Bundesweite Friedensdemonstration

Frieden braucht Bewegung: Berlin am 8.10.2016

von Reiner Braun

Die Aktionskonferenz der Friedensbewegung am 2.07.2016 in Dortmund beschloss den Aufruf zu der Friedensdemonstration unter dem Motto: „Die Waffen nieder! Kooperation statt NATO-Konfrontation. Abrüstung statt Sozialabbau“. Sie überarbeitete und verabschiedete den von dem „Bundesausschuss Friedensratschlag“ und der „Kooperation für den Frieden“ vorgelegten Aufruf als Plattform für die Vorbereitung und als Grundlage vielfältiger weiterer öffentlicher Aufrufe, Appelle und öffentlicher Materialien.

Wann, wenn nicht jetzt, ist diese Demonstration notwendig: „Die Kriegsgefahr ist heute größer denn je“, so der bestimmt nicht als Pazifist zu bezeichnende Vorsitzende der Münchner „Sicherheitskonferenz“, Wolfgang Ischinger. Außenminister Steinmeier spricht von Säbelrasseln und Kriegsgeschrei der NATO. Der OSZE Sonderbeauftragte Gernot Erler und der ehemalige Vorsitzende des NATO Militärausschusses, General Kujat, warnen vor der Kriegsgefahr. Der ehemalige Grüne Staatsminister Vollmer unterstreicht in einem Brief an seine Partei die gefährliche Situation. Unschuldig an der jetzigen Situation ist keiner dieser Herren, sie haben an verantwortlicher Stelle die Ausdehnung der NATO nach Osten, die Konfrontationspolitik gegen Russland, die völkerrechtswidrigen Interventionskriege z.B. gegen Jugoslawien mitbetrieben. Trotzdem: Auch sie sehen – wie übrigens auch der ehemalige Bundeskanzler Schröder – die Dynamik der Kriegseskalation vorangetrieben durch die NATO, die auch in einem großen Krieg münden kann. Dieser wird auch in Europa ein Atomkrieg sein.

Die Friedensbewegung darf dazu nicht schweigen, sie ist gefordert.

  • Bundeskanzlerin Merkel will große Teile der Bevölkerung in größere Armut treiben, will Bildung und Gesundheit runterfahren, Soziales weiter kürzen, Umwelt und Klima vergessen. Anders ist die provokative Äußerung vor dem CDU Wirtschaftsausschuss nicht zu verstehen, die Militärausgaben in Richtung eines 3,4% Anteil am Bruttosozialprodukt, der Ausgabenhöhe der USA, zu entwickeln. 90 Milliarden für Rüstung und Krieg heißt diese Aussage in nackten Zahlen.
  • Auf diesen groben Klotz gehört eine deutliche und laute Antwort der Friedensbewegung.
  • Der NATO-Gipfel ist, wenn diese Zeitschrift erscheint, vorbei, und klar ist, deutsche SoldatInnen stehen wieder an der Grenze zu Russland – 75 Jahre nach dem Überfall auf die Sowjetunion. Ich habe mir das nicht vorstellen können. Die Stationierung von Truppen in Polen und im Baltikum, die permanenten Manöver, der Raketenabwehrschirm, das ist Konfrontation pur – gefährlich, teuer. Von einer Partnerschaft mit Russland bleiben seltene, mehr als sonntägliche verbale Bekenntnisse, die Realität ist eine andere. Die NATO muss überwunden werden.
  • Deshalb ist die Friedensbewegung gefordert: Lasst uns Russland nicht zum Feind machen. Wir wollen eine Politik der gemeinsamen Sicherheit und der Abrüstung. Deshalb müssen wir aufklären, warnen und demonstrieren.
  • Brexit ist in aller Munde. In noch zu wenigen Mündern und der Öffentlichkeit ist die gerade nach dem Brexit noch einmal massiv vorangetriebene europäische Militarisierung. Das Papier des EU-Gipfeltreffens zur Sicherheitspolitik und auch die gemeinsame Stellungnahme des deutschen und französischen Außenministers sind militaristische Großmachtambitionen: mehr Interventionen, höhere Rüstung, weitere Kriege und Interventionen für „unsere Ressourcen“ überall auf der Welt und die Interessen der politischen und ökonomischen Eliten. (1)
  • Wer ein Europa des Friedens will, muss gegen die militaristische Politik der EU auf die Straße gehen.
  • Die Zusammenfassung und Pointierung dieser gefährlichen Rüstungspolitik der Bundesregierung befindet sich im „Verteidigungspolitischen Weißbuch 2016“, das im Juli veröffentlicht wird. Erinnert sei nur an Ramstein und Drohnen, aber auch die neue Großmachtrolle, die Steinmeier so klar und ausführlich in dem Magazin des US-Außenministeriums „Foreign Affairs“ beschrieben hat. (2)
  • Unsere Demonstration ist auch eine Antwort auf dieses „Rüstungsbuch“.

Wir wissen, es gehört Mut und Courage dazu, diese bundesweite Demonstration angesichts der nach wie vor beschränkten Mobilisierungskraft der Friedensbewegung vorzubereiten. Die großen Aktionen in Ramstein haben aber gezeigt, dass vieles geht – auch viel mehr, als manche vermutet haben.

Ohne in Voluntarismus zu verfallen, lasst uns die Sorgen der Menschen in unserem Lande um den Frieden aufnehmen, lasst uns das gewachsene Interesse an der Friedensfrage nutzen und gemeinsam, einheitlich und ohne Ausgrenzung, hoffentlich mit vielen Neuen, mit Engagement auf die vielen Friedensinteressierten zugehen. Zuschauen, sympathisieren oder Internetbetrachtung reichen angesichts der Gefahren nicht mehr aus, Resignation und Individualisierung nutzt nur denen, die keinen Frieden wollen – lasst uns werben für ein Mitmachen und Mitgestalten durch Viele – kreativ, pluralistisch und partizipativ.

Es ist unsere Verantwortung, wir trauen uns – Frieden braucht Bewegung. 8.10.2016 Berlin Demonstration für den Frieden.

 

Anmerkungen
1 Shared Vision, Common Action: A Stronger Europe. A Global Strategy for the European Union’s Foreign And Security Policy. Online: http://eeas.europa.eu/top_stories/pdf/eugs_review_web.pdf

2 https://www.foreignaffairs.com/articles/europe/2016-06-13/germany-s-new-...

Ausgabe

Rubrik

Initiativen
Reiner Braun war Geschäftsführer der IALANA Deutschland und ist ehem. Co-Präsident des Internationalen Friedensbüros (IPB).