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Anti-Test-Aktionswoche in Genf
Europäische Friedensorganisationen reagieren auf Teststoppkrise
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VertreterInnen verschiedener internationaler Friedensorganisationen trafen sich vom 25. Juni bis zum 1. Juli zu einer Aktionswoche für einen umfassenden Atomteststopp. Sie protestierten gegen die angekündigte Entscheidung Frankreichs, sein Atomwaffentestprogramm wieder aufzunehmen. Gespräche mit verschiedenen UN-Delegationen, Vorträge von VertreterInnen aus den Atomtestgebieten rund um die Welt und eine Demonstration durch Genf mit einem finalen "Rüstungswettlauf" verstanden sich als Teil des weltweit sich weiter verschärfenden Protestes gegen den anhaltenden nuklearen Schrecken, der diesmal (wieder) den Pazifik heimsuchen soll.
Während der Aktionswoche in Genf wurden die Delegierten der Abrüstungskonferenz allmorgendlich bei ihrer Einfahrt in das UN-Gebäude von einer etwa 500 Meter langen Transparentschlange begrüßt, von der aus sich knapp 15.000 Handabdrücke entgegenreckten mit der Aufforderung: "Stoppt die Atomtests". Die Handabdrücke waren weltweit innerhalb weniger Monate gesammelt worden. Hier repräsentierten sie Menschen aus Ländern wie Frankreich, Litauen oder Malaysia.
Von einer ständigen Beobachterin der Abrüstungskonferenz, Rebecca Johnson (Acronym Consortium Großbritannien), wurde die Einschätzung der in Genf anwesenden Friedensorganisationen bestätigt, daß neben Chiracs Testankündigung, die größte Gefahr für einen umfassenden Atomteststoppvertrag von einer sich abzeichnenden Schwellenlösung ausgehe. In diesem Zusammenhang fordert besonders Frankreich, daß der Teststoppvertrag Nuklearexplosionen von bis zu 200 Tonnen Explosionsstärke (TNT-äquivalenz) als Nicht-Atomexplosion einstufen solle. Mit dieser Schwellendefinition könne jede Atommacht auch "ohne" Tests ihr tödliches Arsenal weiter vervollkommnen.
Der Mittwochabend stand ganz im Zeichen der Opfer des atomaren Bombardements in Friedenszeiten. Erkin Alptekin, der Vorsitzende der UNPO (Unrepresented Nation's and People's Organisation, in Den Haag) lieferte Informationen über die Folgen chinesischer Tests in seiner alten Heimat Ostturkmenistan. Dort leiden die Uiguren nicht nur unter den Folgen der anhaltenden Atomwaffenzündungen, sondern sehen sich auch durch die chinesische Okkupationsmacht einer zunehmenden Assimilierung und Eliminierung ausgesetzt. Der Hauptteil dieses Abends war der Information über französische Atombombenopfer reserviert. Solange Fernex, Vorsitzende der Kommission für Frieden und Abrüstung der Grünen Partei Frankreichs und bis vor kurzem Mitglied des Europäischen Parlaments berichtete vor allem über die Folgen der oberirdischen Tests in der Sahara, wo vor allem das Volk der Tuarek unter der radioaktiven Verseuchung seines Lebensraums leidet. John Doom, aus Tahiti, Beauftragter des Ökumenischen Rats der Kirchen, für den Pazifik, gab Auskunft über die Situation der Menschen und Umwelt im Südpazifik vor dem nächsten Countdown. Er machte deutlich, daß das Moruroa- Atoll durch die anstehenden Atomtests auseinander zu brechen drohe. Schon jetzt sei der Grund der Lagune Moruroas mit ca. 20 Kilogramm hoch giftigen Plutoniums-239 verseucht. Seit dem Beginn des Atomzeitalters, im Pazifik, sei auch die "Ciguatera"-Vergiftung aufgetreten, unter der die pazifischen Völker durch den Verzehr von verseuchtem Fisch litten. Vor den Atomtests waren die Archipele frei von dieser Krankheit
Während eines Delegationsbesuchs von vier Frauen der Aktionswoche Genf '95, aus Frankreich, Deutschland und Schweden, lehnte es der französische Botschafter Gerard Errera ab, einen mitgebrachten Kranz zum Gedenken an die Opfer französischer Atomtests anzunehmen.
Zum Finale der Aktionswoche versammelten sich 1.000 DemonstrantInnen in der Genfer Innenstadt, um gegen die französischen Bombenversuche zu Protestieren und um einen internationalen Boykott französischer Waren zu unterstützen.
Der Demonstrationszug wurde von Mitgliedern der Atomteststopp-Kampagne angeführt. Sie stellten als Atomwaffenmächte verkleidet, den atomaren Rüstungswettlauf dar. Mit ihren Atomraketen unter dem Arm rannten sie durch die Straßen Genfs, zum Gebäude der Vereinten Nationen, wo die Verhandlungen zum Atomteststopp stattfinden. Auf ihrem Weg hinterließen sie annähernd 2.000 Abdrücke des Radioaktivitätszeichens auf dem Asphalt - jeder ein Zeichen für einen der weltweit ca. 1.940 detonierten Atombomben. Ziel der apokalyptisch anmutenden Gruppe war es, einen bekannten, überdimensionalen Globus innerhalb des UN-Geländes mit ihren Bomben zu bestücken und zeichenhaft das Ziel der nuklearen Rüstung zu demonstrieren - die Vernichtung der Erde. Da es sich bei diesem Rüstungswettlauf aber um eine symbolische Aktion handelte, sollten die UN- Sicherheitskräfte den Rüstungswettlauf aufhalten und dabei zeichenhaft der Forderung der Teststopp-Koalition nachkommen, die Verhandlungen über einen Atomteststoppvertrag in der UN sollten die nukleare Weiterrüstung verhindern.
Tatsächlich wurde der Rüstungswettlauf durch ein starkes Polizeiaufgebot gestoppt, und "Uncle Sam", der mit seiner Bombe unter dem Arm den äußeren Sicherungszaun schon überwunden hatte, unsanft wieder zurückbefördert. Für alle anderen Rüstungswettläufer gab es kein Durchkommen mehr.
Obwohl die Aktionswoche mit Erfolg beendet wurde, gehen die Proteste weiter. Die Atomteststopp-Kampagne unterstützt den internationalen Boykott französischer Waren. Weitere Aktionen sind in der Planung. Mehr Infos bei: Atomteststopp-Kampagne, Silhöfer Aue, 35578 Wetzlar 06441-27498, Email: HOSBACH @LF117.rhein-main.de