Memorandum vorgelegt:

Friedenssicherung in den 90er Jahren - Neue Herausforderungen an die Wissenschaft

von Jürgen Nieth
Initiativen
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Ein Memorandum: "Friedenssicherung in den 9oer Jahren - Neue Her­ausforderungen an die Wissenschaft", hat die Informationsstelle Wis­senschaft und Frieden in Bonn herausgegeben.

Das Memorandum akzentuiert neue Themen und Fragestellungen einer Frie­dens- und Konfliktforschung mit Blick auf die historisch radikal sich verän­dernde Weltsituation nach Auflösung des Ost-West-Konfliktes (Kalten Krieges). Es setzt sich kritisch mit der gegenwärtigen Relegitimierung militäri­scher Mittel zur Krisenbewältigung aus­einander. Weder für ethnische Probleme noch für Flüchtlingsströme, noch für den Schutz von Natur und Ressourcen seien Waffeneinsatz und Gewalt ad­äquate Antworten. Es will Impulse set­zen für die Entwicklung neuer Kompe­tenzen zur zivilen Bearbeitung zwi­schenstaatlicher und innergesellschaftli­cher Konflikte.

Erstmalig haben an diesem Memoran­dum 31 Gesellschafts- und Naturwis­senschaftlerInnen mitgewirkt (u.a. Prof. G. Altner, Koblenz, Dr. H. Birckenbach, Hamburg, Prof. H.P. Dürr, Prof. B. Gonsior, Bochum, Dr. P. Opitz, Berlin, Prof. D. Senghaas, Bremen), die mehr­heitlich an deutschen Hochschulen, aber auch an außerschulischen Einrichtungen tätig sind und - aus ihren Fachdiszipli­nen kommend - friedenswissenschaft­lich arbeiten.

Sie stellen fest, daß die gegenwärtige Forschungspolitik und -förderung nicht eingestellt ist auf die Herausforderungen globaler Friedenssicherung, die die Pro­bleme von Technikentwicklung und Rü­stungsdynamik, ökologische Risiken, veränderte weltwirtschaftliche Bedin­gungen und neue innergesellschaftliche / nationale Konfliktebenen im Zusam­menhang bearbeitet. Sie gewichten stark die globalen Problemansätze zukünfti­ger Friedenssicherung und drängen auf die Herstellung fachübergreifender Zu­sammenhänge.

Die für die Redaktion Verantwortlichen, Corinna Hauswedell (Vorsitzende der Infostelle Wissenschaft und Frieden - IWIF, Bonn) und Karlheinz Koppe (Leiter der Arbeitsstelle Friedensfor­schung - AFB, Bonn), kritisieren, daß für entsprechende interdisziplinäre frie­denswissenschaftliche Ansätze kaum angemessene Strukturen und Finanz­mittel zur Verfügung stehen. Sie fordern eine inhaltliche Neukonzipierung der öf­fentlich rechtlichen Förderung von Friedenswissenschaft. Die im Bundes­haushalt 1992 beschlossene Kür­zung um eine Million der ohnehin be­reits äu­ßerst geringen Bundesmittel von 3,1 Millionen DM (zum Vergleich die Mi­litärforschung bekommt 4,1 Milliar­den jährlich) müsse rückgängig ge­macht, zusätzliche Mittel sollten zur Verfügung gestellt werden.

Wenn das Memorandum auch nicht die ganze Breite und Tiefe tatsächlicher und potentieller friedenswissenschaftlicher Forschung abdecken kann, so vermittelt es doch ein realistisches Bild der Frage­stellungen und Forschungsaufgaben. Sie sind nach den vier heute relevanten Konfliktfeldern geordnet, in denen sich Existenz und Zukunft der Menschheit entscheiden: Frieden in den internatio­nalen Beziehungen, Frieden zwischen Mensch und seiner Umwelt, Frieden als Aufgabe sozialer und ökonomischer Ge­rechtigkeit, Frieden als Sicherheit vor innergesellschaftlicher Gewalt. Den Ab­schluß des Memorandums bilden Über­legungen zur zukünftigen Forschungs­struktur und Forschungsförderung sowie eine Auswahlbibliographie zum Thema.

Das Memorandum ist über die Informa­tionsstelle Wissenschaft und Frieden, Reuterstraße 44, 5300 Bonn - 1 (Tel. 0228/210744) zum Preis von DM 8,-- plus Porto zu beziehen.

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Jürgen Nieth ist stellvertretender Vorsitzender der Informationsstelle Wissenschaft und Frieden. Er ist aktiv in der Friedensbewegung seit den Ostermärschen der 1960er Jahre und war von 1995 bis 2014 Redakteur von Wissenschaft & Frieden.