Bericht von der Münchner Friedenskonferenz 2009

Globale Bedrohungen für den Frieden – zivile Anworten

von Gertrud Scherer
Initiativen
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( c ) Netzwerk Friedenskooperative

Parallel zur Münchner Sicherheitskonferenz Anfang Februar hat auch dieses Jahr wieder eine Friedenskonferenz vom 6.-8. Februar in München stattgefunden. Alle Veranstaltungen vom Internationalen Forum am Freitag Abend im Alten Rathaussaal bis zum Friedensgebet der Religionen am Sonntag zogen erneut mehr Interessierte an als im Vorjahr. Im Rathaussaal reichten die 400 Stühle nicht für alle Teilnehmenden aus.

Das Forum eröffnete Jakob von Uexküll, Begründer des Alternativen Nobelpreises und des Weltzukunftsrates (World Future Council). Er stellte in seinem Vortrag den Weltzukunftsrat (World Future Council) vor. Ihm gehören weltweit 50 ausgewählte Personen aus Regierungen, den Zivilgesellschaften, aus Geschäftswelt, Wissenschaft und Kultur an, die die Sorge um die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaften und das Wissen um gemeinsame Werte verbindet, denen sie in der Welt Gehör verschaffen wollen.

Das erste große Thema, das dieser Rat zu bearbeiten begann, ist die Klimakrise. Ihre Gefahren würden von Politik und  Wirtschaft und in der breiten Öffentlichkeit in ihrem Ausmaß noh nicht ernst genommen. Von Uexküll sagte, die Klimakrise sei keine Umweltkrise mehr, sondern das größte Friedensrisiko der Welt. Nach seiner Ansicht brauchen wir ein neues Verständnis von Gefahren und Risiko-Hierarchien. Danach müsse die Öko-Bilanz vor der Wirtschaftsbilanz kommen. Zum Beispiel seien nicht die erneuerbaren Energien zu teuer, sondern  vielmehr der Verzicht auf die maximale Nutzung der Energie, die  Sonne und Wind heute liefern könnten. Dieser Verzicht sei verschwenderisch und zutiefst verantwortungslos. Angesichts des beispiellosen Versagens von Politik und Medien in Sachen Klimawandel  liege es an der Zivilgesellschaft – also an uns - , die richtigen Prioritäten zu setzen. Als Beispiel führte er die Sklaverei an, die ja auch einmal profitabel und politisch akzeptiert gewesen sei. Aber eine kleine Gruppe von Menschen, beauftragt nur von ihrem Gewissen, habe aus der wirtschaftlichen eine ethisch-moralische Frage gemacht und damit die Abschaffung der Sklaverei erreicht. Jetzt sei eine neue industrielle Revolution auf der Basis von Kreislaufmodellen nötig, die auf erneuerbare Energien und deren größtmögliche Ausnutzung setzen. Von Uexküll im O-Ton:  „Visionen brauchen Fahrpläne.“ 

Die Kanadierin  Mary-Wynne Ashford ist ehemalige Co-Präsidentin der Internationalen Ärztevereinigung zur Verhütung von Atomkriegen ( IPPNW ). Ihr Interesse gilt der Stärkung der Zivilgesellschaft.  In ihrem jüngsten Buch Genug Blutvergießen. 101 Lösungen für Gewalt, Terror und Krieg  beschreibt sie Erfolgsgeschichten von nicht gewalttätigen Interventionen, die Kriege beendet haben.

Ihren Vortrag leitete sie mit überraschenden Zahlen ein: Seit 1991 sei die Zahl der großen Kriege und Völkermorde mit über 1.000 Toten um 90 % gesunken und die Zahl der kleineren Kriege um 40 %. Seit 1986, als Marcos auf den Philippinen gestürzt wurde,  seien 61 Diktatoren ohne nennenswerten Gewalteinsatz vertrieben worden.  Diese und noch weitere Zahlen belegen für sie, dass die Zivilgesellschaft auf der Gewinnerseite sei. Frau Ashford sprach - wie von Uexküll – von einer großen gesellschaftlichen Revolution, in der wir mittendrin stehen. Als Gründe für den Rückgang der Kriege führte sie auf:  die wachsende Macht der UNO, internationale Gesetze und besonders den Internationalen Strafgerichtshof, den steigenden Einfluss der Zivilgesellschaft und die immer wichtiger werdende  Rolle der Frauen. Nach ihren Angaben stellen diese 70 % der engagierten zivilen Menschen.

Mit zwei Beispielen unterstrich sie die Wirkmacht der Zivilgesellschaft: Die internationale Kampagne zur Abschaffung  der Landminen erreichte ihr Ziel innerhalb eines Jahres mit dem Vertrag zur Ächtung der Landminen. Das zweite Beispiel brauchte etwas mehr Zeit. Auf einem IPPNW-Kongress 1988 wurde die Ächtung der Atomwaffen diskutiert Dann startete man zu diesem Thema eine weltweite Kampagne mit Stellungnahmen und Unterschriften, bis 1996 der Durchbruch gelang: Der Internationale Strafgerichtshof erklärte Atomwaffen für illegal und  eine komplette Nuklearabrüstung für erforderlich.

Werber Ruf stellte unter dem Titel Globale Bedrohungen für den Frieden den Strategiewechsel der NATO in den Mittelpunkt. Er bezeichnete es als einen Kardinalfehler der europäischen Regierungen, dass sie sich 1990 weiter unter den NATO-Schild gestellt und von der US-Dominanz  nicht losgekoppelt hätten. Jetzt sehe sich die NATO in der Weltpolizistenrolle und gefährde damit die Sicherheit weltweit. Für die jetzige EU-Politik benannte er zwei Alternativen: entweder mit den USA weiterhin militärisch vorzugehen, also den Frieden zu „erschießen“, um weiter mitreden zu können, oder aber eine Kooperation im Sinne der Charta von Paris aus dem Jahr 1990 zu verfolgen, das heißt: eine Zusammenarbeit von USA – Russland – China zusammen mit Europa anzustreben. Werner Ruf warnte eindringlich vor einem militarisierten Europa.

Ich denke, dass wir in der Friedensbewegung allgemein und in Pax Christi, der Organisation, der ich angehöre, solche Stimmen  für unsere Friedensarbeit dringender denn je brauchen. Denn sie können uns stärken in unserem Glauben: „Eine andere Welt ist möglich.“

Mehr Informationen über die Friedenskonferenz gibt es bei www.friedenskonferenz.info.

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Gertrud Scherer ist aktiv bei pax christi München.