USA unter Trump

Gefährliches Zündeln mit unabsehbaren Folgen

von Christine Schweitzer
Im Blickpunkt
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( c ) Netzwerk Friedenskooperative

Nordkorea, sein Atomwaffenprogramm und seine geschätzt 1.000 Trägerraketen sind eines der Probleme, die die neue US-Administration von der alten geerbt hat. Im letzten Jahr hatte Nordkorea zwei Atomwaffentests und 24 ballistische Tests durchgeführt, was zu regelmäßigen Verurteilungen und Sanktionen durch den US-Sicherheitsrat geführt hatte. In den letzten Monaten hat Nordkorea seine Raketentests verstärkt, was allgemein nicht nur als ein Test von neuen technischer Fähigkeiten, sondern auch als ein Testen des neuen US-Präsidenten interpretiert wurde. Doch während Obama auf Deeskalation setzte, scheint die Trump-Regierung einen militärischen Erstschlag zu erwägen.

Die erste, die es aussprach, war die US-Gesandte bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, nach einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats am 8. März: "Alle möglichen Maßnahmen werden geprüft. Alle Optionen liegen auf dem Tisch."

Mitte März sprach Trump bei Telefonaten mit der südkoranischen und japanischen Regierung davon, das "ganze Spektrum von Amerikas militärischen Fähigkeiten" einsetzen zu wollen.

Kurz danach reiste dann Außenminister Rex Tillerson nach Südostasien, um ‚ein neues Herangehen‘ an Nordkorea zu versuchen. In Südkorea sagte er, dass ‚die Politik der strategischen Geduld‘ von Obama beendet sei. „We are exploring a new range of diplomatic, security and economic measures. All options are on the table.”

Wenn ein Atomwaffenstaat von „allen Optionen“ spricht, dann kann dies eigentlich nur so gedeutet werden, dass auch der Einsatz von Atomwaffen nicht ausgeschlossen wird.

Eine erste militärische Reaktion der USA erfolgte schon: Nach den Raketentests vom 6. März begannen die USA damit, das Raketenabwehrsystem THAAD in Südkorea zu installieren und wollen bis Anfang 2018 Kampfdrohnen vom Typ MQ 1C-Gray Eagle nach Südkorea verlegen. Außerdem fanden im März-April (allerdings schon lang geplante und auch früher schon durchgeführte) Millitärmanöver von Südkorea und den USA statt, die von Nordkorea als Übung für eine Invasion gewertet wurden. In Südkorea sind ca. 28.000 und in Japan weitere 50.000 amerikanische SoldatInnen stationiert.

China beobachtet diese Entwicklungen mit großer Sorge und lehnt insbesondere das Raketenabwehrsystem ab – es verschiebe die strategischen Gleichgewichte in der Region. Ein ehemaliger General drohte sogar im März mit einer „chirurgischen Kill-Operation“, „die das Ziel zerstört und einen Gegenschlag vereitelt". China ist der jahrzehntelange Unterstützer Nordkoreas, warnte aber Anfang März vor einem Frontalzusammenstoß mit Nordkorea und forderte eine Rückkehr an den Verhandlungstisch. Nordkorea solle seine Atom- und Raketenaktivitäten aussetzen und die USA und Südkorea ihre Manöver einstellen. In der Presse wurde Außenminister Wang Yi wie folgt zitiert: "Die beiden Seiten sind wie beschleunigende Eisenbahnzüge, die aufeinander zurasen, und keiner will dem anderen ausweichen. Die Frage ist: Wollen sie beide wirklich einen Zusammenstoß riskieren? In dieser Lage ist es unsere Priorität, das rote Licht zu zeigen und in beiden Zügen die Bremsen zu betätigen." Bei einem Treffen des chinesischen und des amerikanischen Außenministers Mitte März wiederholte China seine Mahnungen an Nordkorea. Im April wollen sich Trump und der chinesische Präsident Xi Jinping treffen.

Spannungen zwischen Nord- und Südkorea datieren nicht erst in die Zeit Trumps. Seit dem ersten Atomwaffentest Nordkoreas im Jahr 2006 beschloss der Sicherheitsrat bereits sechs Male Sanktionen gegen das Land. Was ist also eigentlich Neues passiert in den letzten Monaten? Die BefürworterInnen eines präemptiven Militärschlags argumentieren, dass Nordkorea seine Technologie, sowohl was atomare Sprengköpfe wie deren Trägersysteme angeht, verfeinere und dicht davor stünde, mit Interkontinentalraketen die USA selbst angreifen zu können. Die entsprechende Propaganda liefert Nordkorea gleich selbst gratis mit – so wurde Mitte März, wohl auch in Reaktion auf die amerikanisch-südkoreanischen Militärmanöver, ein Video publiziert, das die Zerstörung der US-Truppen in Südkorea zeigt.

Wie weit da eine Überschätzung der nordkoreanischen Fähigkeiten in Spiel ist, muss den Fachleuten und Geheimdiensten überlassen bleiben. Aber das wirklich Neue ist nicht diese Aufrüstung, sondern die Drohung der USA mit einem Erstschlag. Und mit der impliziten Drohung, dass dies auch den Einsatz von Atomwaffen bedeuten könne.

Ist die Eskalation also ausweglos? Keineswegs. In Südkorea wird erwartet, dass bei den demnächst anstehenden Wahlen Moon Jae-In zum Präsidenten gewählt wird. Er steht der Stationierung des Raketenabwehrsystems kritisch gegenüber und will neue Verhandlungen mit Nordkorea. Dass solche Verhandlungen möglich sind, halten auch PolitikerInnen in den USA wie der frühere US-Verteidigungsminister William Perry für möglich. Elemente einer Übereinkunft könnte ihm zufolge sein, dass Nordkorea auf weitere Atom- und Raketentests verzichte und einer Weitergabe seiner Technologie abschwört, im Gegenzug Südkorea dem Norden Wirtschaftshilfe leistet und die USA dem Norden Sicherheitsgarantien geben.

Die Zitate wurden der Tagespresse entnommen.

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Christine Schweitzer ist Co-Geschäftsführerin beim Bund für Soziale Verteidigung und Redakteurin des Friedensforums.