Erste Schritte der Volksdiplomatie

Seit 1985 hat der Christliche Friedensdienst Kontakte zur Religiösen Kommission des Sowjetischen Friedenskomitees. Nach ersten Kontakten auf Delegationsebene und jährlichen Vortragsreisen sowjetischer Referentinnen und Referenten zur Friedenswoche haben wir 1988 ein erstes größeres Projekt der Volksdiplomatie zusammen gestaltet. Zu einer Politischen Pilgerfährt sind 150 kirchliche Mitarbeitende am 8. Mai 1988 in die Sowjetunion gefahren. Aus dieser Fahrt sind zahlreiche örtliche Initiativen und Verabredungen für grenzübergreifende Zusammenarbeit entstanden.  Die Sowjets kommen vom 14. bis 24. April 1989.

Wir haben 50 Gäste des Sowjetischen Friedenskomitees eingeladen, die für ein Woche in Zweier- und Vierer Gruppen in 20 bis 25 Gemeinden bleiben. Veranstalter sind neben dem Christlichen Friedensdienst PAX Christi und natürlich die örtlichen Gruppen und Gemeinden. In den Begegnungen am Ort kann Volksdiplomatie, das Suchen nach gemeinsamen Wegen des Lebens und Überlebens geschehen. Neben dem gegenseitigen  Kennenlernen in unseren alltäglichen Lebenszusammenhängen gehört deshalb das gemeinsame Nachdenken über die Probleme der Umweltzerstörung, Rüstung und Sozialabbau zu den Begegnungen dazu. Die Gäste werden in Familien übernachten können. In der Sowjetunion hatten wir das Privileg beeindruckender Begegnungen mit den sowjetischen Menschen. Vieles von diesen Begegnungen haben wir zu Hause erzählt und jetzt haben wir die Möglichkeit, diese Begegnung bei uns in unseren Gruppen/ Gemeinden fortsetzen zu können und viele Interessenten aus unseren Gruppen und Gemeinden dazu einladen.
In dieser einen Woche wird die Gruppe/Gemeinde Gastgeber in jeder Hinsicht für die sowjetischen Gäste sein müssen. Vorträge und Diskussionen sind eine Form; aber durch die Chance zu Gesprächen in kleinen Kreisen, bei Seniorengruppen, beim Kirchenvorstand oder beim Bier können wir uns in ganz anderen Formen nahe kommen. Wir werden unseren Gästen zeigen können, wo und wie wir leben und arbeiten, wie unsere Heimat aussieht, warum wir am Erhalt des Friedens interessiert sind, und wo wir die Verhältnisse bei uns in kleinen Initiativen und Aktionen verändern. So werden diese Begegnungen Diplomatie des Volkes sein können, wie es die sowjetischen Freunde bezeichnen.
Diese Einladungen kosten Zeit, Anstrengungen und Arbeit, sie sind unser Dienst am Frieden. Diese Besuche machen wie die Politische Pilgerfahrt deutlich, wie wir unseren christlichen Friedensdienst verstehen.
Zur Zeit sind als gastgebende Gruppen und Gemeinden aus folgenden Städten geplant: Rümmingen, Darmstadt, Walldorf, Mainz, Frankfurt, Rodenbach, Hochheim, Lich, Gießen, Bad Homburg, Steinbach, Bovenden, Hildesheim/Hannover, Fürth...

Politische Pilgerfahrt 1989 mit der Männerarbeit
Zum 1. September 1989 planen die Männerarbeit der Ev. Kirche in Hes¬sen und Nassau (EKHN), die Männerarbeit der EKD, die Ev. Erwachsenenbildung in der EKHN und der christliche Friedensdienst eine Politische Pilgerfahrt nach Belorußland. Diese Fahrt vom 25. August bis 3. September steht unter dem Motto "Komm und sieh". Gemeint ist zweierlei: Nach 40 Jahren Verdrängung wollen wir zusammen die Stätten des Vernichtungsfeldzuges gegen die Sowjetunion besuchen. Wir wollen sehen lernen und uns vor den Opfern verneigen. Wir wollen im zweiten Schritt in gemeinsamen Seminaren zu gemeinsam interessierenden Themen (Umweltschutz, Abrüstung, gesellschaftliche Veränderungen, Rolle der Kirchen im gesellschaftlichen Leben) mit Menschen aus verschiedenen Berufsgruppen Zusammenarbeit üben, um diese Zusammenarbeit bitten. Schlußpunkt der Fahrt ist die Beteiligung an den Schulstunden zum 1. September. In der Sowjetunion ist die erste Schulstunde im neuen Schuljahr, jeweils am 1. September, als Friedensstunde festgelegt. (Die Kosten der Fahrt betragen ca. 1300 DM).
Zur thematischen Vorbereitung hat die Männerarbeit der EKD in ihrer Themenreihe "männer forum 2" im August 1988 ein Heft zum Thema "Versöhnung durch Erinnerung'' herausgebracht. Geiko Müller-Fahrenholz beschäftigt sich in einem Aufsatz über das Verhältnis der Bundesrepublik zu Sowjetunion mit unserer "Schamgeschichte", Fulbert Steffensky schreibt zum Thema "Den Opfern einen Na¬men geben". Zu bestellen über die Männerarbeit der EKD oder beim christlichen Friedensdienst, Preis 6 DM.

Austausch mit Litauen
Nach ersten Kontakten in den Jahren 1987 und 1988 werden wir im kommenden Jahr mit einem Austausch zwischen dem Litauischen Friedenskomitee und dem CFD beginnen. Vom 10. bis 17. März erwarten wir zehn Gäste aus Litauen. Ein Gegenbesuch findet Ende Mai, Anfang Juni 1989 statt. Die Kontakte seitens des CFD liegen schwerpunktmäßig in Süddeutschland. Dieser neue Versuch von Volksdiplomatie wird getragen vom Arbeitskreis Sowietunion der Ev. Erwachsenenbildung, 7000 Stuttgart, Hospitalhof, Gymnasiumstraße.
Diese Besuche sollen die ersten Schritte bilden für weitere Absprachen auf dem Gebiet der Verständigungsarbeit durch Begegnungen.
Deutsch-Sowjetische Familienerholung
Das belorussische Friedenskomitee hat uns im November gebeten, Möglichkeiten für Familienerholung im Austausch zu sondieren.
Wer möchte an einem Pilotprojekt teilnehmen und weitere Möglichkeiten sondieren? Wir können uns Perspektiven vor allem im Austausch mit Kirchengemeinden vorstellen. Kontaktanschrift: Christlicher Friedensdienst e. V., Rendelerstr. 9 - 11, 6000 Frankfurt/Main 60, Tel 069- 459071.

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