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Eurofighter am Ende?
von"Ende, es ist zu Ende, es geht zu Ende, es geht vielleicht zu Ende" (Samuell Beckett, Endspiel). Wird das letzte Kapitel in der unendlichen Geschichte um die Beschaffung des Eurofighters aufgeschlagen?
Nach der Sommerpause soll der Bundestag über die größte Verschwendung von Steuergeldern in der Geschichte der Bundesrepublik entscheiden.
Ein neues Jagdflugzeug paßt angesichts fehlender Feinde, gähnend leerer Kassen und der damit verbundenen Sparzwänge nicht in die politische Landschaft. Doch die Bundesregierung steht unter massivem Druck von Daimler-Benz-Areospace (DASA), dem Bau des umstrittenen Jagdflugzeuges zuzustimmen. "Die DASA hat sich durch ihre Größe ein gewisses Erpressungspotential zugelegt" so der CDU-Abgeordnete und Mitglied des Verteidigungsausschusses Thomas Kossendey in einem Interview im Bremer Weser-Kurier am 17. Juni 1997. Die massive Lobbypolitik zugunsten des Eurofighters durch den größten deutschen Rüstungskonzerns macht deutlich: Der militärisch-industrielle Komplex kennt keine freie Marktwirschaft, sondern lediglich eine kapitalistische Planwirtschaft.
Mit allen "wichtigen Politikern" und mit dem Verteidigungs- und Haushaltsausschuß werden (Einzel-)gespräche geführt. Argumentationshilfen zugunsten des Eurofighters werden an alle Bundestagsabgeordnete verschickt. Obwohl die USA erstmalig moderne Offensivwaffensysteme an zehn Länder in Osteuropa liefert (u.a. F-16 Jagdflugzeuge an Polen), die NATO-Erweiterung nach Osten ansteht und Russland ökonomisch und politisch zerfällt, argumentiert Daimler-Benz mit einem diffusen Bedrohungszenario: "Das nach dem Wegfall des Ost-West-Konfliktes entstandene Risikopotential regionaler Konflikte innerhalb und außerhalb Europas erfordert eine angemessene militärische Vorsorge." (Quelle: Wir informieren zur Entscheidung über die Beschaffung des Eurofighter, München Oktober 1996)
Daß es in der Politik, der Wirtschaft und dem Militär des Westens Gruppen gibt, denen eine Neuauflage der strategischen Konfrontation mit Rußland gelegen kommt, zeigt das Beispiel "Eurofighter" - mit einem klaren Feindbild läßt sich eben viel einfacher Politik betreiben, besser Geld verdienen und lassen sich überkommene Strukturen leichter aufrechterhalten. Dieses Feinbild wird - im Gegensatz zur aktuellen von 1996 - in der Vorgängerbroschüre von 1991 unmißverständlich genannt:
"EFA ist in seinem Leistungsniveau ausgerichtet auf die erfolgreiche Bekämpfung der modernsten Flugzeuge der Sowjetunion (!), die auch bei Einsätzen "Out of Region / Out of Area" als Luftkampfgegner zu erwarten sind." (vgl. DASA: "8 Gute Gründe für EFA", Nov. 1991).
So votiert Jürgen Schrempp, Chef des Daimler-Benz-Konzerns mit Vehemenz und ohne Wenn und Aber für die Anschaffung des Eurofighters:
"Nach meiner Meinung spricht alles für dieses Flugzeug, wenn wir denn überhaupt eines für die Luftverteidigung der Bundesrepublik im Rahmen Europas gebrauchen. Und daran zweifelt ja wohl niemand."
