sicherheit Europas, unserer Region oder Ungarns garantieren. Durch den NATO-Beitritt wird sich die geostrategische Position Ungarns nicht verändern. Wir werden weiterhin einer Pufferzone zugehören.
11. Der NATO-Beitritt bedeutet nicht nur keine Sicherheit für das Land, sondern es mag zum Kämpfen und Bluten für fremde Interessen führen.
12. Wir müssen die ungarische Öffentlichkeit daran erinnern, daß ein NATO-Beitritt die freiwillige Aufgabe der Idee der Unabhängigkeit der Revolution von 1848 und der Idee der Neutralität von der Revolution in 1956 bedeutet.
13. Eine militärische Organisation ist nicht dazu geeignet, auf friedlichem Wege jahrhundertealte Konflikte zu heilen. Für die Länder des karpatischen Basins mit ungarischen Minderheiten steht es nicht zur Debatte, der NATO zum gleichen Zeitpunkt beizutreten...
14. Wir können nicht die eigennützigen Interessen der ungarischen Militärlobby unterstützen, die hofft, daß ein NATO-Beitritt zur Transformation der Militärstruktur, Modernisierung der Waffensysteme und Verbesserung ihres eigenen Lebensstandards führt.
15. Es ist wirklich befremdlich, daß die politischen und militärischen führenden Kreise bereits beschlossen haben, daß Ungarn der NATO beitreten soll, wo noch absolut nichts über die Kosten des Beitritts und der Mitgliedschaft bekannt ist.
16. Wir finden es nicht gerechtfertigt, daß wir, nachdem wir gerade aus dem Warschauer Pakt gekommen sind, einem Militärbündnis beitreten müssen, das bis jetzt als ein Todfeind angesehen wurde. Wir können nicht akzeptieren, daß die politischen Führer den NATO-Beitritt ohne öffentliche Diskussion und Referendum vorbereitet haben.
17. Durch die Ausweitung der NATO und die Einbeziehung Ungarns würden wir die Notwendigkeit militärischer Strukturen und speziell jene der NATO rechtfertigen, anstatt sie durch unsere friedlichen Kontakte zu negieren.
18. Die NATO hält durch ihre schiere Existenz eine Haltung am Leben, die auf militarisierter ökonomischer Entwicklung beruht. Dadurch betreibt sie eine extrem teure globale militärische Struktur.
19. Durch ihre Existenz und Ausweitung schafft die NATO einen beständigen Markt für Waffen, und durch ihre Alliierten und Feinde vermittelt sie neue Kunden an die Rüstungsindustrie.
20. Durch ihre Existenz spielt die NATO eine wichtige Rolle dabei, daß ein Großteil der Produkte der Menschheit für militärische Zwecke anstatt für das Wohlergehen der Menschheit verwendet werden.
21. Es ist für uns unakzeptabel, die gewünschte Modernisierung durchzuführen und eine geeintes Europa im Schatten von Waffen zu schaffen; einer Region dadurch zu nützen, daß sie eine andere bedroht.
22. Nach unserer Ansicht verteidigt die NATO das Europa der Konsumenten u.a. gegen die Armen, die Einwanderer, Menschen anderer Religionen oder Kulturen. Die NATO ist ein effektives Instrument, um die soziale Ungerechtigkeit zwischen Regionen und Ländern aufrechtzuerhalten.
23. Für uns symbolisiert die NATO eine Spaltung Europas und der Welt in zwei Teile sowie die Absicht, den Nord-Süd-Konflikt zu konservieren. Sie repräsentiert auch den (falschen) Vorrang der westlichen Zivilisation und des westlichen weißen Mannes.
24. Wir unterstützen den europäischen Integrationsprozess, die Integration der Völker Europas auf der Basis gleicher Rechte, von Vertrauen und gegenseitigem Nutzen. Aber wir unterstützen nicht die exklusive militärische Integration Europas gegen alle anderen.
Neben den oben genannten Gründen ist Alba Kör auch deshalb nicht mit einem NATO-Beitritt einverstanden, weil unser Ziel ein Ungarn ohne Militär ist.
Wir hoffen, eine positive Reaktion in Ungarn und im Ausland auf unsere Position zu erfahren, und wir hoffen, daß auch andere außer uns die Anti-NATO-Position teilen werden. Gleichzeitig bitten wir um die Unterstützung aller demokratischen Kräfte (Organisationen der extremen Linken und der extremen Rechten sind nicht eingeschlossen), bei unseren Anstrengungen gegen einen NATO-Beitritt."