Enthüllung des Gedenksteins für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure in der Gedenkstätte Buchenwald, Weimar am 15. Mai

Gedenken an Wehrmachtsdeserteure

von Guido Grünewald
Initiativen
Initiativen

Der Deutsche Bundestag hat am 15. Mai 1997 festgestellt: "Der Zweite Weltkrieg war ein Angriffs- und Vernichtungskrieg, ein vom nationalsozialistischen Deutschland verschuldetes Verbrechen." Die NS-Militärjustiz hat diejenigen, die sich an diesem Verbrechen nicht (mehr) beteiligen wollten, mit blutiger Konsequenz verfolgt. Gegen Wehrmachtsdeserteure wurden 30.000 Todesurteile ausgesprochen, mehr als 25.000 wurden vollstreckt. Die Kriegsteilnehmer USA, Frankreich und Großbritannien haben dagegen im 2. Weltkrieg zusammen nicht einmal ein Dutzend Deserteure hingerichtet.

Der Bundestag hat in seiner Entschließung vom Mai 1997 zwar festgestellt, die von der Wehrmachtjustiz verhängten Urteile seien "unter Anlegung rechtsstaatlicher Wertmaßstäbe Unrecht gewesen". Mit dem "Gesetz zur Aufhebung von NS-Unrechtsurteilen" vom 1. August 1998 sind die Deserteure allerdings nicht generell rehabilitiert worden, sondern ihre Rehabilitierung setzt - im Unterschied zu anderen Opfergruppen - eine Einzelfallprüfung voraus. D.h jeder einzelne Deserteur muss einen Antrag bei der zuständigen Staatsanwaltschaft stellen, um rehabilitiert zu werden. Die wenigen überlebenden Deserteure lehnen dieses Ansinnen nach einem Leben voller Diskriminierungen, Demütigungen und Beleidigungen als unzumutbar ab.

Die Veranstalter sind der Ansicht, dass Desertion angesichts des verbrecherischen Charakters des deutschen Angriffs- und Vernichtungskrieges eine ehrenvolle und politisch gebotene Handlung war. Statt die wenigen überlebenden Deserteure weiter zu diskriminieren und ihnen beispielsweise eine Rentenzahlung für ihre Leidenszeit zu verweigern, sollen sie für ihr mutiges Handeln geehrt und gesellschaftlich rehabilitiert werden. Das Europäische Büro für Kriegsdienstverweigerung (EBCO) hat bereits 1997 im ehemaligen KZ Mauthausen eine Gedenkfeier für Wehrmachtsdeserteure veranstaltet und eine Gedenktafel enthüllt. Im Mai 1999 hat EBCO mit Unterstützung der Heinrich-Böll-Stiftung eine Seminarveranstaltung "Schutz und Anerkennung der Deserteure" in Buchenwald durchgeführt und die Wehrmachtsdeserteure mit einer öffentlichen Feier geehrt.
 

Nachdem inzwischen Forschungslücken geschlossen werden konnten und zweifelsfrei feststeht, dass in den Konzentrationslagern Buchenwald und Mittelbau-Dora mehrere Hundert Kriegsdienstverweigerer und Deserteure inhaftiert waren, soll nun am 15. Mai 2001 (Internationaler Tag der KDVer) erstmals in einem ehemaligen deutschen KZ ein Gedenkstein für Wehrmachtsdeserteure enthüllt werden. Der Stein wird folgende Inschrift tragen:

"Zur Erinnerung an die Kriegsdienstverweigerer und Deserteure, die Opfer der national-sozialistischen Militarjustiz wurden. Vom November 1944 bis März 1945 wurden mehrere hundert von Kriegsgerichten Verurteilte aus dem Militärstrafvollzug in das Konzentrationslager Buchenwald eingewiesen. Fast alle kamen von hier in das Konzentrationslager Mittelbau-Dora. Viele überlebten nicht."
 

Ausgabe

Rubrik

Initiativen
Dr. Guido Grünewald ist internationaler Sprecher der DFG-VK und Vorstandsmitglied des EBCO.