Oberndorf - Kassel - Berlin

„Frieden geht!“: Der Staffellauf gegen Rüstungsexporte ist in Berlin angekommen

von Sarah Gräber
Foto: Helmut Lohrer

13 Tage, 83 Etappen und über 1.100 Kilometer galt es zu absolvieren. Und am Samstag, den 02. Juni, war es dann soweit: Der Staffellauf gegen Rüstungsexporte „Frieden geht!“ ist in Berlin angekommen.

Dieses einzigartige Projekt hatte es sich zum Ziel gemacht, ein deutliches Zeichen gegen eine Praxis zu setzen, zu der die Mehrheit der Deutschen eine ganz klare Meinung hat: 64 Prozent sind gegen den Verkauf von Waffen und anderen Rüstungsgütern ins Ausland. Acht von zehn Bürgerinnen und Bürgern lehnen Exporte in Kriegs- und Krisengebiete ab. Besonders stark ist die Ablehnung mit 83 Prozent bei Waffenlieferungen an den Nato-Partner Türkei. Das ist das Ergebnis einer neuen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov.

Man sollte annehmen, dieses eindeutige Ergebnis, das ältere Umfragen bestätigt hat, würde die Politik dazu bewegen, eine restriktivere Rüstungsexportpolitik umzusetzen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die letzte große Koalition hat in den vergangenen vier Jahren deutlich mehr Rüstungsexporte genehmigt als die Vorgängerregierung. Der Export von Kleinwaffen stieg um 47 Prozent, deutsche Waffenexporte an besonders problematische Drittländer wurden massiv ausgeweitet. Der Gesamtwert der Lieferungen lag von 2014 bis 2017 bei 25,1 Milliarden Euro. Weltweit ist Deutschland sowohl bei Kleinwaffen als auch bei Großwaffensystemen drittgrößter Rüstungsexporteur. Kaum war die neue Bundesregierung im Amt, genehmigte der Bundessicherheitsrat im März die Lieferung von acht Patrouillenbooten an Saudi-Arabien. Und das, obwohl im Koalitionsvertrag steht, dass Waffenexporte an Staaten, die am Jemen-Krieg beteiligt sind, ausgesetzt werden.

Das sind nur einige Beispiele für die lasche Rüstungsexportkontrolle, der sich die 18 Trägerorganisationen von „Frieden geht!“ entgegen stellen. Beteiligt waren nicht nur Friedensorganisationen, sondern auch Kirchen, Entwicklungsorganisationen, Kulturschaffende und SportlerInnen.
Am 21. Mai 2018 startete der Lauf in Oberndorf, wo die Waffenfirma Heckler & Koch ihren Sitz hat.

Zurückgelegt wurde die Strecke bis zum Bundestag in Berlin im Gehen und Joggen sowie in Form von Halb- und Marathonläufen und teilweise mit dem Fahrrad. Passiert wurden unter anderem Furtwangen, Freiburg, Offenburg, Heidelberg, Karlsruhe, Mannheim, Frankfurt, Fulda, Kassel, Eisenach, Erfurt, Jena, Halle, Wittenberg sowie Potsdam und damit Rüstungsproduzenten und -exporteure, politische Entscheidungszentralen und Behörden.

Insgesamt haben sich 2.500 SportlerInnen, und damit mehr als doppelt so viele wie erwartet, daran beteiligt, den Staffelstab bis nach Berlin zu bringen. Mehrere hundert Menschen haben außerdem zur Durchführung vor Ort mit Versorgungsstationen, Kundgebungen und Kinoabenden beigetragen. An allen Staffelübergabepunkten wurden die TeilnehmerInnen begeistert in Empfang genommen, verköstigt und angefeuert. Überall haben die Menschen vor Ort etwas auf die Beine gestellt und so „Frieden geht!“ über zwei Wochen eine einzigartige Atmosphäre verliehen.

Die Abschlussveranstaltung in Berlin war der krönende Abschluss dieses besonderen Projekts, das auch in den Medien erfreulich positiv aufgenommen wurde. Neben toller Musik von The Jamie Dark Band und Zweierpasch wurde durch eindrucksvolle Reden die Bedeutung des ganzen Unterfangens nochmals betont. „Wer – wie der Bundessicherheitsrat im Bundeskanzleramt – Kriegswaffenexporte an menschenrechtsverletzende Staaten genehmigt, der leistet Beihilfe zu schweren Menschenrechtsverletzungen. Und wer – wie der Bundessicherheitsrat unter Führung der Bundeskanzlerin Angela Merkel – Kriegswaffenexporte an kriegführende Staaten genehmigt, der leistet Beihilfe zu Mord“, kritisierte Jürgen Grässlin, Sprecher der Kampagne Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel! und Vorsitzender des RüstungsInformationsBüros (RIB e.V.).

Die euphorischen Reaktionen der Läuferinnen und Läufer haben die OrganisatorInnen tief beeindruckt. Der Staffellauf bot eine Möglichkeit, sich als Einzelne/r klar gegen Rüstungsexporte zu positionieren und als Teil einer großen Gruppe tatsächlich etwas zu bewegen. Am 6. Juni wird die Resolution, die im Inneren des Staffelstabs von Oberndorf bis in die Hauptstadt getragen wurde, vor dem Paul-Löbe-Haus an den Wirtschaftsausschuss übergeben. Was die Politik daraus macht, bleibt abzusehen. Die Beteiligten sind sich jedenfalls einig: Sie werden gemeinsam weiterkämpfen. Wenn es nötig ist, auch mit einem weiteren Staffellauf!

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Sarah Gräber ist Campaignerin der Kampagne "Unter 18 nie! Keine Minderjährigen in der Bundeswehr".