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Internationale Frauenkonferenz vom 25.11.- 1.12.92 in Bangkok
"Frauen überwinden Gewalt"
von
"Wir leben in einer gewalttägigen Welt. Die täglichen Nachrichten berichten zu 90 Prozent über Gewalt, deren Opfer zumeist Frauen und Kinder sind. Was kann jede von uns dagegen tun?" Diese Frage, gestellt von Elaine Hewitt, Wissenschaftlerin und Sozialarbeiterin aus Barbados beschäftigte 170 Frauen aus 63 Ländern, die sich vom 25.11. bis 1.12. 1992 in Bangkok versammelt hatten. Organisiert wurde die Konferenz von den War Resisters International, ein 1921 gegründetes internationales Netzwerk von Pazifisten und gewaltfreien Aktionsgruppen, sowie thailändischen Frauengruppen, wie Friends of Women, Foundation for Women, Empower etc.
Die Aktivitäten dieser Organisationen umfassen Bildungs- und Sozialarbeit, u.a. mit Prostituierten. Bei der Auswahl der Teilnehmerinnen wurde Wert darauf gelegt, daß sie aus Basisgruppen und Organisationen, die auf lokaler Ebene arbeiten, kommen. Die Organisatorinnen achteten strikt darauf, daß die Zahl der Frauen aus den sogenannten reichen Ländern in der Minderheit blieb. So stammten zwei Drittel der Teilnehmerinnen aus den "Dritte Welt- Ländern", deren Reisekosten über Spenden und Zuschüsse finanziert wurden. Die Konferenz hat diesen Frauen und ihrer oft unspektakulären Arbeit gegen Gewalt eine Stimme gegeben.
Zum Beispiel Alice Ngerere aus Zimbabwe vom Musasa Projekt: Das 1988 gegründete Projekt ist nach dem Musasa Baum benannt, der ein beliebter Rastplatz für Reisende an einem heißen Nachmittag ist und kühlen Schatten spendet. Musasa bietet demnach vergewaltigten und geschlagenen Ehefrauen Beratung und direkte Hilfe an. Sie ermutigt die Frauen, zur Polizei zu gehen und Anzeige gegen den Täter zu erstatten, was nicht leicht ist, angesichts der weitverbreiteten traditionellen Einstellung in der zimbabwischen Gesellschaft, Gewalt in der Familie sei notwendig, um die Dominanz des Mannes zu sichern und Ehescheidungen zu reduzieren. Alice Ngerere berichtete, daß nur jede zehnte vergewaltigte Frau das Verbrechen anzeigt. Die Organisation versucht in Publikationen und Theaterstücken über Gewalt an Frauen aufzuklären und ein Schuldbewusstsein bei Männern zu wecken. Dazu gehören auch regelmäßig stattfindende Seminare mit Polizisten..
In einer Arbeitsgruppe über Nationalitätenkonflikte und geteilte Länder erlebten die Teilnehmerinnen die seltene Gelegenheit, den gemeinsamen Bemühungen einer Kroatin und einer Serbin zuzuhören, die versuchen sich nicht von den nationalen Auseinandersetzungen beeinflussen zu lassen, sondern über alle Grenzen hinweg für ein Ende des Krieges zu kämpfen, in dem Frauen und Kinder das größte Leid zugefügt wird. Sie erzählten von den Schwierigkeiten der Kommunikation, da alle Telefonleitungen zwischen den verfeindeten Landesteilen unterbrochen sind. Oftmals werden Journalisten eingespannt, um Briefe und Flugblätter von einer Frauengruppe zur anderen zu bringen. Die Frauen versuchen Informationen über verschwundene Familienangehörige zu erhalten, verhelfen jungen Männern zur Flucht aus dem Land, damit sie keinen Kriegsdienst leisten müssen und versuchen Krisenzentren für vergewaltigte Frauen aufzubauen.
Die Frauen brachten ganze Koffer voll Materialien wie Bücher, Flugblätter, Poster, Postkarten etc. in den Konferenzsprachen Englisch, Spanisch, Französisch und Thailändisch mit sowie Handwerksprodukte, die in selbstinitierten Projekten hergestellt wurden. Eine beeindruckende Infobörse war entstanden, auf der manches interessante Gespräch zwischendurch geführt werden konnte.
Auf einer Exkursion durch die "Vergnügungsviertel" Bangkoks erlebten die Teilnehmerinnen der Konferenz die tägliche Gewalt hautnah. Anwesende thailändische Sozialarbeiterinnen berichteten, daß 50.000 Mädchen unter 15 Jahren in den Bordellen des Landes arbeiten. Jedes Mädchen muß durchschnittlich 10 Kunden pro Nacht bedienen. Sie rechneten uns vor, jede Nacht vergewaltigen 500.000 einheimische wie ausländische Männer diese Mädchen.
Ziel der Konferenz war der verstärkte Austausch und die Vernetzung zwischen dem Norden und dem Süden, sowie vor allem auch ein besserer Süd-Süd- Austausch. Gemeinsame Strategien und Aktionen wurden geplant. In Zukunft soll der 25. November als gemeinsamer Aktionstag gegen Gewalt an Frauen genutzt werden. Die Teilnehmerinnen riefen eine weltweite Kampagne gegen Invasion und Okkupation ins Leben.
Eine schon verlesene Resolution gegen die 1995 stattfindende UN-Weltfrauenkonferenz in Peking, wurde in letzter Minute gekippt. Es ging eine Petition durch die Reihen, die sich für den Austragungsort Peking aussprach und von einigen Frauen unterschrieben wurde. Leider blieb nicht mehr genug Zeit für eine Diskussion. Von anderen erfuhr ich, daß die Initiatorin als Argument angeführt hatte, "Menschenrechtsverletzungen finden in jedem Land der Erde statt und demnach dürfe nirgendwo eine Weltfrauenkonferenz stattfinden".
Am 1. Dezember endete die Konferenz mit einem Protestbrief an die thailändische Regierung, die gerade an einer Gesetzesänderung zur Prostitution arbeitet. Die Unterzeichnerinnen fordern die völlige Abschaffung des 1960 in Kraft getretenen Gesetzes, welches die Prostitution verbietet und bisher nur bewirkt hat, daß die Prostituierten bestraft wurden und sie der Gewalt durch Zuhälter und Bordellbesitzer ausgesetzt waren. Die Konferenzteilnehmerinnen fordern stattdessen ein Gesetz, welches eine härtere Bestrafung der Bordellbesitzer, Zuhälter und Kunden vorsieht, die Geschlechtsverkehr mit Mädchen unter 18 Jahren haben bzw. anbieten. Besonders Händler und Bordellbesitzer, die Frauen zur Prositution zwingen und gefangenhalten, sollten stärker zur Rechenschaft gezogen werden. Frauen über 18 Jahre, die aus 'freiem Willen' im Sexgewerbe arbeiten, sollten die gleichen Rechte wie andere BürgerInnen genießen.