Zweifel hat jedoch der Abrüstungsexperte der FDP, Olaf Feldmann:
"Wir sind von Demokratien eingekreist. Das war zu dem Zeitpunkt, als vor ca. zehn bis fünfzehn Jahre der Eurofighter konzipiert wurde, nicht der Fall. Damals gab es eine Bedrohungssituation. Die haben wir heute nicht mehr. ... Wir könnten mit den Russen zusammen ... einen gemeinsamen Jäger entwickeln - wenn er denn so notwendig ist. Aber man muß immer sagen: Gegen wen brauchen wir ein solches Flugzeug?" (Quelle: DLR-Berlin/21.05.97/07.50)
Nach Ansicht des Rüstungs-Informationsdienstes "griephan-brief" (46/96) muß ein neues Jagdflugzeug "insbesondere für die Bekämpfung von bemannten und unbemannten Luftzielen bei jedem Wetter, in allen Höhen und geographischen Einsatzzonen ... über die Fähigkeit zum Luftangriff verfügen." Der Eurofighter ist nicht nur zur Verteidigung gedacht, sondern soll auch für Out-of-area-Kampfeinsätze der Bundeswehr benutzt werden. Doch ein kampfstarker Feind, den die Luftwaffe mit doppelter Schallgeschwindigkeit bekämpfen müßte und mit einer Elektronik, die zwanzig mal soviel leistet wie die eines Tornados, ist nicht in Sicht. Zudem weiß niemand, womit der "Jäger 2000 bewaffnet werden soll.
Volker Rühe geht offenbar davon aus, daß die als modernstes Jagflugzeug der Welt konzipierte Maschine ein Tiger ohne Zähne bleiben soll - für die mit Sicherheit weitere Milliarden Mark kostende Bewaffung etwa hat er in seiner Finanzplanung bisher keinen Pfennig vorgesehen. Festzustehen scheint, daß nicht geplant ist, für das europäische Kampfflugzeug neue Waffen zu entwikkeln, denn damit hätte längst begonnen werden müssen.
Da die Ausrüstung des Jägers von morgen mit den vorhandenen Luft-Luft- und Boden-Luft-Raketen wenig Sinn macht, vermutet der SPD-Verteidigungsexperte Manfred Opel, daß die Bewaffnung in den USA gekauft werden soll, für welches Geld auch immer: "Damit schafft Minister Rühe für Milliarden Deutsche Mark Technologie und Arbeitsplätze - in den USA!"
Das Daimler-Argument: "Das EFA-Programm trägt in hohem Maße zur Sicherung hochwertiger und zukunftsorientierter Arbeitsplätze für die deutsche Volkswirtschaft bei" ist blanker Zynismus. Denn im zivilen Bereich streicht Daimler-Benz kurzerhand Arbeitsplätze mit dem Argument der Wettbewerbsfähigkeit, wogegen sie im Fall des Eurofighters zum Faustpfand aufgebaut werden.
Nach den Behauptungen des Daimler-Benz-Konzerns stehen angeblich bis zu 18.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel, wenn der Eurofighter 2000 nicht in Serie geht. Daimler-Benz-Chef Schrempp droht: "Wenn so ein Produktionsauftrag wegfällt, können wir nicht innerhalb von ein bis zwei Jahren auf eine andere Fertigung umstellen." Daimler käme "aus heutiger Sicht an Werkschließungen nicht vorbei, und dann sind mehrere tausend Arbeitsplätze in Gefahr."
Solche Zahlen werden jedoch nicht mit Fakten untermauert. Nach Berechnungen des Bremer Wissenschaftlers Jörg Huffschmid werden lediglich durchschnittlich etwa 8.600 Personen vierzehn Jahre lang beschäftigt, um die geplanten 180 Eurofighter zu bauen, also knapp halb so viel, wie die DASA und das Verteidigungsministerium behaupten. Das ist aber noch nicht die ganze Wahrheit. Um den Eurofighter 2000 finanzieren zu können, müssen mit Sicherheit Ausgaben in anderen Bereichen gekürzt werden. In diesen Bereichen ist in der Regel - wegen des niedrigeren Produktivitätsniveaus - der Beschäftigungseffekt höher als beim Eurofighter 2000.
Das US-amerikanische, von ehemaligen Admirälen geleitete "Zentrum für Verteidigungsinformationen" sowie deutsche Konversionsexperten gehen davon aus, daß mit verringerten Militärausgaben 25 - 50 % mehr Arbeitsplätze in technologischen Bereichen neu geschaffen werden, als mit Rüstungsmaßnahmen garantiert werden könnten.
Schon mit dem Gegenwert eines Eurofighter 2000 - das sind incl. Bewaffung gut 170 Millionen DM - können im sozialen Bereich z.B.
