14. November in Bonn - über 200.000 fordern:

Grundrechte verteidigen - Flüchtlinge schützen - Rassismus bekämpfen!

von Gregor Witt
Initiativen
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"Wir sind der Verfassungsschutz!" oder "Wählt als Eure Lieblingsfar­ben: die Hautfarben!" - mit solchen Losungen demonstrierten über 200.000 Menschen zwei Tage vor Beginn des SPD-Parteitags in Bonn für das Grundrecht: "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht."

Der Trägerkreis der Demonstration wird in wenigen Wochen eine ausführliche Demo-Dokumentation veröffentlichen. Das "Friedensforum" unterstützt das Vorhaben, indem wir die Dokumenta­tion als Sonderausgabe allen unseren AbonnentInnen zugehen lassen. Unsere Demo-Berichterstattung beschränkt sich deshalb in diesem Heft auf einige Rede­ausschnitte und Bilder aus Bonn. Hinzu kommen Anregungen für die Weiterar­beit zu Hause, die der Demo-Träger­kreis in Bonn verteilt hat.

Redeausschnitte:

"Willy Brandt, Heinz Kühn, Max Brauer, Wilhelm Hoegner und viele an­dere, die den neuen deutschen Staat ge­schaffen und unsere Demokratie ge­formt haben, konnten die Nazi-Zeit überleben, weil sie im Ausland Asyl fanden. Aber Hunderttausende Ver­folgte haben kein Asyl gefunden, haben die Nazi-Zeit nicht überlebt, sind ge­quält, gefoltert und grauenvoll ermordet worden. Wenn gefragt wird, warum Deutschland in der Asylfrage eine be­sondere Verantwortung habe, kann die Antwort nur sein, weil es eine Vergan­genheit hat, die es zu dieser Verant­wortung verpflichtet." - Susanne Miller, Arbeitsgemeinschaft ehemals verfolgter Sozialdemokraten

"Wir haben nicht die Mauer innerhalb Deutschlands abgerissen, um jetzt mitansehen zu müssen, wie neue Mau­ern errichtet werden!" - Ingrid Köppe, MdB, Neues Forum

"Wenn Ihr den Rassismus wirklich an der Wurzel fassen wollt, dann dürft Ihr Euch nicht darauf beschränken, ihn in seiner offenen und gewalttätigen Form zu sehen und zu bekämpfen." - Austen Peter Brandt, Initiative Schwarze Deut­sche

"Jetzt soll auch noch die Sozialhilfe bei allen Flüchtlingen generell um ein Viertel gekürzt werden. Flüchtlinge werden dadurch von der Bundesregie­rung weit unter die Armutsgrenze ge­drückt. Der Gleichheitsgrundsatz ist somit endgültig gestorben... Armut ver­letzt die Würde des Menschen." - Vol­ker Hügel, Flüchtlingsrat NRW

"Sexuelle Gewalt wird vielfach als Mittel der Folter angewendet. Ge­schlechtsspezifische Verfolgung indes ist weder in der Genfer Flüchtlingskon­vention noch in der Asylpraxis der Bun­desrepublik als Fluchtmotiv anerkannt. Dies muß sich ändern!" - Sabine Kriechhammer-Yagmur, Initiative der mit Ausländern verheirateten Frauen

"Da begehen Jugendliche fast täglich Verbrechen vor und in Asylbewerber­heimen, und das einzige, was die Politi­ker tun, ist zu überlegen, wie man die Opfer am besten dafür bestrafen und am schnellsten loswerden kann." - Marten Jennerjahn, Jugendinitiative Rostock

"Wir sollten keine Minute vergessen, daß der Antisemitismus nicht von den Juden geschaffen worden ist. Deshalb ist auch die Behauptung grundfalsch, die Zuwanderung von Ausländern sei der Grund der Ausländerfeindlichkeit." - Volkmar Deile, amnesty international

"In voller Anerkennung dessen, daß eine große Volkspartei unter den Menschen Anklang finden muß, weisen wir darauf hin, daß das einzige Mittel gegen den Rechtsextremismus nicht in symboli­scher Politik, sondern nur in Sozialpoli­tik für die Deklassierten und in einer verstärkten Aufklärung der Menschen liegt." - Micha Brumlik, Jüdische Ge­meinde Frankfurt

