Zum Militärabkommen von Kumanova

Handlungsvorschläge der Liga für Menschenrechte

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Die Internationale Liga für Menschenrechte hat zum Abkommen von Kumanova Stellung bezogen. Wir veröffentlichen daraus die Schlussfolgerungen und Vorschläge zum konkreten Handeln.

Der Krieg ist durch das im Militärabkommen von Kumanovo ausgehandelte Schweigen der Waffen noch lange nicht zu Ende. Es besteht Anlass zur Befürchtung, dass der ausgehandelte Frieden nicht anders betrieben werden wird als der Krieg: über die Köpfe der Betroffenen hinweg.

Es steht zu erwarten, dass zugesagte Wiederaufbauhilfen und "Marschallpläne" des Westens bloße Versprechungen bleiben und die Kriegskosten letztendlich auch hierzulande nicht von denjenigen aufzubringen sein werden, die den Gewinn davon tragen wollen. Der drastische Sozialabbau schon der vergangenen Jahre wird künftig - nicht zuletzt auch zu Gunsten der Aufstockung des Verteidigungshaushalts - mit dem Argument der weltweiten Verteidigung der Menschenrechte verschärft werden. Gleichzeitig denken Innensenatoren und Inneminister - kaum schweigen die Waffen - schon jetzt wieder laut über die Abschiebung der Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien nach.

Die sozialen Bewegungen, insbesondere die bundesdeutsche Friedens- und Menschenrechtsbewegung sind durch die Bombardements der NATO "im Namen der Menschenrechte" in großen Teilen gelähmt und gespalten worden. Viele, die sich in der Nachkriegsgeschichte gemeinsam mit uns für die Menschenrechte und in der Friedensbewegung engagierten, haben durch ihre Parteinahme für die "Nothilfe" der NATO den bisher geltenden antimilitaristischen Konsens aufgekündigt. Sie haben den NATO-Krieg als erste, postnationale Militärintervention für die Weltbürgergesellschaft gerechtfertigt und sind dabei dem Glauben verfallen, es ginge in diesem Krieg nicht um wirtschaftliche und globalpolitische Hegemonialinteressen, sondern um menschenrechtspolitische und humanitäre Ziele.
 

Gleichzeitig darf nicht übersehen werden, dass fast 50% der hiesigen Bevölkerung diesem Krieg ablehnend gegenüberstanden. Im informationellen Krieg der Medien, der Marketender der NATO-Militärs, kamen sie kaum zu Wort. Diesem zum Schweigen gebrachten Teil der Gesellschaft werden auch in Zukunft soziale Bewegungen eine Stimme verleihen müssen.

Die Internationale Liga für Menschenrechte schlägt die Gründung eines breiten Bündnisses aller menschen- und bürgerrechtlichen Nichtregierungsorganisationen in der Bundesrepublik zur Herstellung von Gegenöffentlichkeit und Entwicklung von Aktionen zu den folgenden Themenbereichen vor:

  •  Ziviler Ungehorsam und gewaltfreier Widerstand gegen die Militarisierung der Gesellschaft und eine auf militärischen Konfliktlösungen beruhende Außenpolitik
  • Verhinderung der Abschiebung von Flüchtlingen und Asylsuchenden aus dem ehemaligen Jugoslawien
  •  Schutz einzelner Personen und Institutionen, die sich der Abrüstung des Sozialstaats und Aufrüstung des Militärs widersetzen
  • Unterstützung und Aufnahme von Deserteuren und Kriegsdienstverweigerern

Berlin, 11. Juni 1999

Die komplette Stellungnahme "Frieden in Jugoslawien?" ist erhältlich bei: Internationale Liga für Menschenrechte, Oldenburger Str. 33, 10551 Berlin

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