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Europa: militärverfasst und kampfbereit
von(ms) Dass die Redaktion für dieses Heft den Themenschwerpunkt "Europa - militärverfasst und kampfbereit" gewählt hat, ist Ausdruck einer großen Besorgnis. Das bislang immer als zivil mächtig vermutete Europa hat sich in den letzten Jahren massiv auf den Weg zu einer militärischen Weltgroßmacht begeben. Alle Weichen werden in diese Richtung gestellt. Die Union spannt ihre Muskeln auf allen Ebenen stark an. Die "Freiheiten" für Kapital, Waren und für alle dem ungehemmten Kapital-Waren-Kreislauf dienenden Sklaven (Arbeit und Dienstleistungen) sollen - laut Verfassungsentwurf - nicht nur rechtlich, sondern auch massiv militärisch abgesichert werden. Das nach Osten expandierende Europa macht seine Weltmachtstellung zunehmend geltend.
Allerdings ist die Sensibilisierung für die militärisch aufstrebende neue Weltgroßmacht Europa bei den BürgerInnen der Europäischen Union denkbar gering. Die BürgerInnen sollen in diesem Jahr wiederum in (EU-Parlamentswahl-)Urnen ihre Stimmen bestatten, um anschließend - ihrer Stimme entmächtigt - allesamt schweigsam und zuschauend zu bleiben. Aber mehr als Zuschauerdemokratie wird ja auch dem EU-Parlament selbst nicht zugestanden. Es wird regelmäßig und immer wieder "gehört und auf dem Laufenden gehalten" (EU-Verfassung; ungezählte Fundstellen). Das einzige, was wirklich am Laufen ist, sind wohl die Sitzungsgelder für die überangestrengten EU-ParlamentarierInnen.
Auch in der Friedensbewegung fristet jedoch das Thema EU/Militär noch zu sehr eine Randexistenz, oft in Blendung von den Militärbestrebungen und -aktionen der USA. In diesem Jahr werden mit der voraussehbaren Verabschiedung der EU-Verfassung (mutmaßlich im Sommer) entscheidende Weichen gestellt, deren Richtungsimpulse allerdings schon lange vorbereitet wurden. Dennoch ist es wichtig, dass wir als Friedensbewegung in diesem Jahr die Militarisierung der EU zu einem zentralen Thema machen. Auch nach der Verabschiedung der Verfassung gilt es, den Zeitraum zu nutzen, in dem in unserer Republik über die Ratifizierung der Verfassung (ohne Volksabstimmung natürlich!) diskutiert werden wird. Gruppen, die zur EU/Militär-Thematik Veranstaltungen planen, unterstützen wir gerne, z.B. auch bei der Vermittlung von ReferentInnen.
In diesem Schwerpunkt dokumentieren wir auszugsweise wichtige Teile der EU-Verfassung und der neuen Europäischen Sicherheitsstrategie. Diese Dokumente sind zwar öffentlich zugänglich, aber viel zu wenig bekannt, und ob ihrer Komplexität ist es auch schwer, sich durch diese Dokumente durchzuknabbern. Unsere Auszüge sollen dabei helfen und vielleicht zur vollständigen Lektüre ermuntern. In den weiteren Aufsätzen gehen wir auf verschiedene Aspekte des sich wandelnden Europas ein. Lühr Henken beschreibt die konkret geplanten Aufrüstungsmaßnahmen: die materielle Seite der Verfassungsbestimmungen und Strategieplanungen. Weitere Themen sind Kriegsdienstverweigerung in Europa, die aus-schließende Asylpolitik der Union und verschiedene Aspekte der (neoliberalen) wirtschaftlichen Entwicklungsplanungen und -festlegungen, die letztlich den Motor allen militärischen Agierens darstellen.