Frankreich stationiert seine Truppen in Afrika um

von Douglas Bambrick

DAKAR, 30 September (IRIN) - Um den tatsächlichen Veränderungen vor Ort gerecht zu werden, beabsichtigt Frankreich sein Truppenkontingent von Tausenden Soldaten in Afrika innerhalb eines Programms, welches angeblich die eigenen selbst ausgebildeten Friedenstruppen auf dem afrikanischen Kontinent stärken soll, neu zu stationieren.

Das französische Verteidigungsministerium sagte, es würde in diesem Monat etwa 7.000 Soldaten verlegen, um sie der durch die Afrikanische Union (AU) beschlossenen Aufteilung des Kontinents in geographische Regionen anzupassen.
"Dies ist eine sehr wichtige Verlagerung entsprechend den Veränderungen, die die Afrikaner durchgeführt haben, da die AU selbst eine Umorganisation in Unterregionen plant," sagte der Sprecher des Verteidigungsministerium Jean-Francois Bureau auf einer Pressekonferenz in Paris.
Einige Analysten behaupten jedoch, während diese Verlagerung den Vorwurf des Neokolonialismus abschwächt. dass Frankreich noch einen langen Weg vor sich hat, bis es seine letzte militärische Präsenz in Afrika aufgibt.
„Ohne seine Präsenz in Afrika wäre Frankreich 1960 keine große Macht gewesen," sagt Jean-Pierre Dozon, Forschungsdirektor bei der EHESS Hochschule für Soziale Wissenschaften (Ecote des Hautes Etudes en Sciences Sociales) in Paris, bezugnehmend auf das Jahr, in dem die Kolonien ihre Abhängigkeit von Frankreich erringen konnten.
Dank der bis heute anhaltenden Stärke der wirtschaftlichen und militärisch Präsenz Frankreichs in Afrika kann Paris eines der fünf Ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates traditionell auf die Unterstützung durch einen Block afrikanischer Stimmen bei den Vereinten Nationen zählen.
Aber in den letzten Jahren wuchs daheim die Abneigung gegen diese Afrikapräsenz, und die militärischen Kosten sind stiegen, da immer mehr französische Truppen auf Schauplätzen wie dem Balkan eingesetzt wurden.
Als Folge haben auf einander folgende Regierungen die Truppenstärken in Afrika im letzten Jahrzehnt um ein Drittel reduziert. Die Soldaten sind einer schnellen Rotation ausgesetzt als in der Vergangenheit.
Auch heute, mehr als 40 Jahre nach den Unabhängigkeitskämpfen, bedeutet der Verlust an Einfluss in Afrika einen Verlust an Macht auf der Weltbühne, behauptet Antoine Glaser, Herausgeber des vertraulichen Rundschreibens über Afrika aus Paris, La Lettre du Continent.
Aber Frankreich kann die damalig Militärpräsenz nicht mehr leisten, sagte er.

Die Elfenbeinküste weckt schlimme Erinnerungen                                                                                                                                          Mit jährlichen Kosten von fast EUR 200 Millionen, der Großteil durch den französischen Steuerzahler getragen, hat das Engagement der ehemaligen Kolonialmacht in dem Kriegsgebiet Elfenbeinküste, wo etwa 4.000 Soldaten mit den UN Friedenstruppen zusammenarbeiten, die finanzielle Last der Beibehaltung einer starken Militärpräsenz in Afrika unterstrichen.
„Die geplanten Veränderungen sollen erhebliche Ersparnisse mit sich bringen," sagt Glaser.
Laut Behördenangaben soll die bevorstehende Umstationierung die Zusammenarbeit mit der AU stärken, die eine afrikanische Eingreiftruppe (African Standby Force= ASF) mit bis zu 25.000 Mitgliedern aufbauen will; um ab 2010 Friedenseinsätze durchzuführen. Die ASF bestünde aus fünf Brigaden, eine pro Unterregion, und würde auch polizeiliche und zivile Elemente beinhalten.
Analysten behaupten, die Ereignisse vor Ort in letzter Zeit könnten auch erklären, weshalb Frankreich sehr an einem Abzug interessiert zu sein scheint.
Das schlimmste Vorkommnis gab es letzten November, als französische Truppen in der Elfenbeinküste kurzfristig in den Krieg hineingezogen wurden, nachdem sie unter Beschuss von Regierungstruppen gekommen waren.
Nach dem Tod von neun seiner Friedenssoldaten zerstörte Frankreich fast die. gesamte Luftwaffe der Elfenbeinküste, danach musste es jedoch Tausende seiner Bürger retten und evakuieren, die vor den resultierenden ausländerfeindlichen Übergriffen fliehen mussten.
Die Probleme in der Elfenbeinküste weckten schmerzhafte Erinnerungen an die Evakuierungen von Zivilisten aus Algerien vor mehr als 40 Jahren, berichtete EHESS Forschungsdirektor Dozon IRIN.
Der erste Instinkt des Duchschnittsfranzosen war zu fragen:, Was machen wir da drüben?" sagte er. "Die Leute wollten das 2004 nicht noch einmal durchleben."
Ganz allgemein haben die afrikanischen Bevölkerungen, insbesondere junge Leute, laut Gilles Yabi, einem West-Afrika-Analysten beim internationalen Beraterstab Crisis Group, eine zunehmend negative Meinung zu jedweder französischen Militärpräsenz in ihren Ländern.
"Solange die permanenten Stützpunkte bleiben, wird auch der Verdacht bleiben, dass diese Truppen dazu dienen, Regierungen im Amt zu halten, die zwar frankophil, aber nicht unbedingt demokratisch sind," teilte Yabi IRIN aus seinem Büro in Dakar mit.
Aber auch nach der Umorganisation bleibt Frankreich die einzige ehemalige Kolonialmacht, die noch permanente Stützpunkte in Afrika aufrechterhält.
Analysten meinen, dass Frankreich dadurch als einziges Land in der Lage sein wird, eine schnelle Eingreiftruppe auf einem Kontinent bereitzustellen, der, obwohl ca. 30% der UN-Truppen weltweit aus Afrika stammen, noch von Know-how im Bereich Friedensbildung profitieren kann.
„AU-Kräfte besitzen immer noch nicht alle notwendigen Erfahrungen und Ressourcen, um komplexe Einsätze auszuführen," sagte Yabi. "Sie benötigen noch Ausbildung und logistische Unterstützung".

