Frauenrechte, Menschenrechte?

von Margriet Drent

Obwohl die Hälfte der Weltbevölkerung weiblich ist, und das auch schon 1948 so war, ist die damals aufgestellte Allgemeine Erklärung der Menschetrechte von Männern geprägt. Erst 1979 wurde die Konvention über die Aufhebung der Diskriminierung von Frauen, oder die "Konvention der Menschenrechte der Frauen", durch die Generalver­sammlung der UNO angenommen und ist 1981 als Vertrag in Wirkung getreten. Bis jetzt haben nur 121 von 183 Staaten den Vertrag ratifiziert. Außerdem ist es der UNO-Vertrag mit den meisten Vorbehalten, den es je gab. Gerade diese Konvention wird auf der Weltmenschenrechtskon­ferenz, die vom 14.-25. Juni in Wien stattfand, durch die auf NGO-Ebene sehr aktiven Frauen als das Instrument gesehen, das Frauen erweitern, verbessern und anrufen müssen, um das Ziel einer besseren Einhaltung von Frauenrechten zu erreichen.

 

Verletzungen der Rechte von Frauen sind bis jetzt nicht so in Erscheinung getreten, weil ein sehr großer Teil dieser Verletzungen hinter geschlossenen Türen, in der engsten Privatsphäre der Frauen stattfindet. Bei diesem Thema müssen sich alle, auch  in den soge­nannten zivilisierten westlichen Staaten, bewußt sein, daß auch hier täglich die Rechte der Frauen mit Füßen getreten werden. In Europa und Nordamerika z.B, ist Gewalt gegen Ehefrauen der häufigste Verletzungsgrund unter Frauen zwischen 15 und 49. In Kanada wurden 1990 die meisten der 234 weib­lichen Mordopfer von ihren Partnern  getötet. Und hier in der Bundesrepublik haben die Frauen noch immer nicht das Sagen über ihren eigenen Körper, was gerade von den Männern des Bundes­verfassungsgerichts bestätigt wurde.

Weltweit  sind 80% der Flüchtlinge Frauen und Kinder. Frauen, die wegen ihres Geschlechts verfolgt werden, ha­ben immer noch kein Recht auf Asyl und einen Flüchtlingsstatus. Hier wäre ein entsprechender Zusatz zur Genfer Flüchtlingskonvention dringend not­wendig. Frauen verdienen weltweit 30% bis 40% weniger als Männer für die gleiche Arbeit, und nur 11 % der Parlamentsmitglieder in der Welt sind weib­lichen Geschlechts. Diese Zahlen deuten an, daß noch sehr viel Arbeit bleibt bis zur nächsten Frauenkonferenz in Peking 1995. Dann gibt es wieder die Möglich­keit, weltweit zu überprüfen-wie es mit den Rechten der Frau steht.

Fakt ist, daß Frauen auf der ganzen Welt im Vorfeld der Weltmenschenrechtskonferenz in Wien eine sehr aktive Rolle spielten. Auf der Konferenz stellten sie im Keller (wo die nichtstaatli­chen Organisationen einander trafen) ihre Forderungen in einer Menge von Veranstaltungen, Arbeitsgruppen, Podiumsdiskussionen und vor allem in einem Frauentribunal. Die zwei wichtigsten Punkte, die herausdestilliert wurden, waren die Einsetzung einer/eines Son­derbeauftragten der UNO für Menschenrechtsverletzungen an Frauen und eines internationalen Strafgerichts, das die Menschenrechte der Frauen schüt­zen und durchsetzen soll. Anschließend bei den Diskussionen, die über ihren Köpfen im staatlichen Plenarsaal statt­fanden, wurde betont, daß die Universa­lität der Menschenrechte nicht angezweifelt werden darf, weil es gerade den weiblichen Teil der Weltbevölkerung träfe, wenn es dazu käme, daß Menschenrechte kulturell oder religiös be­stimmt wären.

Der Krieg im ehemaligen Jugoslawien hat das Bewußtsein über die Position von Frauen im Krieg klarer gemacht als es je eine Frauenlobbygruppe vermocht hätte. Vergewaltigung ist zwar als Kriegsverbrechen anerkannt, aber bis heute hat es noch nicht eine einzige An­klage deswegen gegeben. Dies könnte in dem neu zu schaffenden Internationalen Tribunal für Kriegsverbrechen passie­ren. Es sollte endlich klargemacht wer­den, daß jede Vergewaltigung bis hin zu systematischen Massenvergewaltigungen nicht die "normalen“ Nebeneffekte eines Krieges sein können.

Für Frauen gibt es weltweit einen un­heimlichen Nachholbedarf, wenn es darum geht, zu ihren Rechte zu kommen und zu lernen, worin ihre Rechte beste­hen und wie sie sie in der Praxis bean­spruchen können. Teil dieser Konferenz waren auch Arbeitsgruppen, wo Frauen praktische Hilfestellung bekamen, wie z.B. mit Medien umgehen, welche Art von Sprache in Organisationen wie der UNO gesprochen wird, bis hin zu dem Punkt wie eigentlich in ein Mikrofon gesprochen wird und wie viel Mut es da­für braucht.

Welche Probleme Frauen in großen Teilen der Welt immer noch haben, wurde klar durch einen Ausspruch einer der Teilnehmerinnen der Wiener Konfe­renz: "Hinter jeder mutigen Frau steht eine ganze Gemeinschaft, die ihr sagt, sie habe Unrecht." Abschließend konnten dann das Verhältnis zwischen Männern und Frauen, wenn es um Men­schenrechte geht, nicht treffender illu­striert werden als durch die Proportion der Anwesenden im Plenarsaal: Für je eine Frau waren zehn Männer in den staatlichen Delegationen vertreten. Dies ist die Situation Anno 1993.

International Centre for Human Rights and Democratic Development, Newsletter, Nr.3, Juni 1993.

Ausgabe

Rubrik

Initiativen
Margriet Drent ist Studentin "internationale Beziehungen" an der Universität Groningen und zurzeit Praktikantin bei der "Initative für Frieden, internationalen Ausgleich und Sicherheit."