"Die Bundesrepublik Deutschland pflegt gute Beziehungen zu den Staaten, die Kurdistan unter sich aufgeteilt haben: Türkei, Iran und Irak. Zum letzteren Staat ist die Beziehung momentan etwas gestört. Die BRD tut dies, obwohl sie weiß, daß in diesen Staaten die Men­schenrechte mit den Füßen getreten werden." - Ciler Firtina, KOMKAR

"Grundrechte sind nicht für Schönwet­terperioden geschaffen; dann brauchen wir sie nicht in der Verfassung. Die Verfassung bewährt sich, wenn Grund­rechte auch in schwierigen Zeiten re­spektiert werden." - Dr. Till Müller, Humanistische Union

"Minderheitenhetze ist keine Erfindung der Schönhubers oder Freys. Politiker sogenannter demokratischer Parteien legten schon vor Jahren die Zündschnur für die Pogrome. Die Warnungen vor der 'durchmischten und durchrasten Ge­sellschaft' und der Aufruf zum 'Ausdünnen der Randgruppe der Homo­sexuellen' stammen aus dem Mund bun­desdeutscher Landesminister." - Volker Beck, Schwulenverband in Deutschland

"Nicht die Flüchtlinge gefährden den Staat, sondern diejenigen Schreib­tischtäter, die glauben, durch das Kopie­ren oder den geistigen Diebstahl von Parolen der sogenannten Republikaner oder faschistischen NPD und DVU die­sen Kräften den Wind aus den Segeln nehmen zu können!" - Yilmaz Karaha­san, IG Metall

"Die SPD und die Bundestags-Fraktion müssen wissen: Bisher haben alle Zuge­ständnisse die Union nicht davon abge­halten, ihre unsägliche Asylkampagne fortzusetzen. Sie sucht Sündenböcke für Fehler, die sie selbst zu verantworten hat: Wachsende Arbeitslosigkeit, zu­nehmende Wohnungsnot und Sozialab­bau!" - Ralf Ludwig, Jungsozialisten

"Wir wollen nicht, daß Deutschland im Krieg gegen die Armen in aller Welt nun auch militärisch aktiv wird. Kriegs­führungsfähigkeit im Süden und Osten und Abschottung gegen Flüchtlinge im Innern sind die zwei Seiten der gleichen Sache." - Joachim Garstecki, Pax Christi

" es ist so, daß ich hierhergekommen bin, um mir selber Mut zu machen ... Eine Demokratie bleibt nur dann leben­dig, wenn wir tagtäglich immer wieder neue Kultur zulassen und uns selber vi­talisieren. ... ich glaube, die Ausländer sind unsere Freunde und die Deutschen sind unsere Familie - das kennt man sel­ber von Weihnachten, da haut man sich meistens auf die Birne. Und ich glaube, es sind wirklich die Ausländer, die un­sere Demokratie und Deutschland le­benswert machen! Und wer jetzt hin­geht in so einer Phase, dieser sozialen Span­nung in Deutschland und anfängt, dar­über zu seiern, daß wir das Asylrecht ändern müssen, der heizt die Menschen auf und erklärt ihnen erstmal gar nicht, was da steht. Da steht schlicht und er­greifend: "Politische Verfolgte genießen Asyl.". Das genauso, als würde man ergänzen wollen: "Die Würde des Men­schen ist unantastbar." Ich weiß nicht, was man da groß ergänzen will. Das sind Fakten und ganz simple Tatsachen! Und ich denke - das ist immer komisch, wenn man hier steht und so Reden schwingt, ich kann halt besser singen - hier wird ganz zynisch und unheimlich kalkuliert von den Politikern und unse­rer Regierung schon Wahlkampf ge­macht. Hier wird ein ausländerfeindli­ches Klima geschürt und man versucht,

die Leute, die wirklich in einer Situation sind, nämlich politisch verfolgt zu sein - was wir uns noch nicht gut vorstellen können - diese Leute werden der Will­kür und unserem Wohlwollen überlas­sen. Ich glaube, diese ganze Aufheizung dient nur dafür, daß man in zwei Jahren diese vier, fünf Prozent am rechten Flü­gel erreicht. Wenn wir jetzt als Demo­kraten nicht losgehen und eindeutig den Rechten eine Absage erteilen, dann wundern wir uns, wie weit wir immer mehr nach rechts abdriften. - Herbert Grönemeyer

Zusammengestellt von Gregor Witt

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