Ein Bericht über die Tagung in Burscheid im Dezember '87

Gewaltfreie Politik

"Gewaltfreie Politik in der BRD" war das Thema einer Tagung, die im Dezember 1987 in Burscheid (BRD) stattgefunden hat. 180 Personen waren der Einladung gefolgt. Sie kamen vorwiegend aus gewaltfreien Aktionsgruppen, christlichen Initiativen und parteiunabhängigen Friedensgruppen. Die TeilnehmerInnen und VeranstalterInnen waren sich zum Abschluß der Tagung darin einig, daß hiermit ein wichtiger Schritt zu mehr gemeinsamer politischer Praxis getan wurde. Eine Annäherung dieser aus unterschiedlichen Gruppierungen kommenden Menschen ist tatsächlich ein Erfolg - hatte es doch in den letzten Jahren in der BRD einige Konflikte um Gewaltfreiheit gegeben.

Der Punkt, an dem sich alle noch einig sind, betrifft das Verständnis der Verhältnisse, in denen wir leben: Wo Menschen gesellschaftliche Verhältnisse unerträglich finden, wo ihre soziale und ökonomische Existenz ebenso wie ihr Überleben durch die herrschende Politik gefährdet wird, da liegt schon Gewalt vor. Werden von denjenigen, die eine "Gegengewalt" gegen diese Gefährdungen ablehnen, keine alternativen Wege gewiesen, so treiben sie Menschen mit in die Resignation, andere in die Verzweiflung. Es geht darum, mit Menschen aus verschiedenen politischen Zusammenhängen einen Weg zu finden, die Formel von der "Macht der Gewaltfreiheit" mit Inhalt und Leben zu füllen. Darüber eine Diskussion zu führen, war an der Zeit.

Ausgangspunkt der Debatte war eine Reihe unterschiedlicher Einschätzungen über das, was "Gewaltfreie Politik" heißen kann. Reklamiert wird ja Gewaltfreiheit mittlerweile von autoritären Konservativen über Sozialdemokraten und die Partei der Grünen bis hin zu gewaltfreien AnarchistInnen. Der Begriff hat eine gewisse Attraktivität gewonnen. Und leider muß ich sagen, daß es oft nur der Begriff ist, der schon fast eine inflationäre Verwendung findet. Im Prozeß der Verbreitung des Begriffes sind Inhalte verloren gegangen, die mir wichtig sind. Oft unbekannt sind die Wurzeln der Gewaltfreiheit, wie sie von Gandhi oder anarchistischen AntimilitaristInnen in Europa grundgelegt wurden. Auf diese Weise verschwimmt zunehmend auch die mögliche befreiende Qualität gewaltfreier Politik.

Antworten auf die Fragen nach dem "Was" und "Wie" einer solchen Politik wurden in vier Arbeitsgruppen gesucht: "Gewaltfreiheit und staatliches Gewaltmonopol", "Sexismus und Männergewalt", "Aktionsperspektiven und Strategien", "Politik im Alltag". Es zeigte sich auch hier, daß diese Diskussion erst den Beginn einer notwendigen weiteren darstellt, die - so ein noch aufzugreifender Vorschlag - bei regionalen Treffen in diesem und im nächsten Jahr fortgesetzt werden soll. Eine weitere bundesweite Tagung könnte dann gegen Ende '89 stattfinden.

Derzeit wird eine Dokumentation fertiggestellt, die bei der u.a. Kontaktanschrift gegen Kostenerstattung erhältlich ist.

Graswurzelwerkstatt, Scharnhorststr. 6, 5000 Köln 60, Tel. 0221-765842

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