Faslane 365: Aktionen für eine atomwaffenfreie Zukunft

von Sven Hessmann
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( c ) Netzwerk Friedenskooperative

Schottland, 26. Januar 2007, am frühen Morgen: In ihren weißen Kitteln stehen 30 ÄrztInnen, Medizinstudierende und Pflegende vor dem Haupttor eines U-Bootstützpunktes der Royal Navy. Zehn von ihnen, die bereit sind sich festnehmen zu lassen, legen sich auf die Straße. Unter Sprechchören und klickenden Fotoapparaten tragen schottische Polizeibeamte in neongelben Anzügen die Menschen zur Seite, um den Weg für den Schichtwechsel auf der Militärbasis freizumachen.

Im schottischen Faslane, 45 Kilometer nordwestlich von Glasgow, sind die vier britischen U-Boote stationiert, die mit atomaren Langstreckenraketen vom Typ Trident ausgerüstet sind. Die Demonstrantin Dr. Diana Warner sagt über die Motive der Blockade: "Es gibt keine juristische oder ethische Begründung, warum Großbritannien seine Atomwaffen behalten und modernisieren sollte." Als Angehörige des britischen Gesundheitswesens weist sie darauf hin, dass die Instandhaltung des britischen Atomwaffenarsenals immense Ressourcen verschlingt, die zum Beispiel der medizinischen Versorgung oder der Bekämpfung von Kinderarmut in Großbritannien fehlen.

Die Aktion der Weißkittel ist Teil von "Faslane 365". Diese Initiative will ein Jahr lang öffentlich Druck machen für klare Schritte hin zur nuklearen Abrüstung. Verschiedene Gruppen aus England und Europa blockieren den U-Bootstützpunkt in Faslane abwechselnd seit dem 1. Oktober 2006. Bisher beteiligten sich 50 verschiedene Gruppen an Aktionen, die an 70 Tagen den Betrieb der Basis störten. 474-mal wurden Aktivisten vorübergehend verhaftet, vier wurden bisher angeklagt.

Wer die Bilder auf der Homepage von Faslane 365 anschaut, erkennt, dass auf Gewaltfreiheit und fantasievolle Aktionsformen besonders Wert gelegt wird. Mitbeteiligt an der heutigen Blockade ist der deutsche Arzt Alex Rosen: "Bereits gestern abend haben wir vor dem Tor des U-Boot-Stützpunktes demonstriert, um zu testen wie die Polizei reagiert. Es war aber eher eine bunte Veranstaltung mit Zeremonien und Dudelsackspiel, da hier traditionell in der Nacht zum 26. Januar der schottische Dichter Robert Burns gefeiert wird. Zu den Verhaftungen kam es erst jetzt im Beisein der Presse. Insgesamt verläuft aber alles friedlich. Viele Polizisten haben Verständnis für unsere Forderungen."

Die Protestaktionen in Großbritannien finden vor dem Hintergrund einer heftig geführten Debatte über die geplante 20 Milliarden teure Erneuerung der Trident-U-Boote statt. Das jetzige Trident-System ist lediglich bis 2020 einsatzfähig. Seit dem Ende des Kalten Krieges stellen sich viele Briten die Frage, warum ihr Land überhaupt noch Atomwaffen unterhält. Die offizielle Begründung der Regierung lautet, dass ihre Atomraketen nicht nur für massive Vergeltungsschläge zur Verfügung stehen, sondern auch für "hochpräzise" Einsätze eingesetzt werden können. Bereits jetzt tragen Trident-Interkontinentalraketen erste Gefechtsköpfe mit reduzierter Sprengkraft an Bord.

Nach Meinung von Dr. Hans Blix, dem früheren Chef der UN-Waffenkontrolleure, raubt die Modernisierung von Trident Großbritannien jede moralische Integrität, die nötig ist, um andere Nationen davon abzuhalten zur Atommacht aufzusteigen. Xanthe Hall, Abrüstungsexpertin von IPPNW-Deutschland: "Wenn es nach Tony Blair geht, wird Großbritannien seine Atomwaffen bis in alle Ewigkeit behalten. Auch die deutsche Politik zeigt keine Bereitschaft, ihre Strategie der nuklearen Teilhabe zu beenden. Damit provozieren beide Regierungen einen Rüstungswettlauf, der noch unberechenbarer sein wird als im Kalten Krieg."

Am 28. März wird erstmals eine Gruppe aus Deutschland sich an "Faslane 365" beteiligen und für zwei Tage den Atomwaffenstützpunkt blockieren. Für Fragen, Anregungen, mehr Informationen und Unterstützung kann man sich an die Mail-Adresse faslane365 [at] gmx [dot] de wenden.

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Sven Hessmann ist Pressereferent der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW).