Forum Ziviler Friedensdienst

von Ulrich Stadtmann
Initiativen
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Am 2. November 1994 wurde in der Evangelischen Akademie in Mül­heim an der Ruhr aus einem thematischen Fachgespräch heraus das Forum Ziviler Friedensdienst gegründet. Das Ziel des Forums ist, den Zivilen Friedensdienst als ein Instrument der nicht-militärischen Kon­fliktaustragung - wie es in den Konzepten des Bundes für Soziale Ver­teidigung und der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg formu­liert wurde - zur politischen Umsetzbarkeit weiterzuentwickeln.

Das Forum Ziviler Friedensdienst (FZF) gilt fortan als der gemeinsame Arbeits­kreis all derer, die bisher schon an die­sem Thema gearbeitet haben. Das Spektrum der MitarbeiterInnen des FZF umfasst in erster Linie VertreterInnen verschiedener evangelischer Landeskir­chen und Organisationen der Friedens­bewegung. Dies wird auch durch die Auswahl der vier SprecherInnen und des Koordinators des FZF zum Ausdruck gebracht: Helga Fleischmann (Internati­onale Ärzte gegen den Atom­krieg, IPPNW), Peter Müller (Arbeitskreis Zi­viler Friedensdienst der Evangelischen Kirche in Berlin-Bran­denburg), Helga Tempel (Friedensausschuss der Quäker), Heinz Wagner (Pax Christi) und als Koordi­nator Bernd Horn (Bund für So­ziale Verteidigung, BSV).

Eine vordringliche Aufgabe des FZF ist die Ausweitung des Spektrums seiner MitarbeiterInnen. In Ansätzen ist dies bisher durch die Beteiligung von Ver­tretern der Staatskanzlei von Nordrhein-Westfalen, dem Deutschen Entwick­lungsdienst und dem Bonhoeffer-Verein gelungen. Darüber hinaus sollen jedoch auch die bestehenden Hilfswerke - wie das Rote Kreuz oder das Diakonische Werk -  und die Mitgliedsorganisationen der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) zu einer aktiven Be­teiligung motiviert werden.

Während Parteien als Organisationen nicht in das FZF aufgenommen werden, soll jedoch versucht werden, einflussreiche Personen aus allen Parteien für die Unterstützung der Idee des Zivilen Frie­densdienstes zu gewinnen. Damit ist die Lobbyarbeit ein weiterer Schwerpunkt im FZF. Der Zivile Friedensdienst wird von seinen InitiatorInnen für eine Idee gehalten, für die sich in dieser Gesell­schaft Mehrheiten finden lassen. Des­halb wird auch angestrebt, die CDU, CSU und die FDP für den Zivilen Frie­densdienst zu gewinnen. Dadurch, daß das FZF mit der Einführung eines Zivi­len Friedensdienstes nicht die Bedin­gung der Abschaffung der Bundeswehr verknüpft, glaubt man den wesentlich­sten Stolperstein für diese Parteien (und für die SPD) gar nicht erst in den Weg gelegt zu haben. Zwar formuliert der Bund für Soziale Verteidigung als pazi­fistische Dachorganisation der Frie­densbewegung in seinem Konzept des Zivilen Friedensdienstes, daß die Ab­schaffung der Bundeswehr sein Ziel sei, und auch die Ev. Kirche in Berlin-Bran­denburg will langfristig das Militär durch den Zivilen Friedensdienst abge­löst sehen. Doch im FZF klingt dieses Ziel mittlerweile sehr nach "Frieden schaffen mit immer weniger Waffen" - ein altbekanntes Ziel des deutschen Bundeskanzlers - und soll damit die Idee des Zivilen Friedensdienstes insbe­sondere für CDU und CSU annehmbar machen.

Eine Unterarbeitsgruppe des FZF soll aus den beiden Konzepten des Zivilen Friedensdienstes einen Gesetzentwurf entwickeln, der im kommenden Jahr interfraktionell - so die Anregung des CDU-Bundestagsabgeordneten Rainer Eppelmann - in den Bundestag einge­bracht werden kann. Daran wird sich dann zeigen, wie sehr es gelingen wird, quer durch die Parteien Unterstützung für die Idee des Zivilen Friedensdienstes zu erhalten.

Ein interessantes Licht, was aus der Idee des Zivilen Friedensdienstes wird, wenn sie von ParteipolitikerInnen eines Tages umgesetzt werden sollte, warf eine öf­fentliche Veranstaltung der Ev. Kirche, die zwei Tage nach der Gründung des FZF in Berlin stattfand. Dort zeigte sich die SPD-Bundestagsabgeordnete Herta Däubler-Gmelin ganz angetan von der Idee eines Zivilen Friedensdienstes. Sie konnte sich vorstellen, daß ein einjähri­ger Einsatz junger Menschen mit einer dreimonatigen Ausbildung politisch durchzusetzen sei. Ein freiwilliger Frie­densdienst könne rechtlich gleichrangig neben dem freiwilligen sozialen Jahr und dem freiwilligen ökologischen Jahr verankert werden. Auch ein Gesetz für den ehrenamtlichen Einsatz von Men­schen aller Altersstufen, das die volle Versicherung dieser Personen ein­schließt, sei machbar. Daran würde sie gerne mitarbeiten.

Damit hat Herta Däubler-Gmelin ziem­lich genau das beschrieben, was die tra­ditionellen Friedensdienste der AGDF - wie Aktion Sühnezeichen oder die Ent­wicklungshilfeorganisation EIRENE - bisher schon machen bzw. anstreben. Ihr Ziel ist seit langem ein Freiwilligenge­setz für alle Altersstufen, das die Absi­cherung und Ausweitung ihrer Arbeit befördert. Wenn die Idee des Zivilen Friedensdienstes dazu beiträgt, daß diese Forderung endlich durchgesetzt werden kann, dann haben der BSV und die EV. Kirche ihr Ziel einer institutio­nalisierten Alternative zum Militär zwar noch nicht erreicht, aber immerhin wäre für die Arbeit der schon bestehenden Friedensdienste viel gewonnen.

Kontaktadresse des Forums Ziviler Friedensdienst: Postfach 2110, 32378 Minden, Tel.: 0571-29456, FAX -23019; Spendenkonto über BSV, Sparkasse Minden-Lübbecke, BLZ 490 501 01, Kto.-Nr.: 89 420 814, Kennwort: Forum Ziviler Frie­densdienst

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Ulrich Stadtmann ist im Vorstand des Bundes für soziale Verteidigung. (BSV)