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Gericht will soldatischen Kadavergehorsam
Golfkriegsprozesse gehen weiter
vonWir können hier nur kurz vom Bonner Gerichtsgeschehen berichten, bitten aber nach wie vor dringend, uns Informationen auch aus anderen Städten zuzusenden.
Die Prozesse gegen das Flugblatt der GRÜNEN und das Flugblatt der vier Vorsitzenden christlicher Friedensorganisationen waren überraschenderweise mit Freisprüchen ausgegangen. Bei den GRÜNEN wurde argumentiert, daß sich der Aufruf erst auf einen noch in der Zukunft liegenden Fall eines Bundeswehr-Einsatzes bezog und der zudem insgesamt politisch umstritten war, jedenfalls habe der Desertionsaufruf so noch gar nicht greifen können. Bei dem Christen-Flugblatt wurde vom Gericht zugestanden, daß dem Aufruf auch durch gesetzeskonforme Kriegsdienstverweigerunghätte gefolgt werden können, zumal alle sich real weigernden Soldaten wie Kriegsdienstverweigerer von der Bundeswehr behandelt worden sind.
Gegen beide Freisprüche hat die Bonner Staatsanwaltschaft Revision eingelegt, so daß es nun auf Landgerichtsebene weitergeht.
Im Fall des Flugblatts der Bonner Pax-Christi-Gruppe -- wir berichteten -- kam es zu einem rechtskräftigen Freispruch auf Landgerichtsebene. Allerdings ist dieser Freispruch mit einer derben und inakzeptablen politischen Begründung versehen. Der Freispruch erfolgte lediglich wegen Verbotsirrtums, während der Amtsgerichtsfreispruch teilweise auch inhaltlich dem Flugblatt folgte. Der Richter begründete schon bei der mündlichen Urteilsverkündung, daß das zu schützende Rechtsgut die Gehorsamsstruktur der Armee sei und das Gewissen im Ernstfall hintanstehen müsse. In der schriftlichen Begründung liest sich dies so:
"Wenn ein Wehrpflichtiger von seinem Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung jedoch keinen Gebrauch macht, dann untersteht er der uneingeschränkten Befehlsgewalt seiner Vorgesetzten und muß seine Gewissensentscheidungen zugunsten der Wertentscheidungen der Gesellschaft zurückstellen, auch wenn er sie im Einzelfall nicht billigt." (Landgericht Bonn, 3.kl. Strafkammer am 21.1.92, Az. - 33 S 18/92 -)
Lassen sich die Soldaten solches gefallen? Oder sollte man das Landgerichtsurteil als Aufruf zur generellen Kriegsdienstverweigerung verstehen? Soldaten müssen ihr Gewissen am Kasernentor abgeben. War da nicht schon mal was in unserer Geschichte?
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