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1.190 Kriegskinder aus Ex-Jugoslawien konnten sich diesen Sommer am Meer erholen.
Ferienfreizeit für Flüchtlingskinder
vonDas "Komitee für Grundrechte und Demokratie" hat im fünften Jahr Ferienfreizeiten für Flüchtlings- und Waisenkinder aus dem ehemaligen Jugoslawien veranstaltet, die Anfang September erfolgreich abgeschlossen wurden. Insgesamt konnten in den letzten Jahren weit über 8.000 traumatisierte und unter elenden Lebensbedingungen leidende Kinder neuen Lebensmut schöpfen. Dafür haben Mitglieder und Freunde des Komitees aus der deutschen Friedensbewegung in Gemeinden, Schulklassen usw. ca. 3 Millionen Mark gespendet. Die meisten Kinder haben sich bei ihren "Ferienpaten" durch einen Brief bedankt. Dazu schreibt eine Betreuerin: "Für die Kinder ist es sehr wichtig, daß diese Solidarität einen Namen hat. Die Grundbotschaft der Aktion, den Krieg zu bekämpfen, indem man die schwächsten Opfer von allen Seiten in ein Meer des Glückes eintauchen läßt, hat sich tief in die Herzen der Kinder, Betreuer und Betreuerinnen eingegraben."
Die beiden ersten Gruppen kamen aus Gornji Vakuf, einer zwischen Muslimen und Kroaten geteilten Stadt wie Mostar. Im Niemandsland dazwischen steht ein Jugendzentrum, das seit vier Jahren vom "Komitee" unterstützt wird und dessen Angebote so attraktiv sind, daß es der einzige Ort in der Stadt ist, wo sich Jugendliche aus beiden Stadtteilen treffen. Während bei den Freizeiten der letzten Jahre nur sehr zögerlich Kontakte zwischen beiden Seiten entwickelt wurden, insbesondere bei den Betreuern, war dieses Jahr kaum noch auszumachen, wer von welcher Seite kam: Bei einer abendlichen Mitarbeiterbesprechung meinte ein Betreuer: "Vor dem Krieg habe ich mit Ivo so zusammengesessen und diskutiert. Dann haben wir aufeinander geschossen. Jetzt sitzen wir hier wieder zusammen und diskutieren. Ist das nicht Wahnsinn?" Alle stimmten darin überein, daß die Kinderfreizeiten den Bann zwischen den Stadtteilen zum Bröckeln gebracht haben.
Das Friedenszentrum in Osijek versucht, die angestammte serbische Minderheit in Ostslawonien durch Rechtsberatung usw. vor weiterer Vertreibung zu schützen. Viele der serbischen Kinder sind durch die kroatische Politik der Rückführung und Neuansiedlung von Flüchtlingen von Vertreibung bedroht. Viele der Kinder sind traumatisiert: Ein Mädchen hat im Krieg ihre Mutter gefunden, die sich aufgehängt hatte; der Vater eines Jungen hat versehentlich die Mutter erschossen, als er mit dem Gewehr hantierte; ein Vater ist als Kriegsverbrecher lebenslang verurteilt, viele sind Invaliden und arbeitslos.
Etwa 200 km südlich vom Hotel "Nimfa" fand zur gleichen Zeit in Montenegro die Ferienfreizeit für 400 Flüchtlings- und Waisenkinder aus Serbien und der Republik Srpska statt, deren Zustandekommen durch den Krieg im Kosovo/a zeitweise fraglich erschien. Die humanitäre serbische Oganisation "Zdravo da ste" (Es soll Euch gut gehen), die in Belgrad und Banja Luka arbeitet, kam mit einem Team friedenspolitisch engagierter und geschulter BetreuerInnen. Diese äußerten einhellig Enttäuschung darüber, daß nicht nur die offizielle Politik, sondern auch die westliche Friedensbewegung die Opposition in Serbien mit der Regierungspolitik gleichsetzt und "die" Serben in einen Topf wirft. Dieses Gefühl, "Sündenbock" der Welt zu sein, ist selbst bei den Kindern verbreitet und verstärkt ihre Traumatisierungen. Da serbische Flüchtlinge bisher fast keine internationale Unterstützung erfahren, ist ihr Elend unbeschreiblich. Der Erfolg der Ferienfreizeit ist nicht nur die - häufig erstmals erlebte - Versorgung mit ausreichendem Essen und einem eigenen Bett sowie auch die Fürsorge durch kreative Aktivitäten und persönliche Gespräche - sondern vor allem: Das Gefühl, nicht von der ganzen Welt ausgegrenzt und gebrandmarkt zu werden.
Am meisten erschrocken waren die Mitglieder des "Komitees für Grundrechte und Demokratie" aber über die Schatten, die die deutsche Rückführungspolitik auf das Ferienglück der Kinder warf. Die Kinder aus Tuzla waren fast alle Flüchtlinge aus Ostbosnien (Zvornik, Srebrenica) und haben die Hölle durchlebt: 30 % Vollwaisen und 45 % Halbwaisen. Die meisten leben bei Verwandten oder Pflegeeltern, fast alle in Häusern der Auslandsflüchtlinge. In 25 % der Briefe, die die Kinder an die "Ferienpaten" schrieben, war von der aktuellen Bedrohung einer erneuten Vertreibung und der Angst, in Kürze auf die Straße geworfen zu werden, die Rede. Die zehnjährige Azra schreibt einen aufwühlenden Hilferuf an ihre deutschen Paten: "Bis gestern war es hier wunderschön, aber meine Mutter hat angerufen, daß wir aus unserem Zimmer müssen, weil die Eigentümer zurückkommen, noch vor dem Winter. Daran will ich hier gar nicht denken und denke doch dauernd daran. Das ist wie ein schwerer Stein in meinem Herzen."