- 2.800 Krankenschwestern ein Jahr lang ihren Dienst tun,
- 100 Kindergärten neu gebaut werden,
- 550 Frauen und Männer jeweils zwei Jahre lang mit einem Zivilen Friedensdienst zur gewaltfreien Konfliktlösung in Ex-Jugoslawien beitragen.
Statt das soziale Netz zu Lasten der "Kleinen Leute" immer weiter zu durchlöchern, soll die Bundesregierung deshalb auf die Beschaffung der 180 Kampfflugzeuge verzichten. Daimler-Benz- Betriebsrat Gerd Rathgeb fordert Investitionen für ein ökologisch sinnvolles Umrüstungsprogramm für die Energie- und Verkehrswende: "Mit denen können nicht nur Arbeitsplätze erhalten, sondern langfristig sogar zusätzliche Arbeitsplätze entstehen."
In der IG-Metall-Betriebszeitschrift "scheibenwischer" kritisiert der Sindelfinger Betriebsrat den Vorstandsvorsitzenden Jürgen Schrempp: "Warum führt Jürgen Schrempp Gespräche bei der Bundesregierung in Sachen Jagdflugzeug und nicht in Sachen alternativer Formen der Energiegewinnung?"
"Für Rathgeb ist der Bau neuer Jagflugzeuge ein "gesellschaftlicher und politischer Wahnsinn". Denn: "Auf der einen Seite wächst die Zahl der Arbeitslosen, immer mehr armen Teufeln wird das Geld weggenommen und auf der anderen Seite sollen mindestens 30 Milliarden Mark in die Entwicklung und den Bau unsinniger Rüstungsprojekte gesteckt werden."
Dies geschieht in einem Land, in dem schon jetzt 10% der Bevölkerung über 50% des Gesamtvermögens besitzen. Ein Land, in dem die Zahl der Milliardäre immer größer wird. Ein Land, in dem sich die Reichen und die Unternehmer immer weniger an der Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben beteiligen.
Dagegen klaffen immer größere Löcher in den öffentlichen Kassen und in vielen privaten Geldbeuteln. Arbeitslose, Alte, Kranke und kinderreiche Familien müssen ihre Gürtel immer enger schnallen. Für unsere Kinder gibt es keinen Zahnersatz mehr, die Zuschüsse für Brillengestelle werden gestrichen, Kranke werden über Zuzahlungen immer mehr zur Kasse gebeten, die medizinische Rehabilitation und Kuren werden auf drei Wochen begrenzt, die Versicherten müssen jetzt statt zwölf fünfundzwanzig Mark pro Tag zuzahlen und zwei Urlaubstage pro Woche anrechnen lassen, gleichzeitig wird die private Vermögenssteuer gestrichen.
Allein für die Entwicklung des Eurofighters müssen die Steuerzahlenden einer bundesdeutschen Durchschnittsgemeinde 550.000 DM berappen. - Geht der Rüstungsdino in die Serienproduktion kommen je Durchschnittsgemeinde mindestens noch einmal 1,7 Millionen DM hinzu. Alles in allem mehr als 30 Milliarden DM. Dazu kommen noch die milliardenschweren Ausgaben für Wartung, Ersatzteilbeschaffung und Bewaffnung der 180 Abfangjäger und leichten Jagdbomber. Und die zukünftigen Inflations- und Teuerungsraten sind in diesen Zahlen noch nicht einmal berücksichtigt.
Weder "EFA" noch andere neue Kampfflugzeuge tragen zu einem Leben in seiner ganzen Fälle für alle Menschen bei. Im Gegenteil: Sie zementieren die weltweite Ungerechtigkeit, den Willen zur militärischen Konfliktaustragung und machen das Leben für viele zur Hölle. Dagegen könnten mit den für die Serienfertigung des Eurofighters veranschlagten 23 Milliarden DM - laut Bund für Naturschutz in Deutschland (BUND) - eine Millionen Solaranlagen zur
Stromgewinnung, eine Million Solarwärmeanlagen und die Ausrüstung von einer Million Häuser mit Wärmedämmung finanziert werden. Das wäre eine sinnvolle, aktive, ökologische Politik der Arbeitsplatzbeschaffung.