Aber wer kann das am besten?                                                                                                                                                                        Laut Mark Malan, Forschungschef beim Kofi Annan International Peacekeepinq Training (entre, das 2004 in Accra eröffnet wurde, um die Fähigkeit der Unterregion zur Konfliktbewältigung zu verbessern, kann eine Einmischung von außen Schlüsselressourcen für nicht-UN friedenssichernde Einsätze zur Verfügung stellen.
Er nannte Burundi, Liberia und die Elfenbeinküste als Beispiele für Krisenherde, in denen eine ausländische Macht (Südafrika, USA bzw. Frankreich) eine wesentliche Rolle spielte, bis die UN sich engagierten.
„Aber wer soll diese Dienste am besten Leisten? Das ist noch die Frage," sagte er gegenüber IRIN.
Dozon von der EHESS sagte, der richtige Weg wäre, wenn die Europäische Union die Aufgaben. von Frankreich übernehmen würde. Er begrüßte die Andeutungen aus Frankreich, die sich für eine „Europäisierung" der Stützpunkte durch das Vorantreiben einer größeren Präsenz von EU-Truppen und Nichtregierungsorganisationen aussprechen.
Durch die Ressourcenbündelung mit der EU könnte Frankreich Geld sparen und sich besser gegen die Vorwürfe des Neokolonialismus verteidigen, sagte er.
Der französische Plan, der beim Französisch-Afrikanischen Gipfeltreffen im Dezember in Bamako vorgestellt werden soll, beabsichtigt eine Umgruppierung der Truppen, die zur Zeit in fünf französisch sprechenden Ländern stationiert sind (Elfenbeinküste, Senegal, Gabun, Tschad und Djibuti), in drei afrikanische Stützpunkte entsprechend den drei AU-Unterregionen (Senegal für Westafrika, Gabun für Zentralafrika und Djibuti für das östliche Afrika).
Die Soldaten, die momentan auf der französischen Insel Reunion im Indischen Ozean stationiert sind, sollen mit der Unterregion Südliches Afrika zusammenarbeiten.
Nach diesem Plan würden die Truppen, die momentan im Tschad stationiert sind, aus Gabun operieren und die mit den UN Friedenstruppen in der Elfenbeinküste zusammenarbeitenden Soldaten würden nach der Wiederherstellung des Friedens in den Senegal abgezogen werden.
Französische Beamte sagten, die Stärke der stationierten Truppen bliebe unverändert und bestehende Verteidigungsabkommen mit einzelnen Ländern wären nicht betroffen.
Aber der Herausgeber des Afrika-Rundschreibens Glaser sagte, Frankreich gebe keinen Deut an Macht ab.
„Die politischen Phrasen haben sich geändert, aber für den Moment ändert sich vor Ort gar nichts," sagte er. "Der französische Präsident Jacques Chirac wird weiterhin alleine entscheiden, ob Frankreich in einem andern Land interveniert."

Quelle: Copyright (c) UN Officeforthe Coordination of Humanitarian Affairs 2005. http://www.irinnews.org.
Der Artikel stammt von einer Webpage einer UN-Organisation - daher der für das FriedensForum untypische Gebrauch des Begriffs „Friedenstruppe" für Peacekeeping-Trupps.
Der Beitrag entspricht nicht notwendigerweise der Sicht der Vereinten Nationen.
Übersetzung: Douglas Bambrick

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