Appelle für atomare Abrüstung an Politik und Zivilgesellschaft

Hiroshima/Nagasaki-Gedenktage 2024 in Heidelberg

von Renate Wanie
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Die Hiroshima/Nagasaki-Gedenktage am 6. und 9. August waren der Anlass für eine Straßenaktion des Heidelberger Friedensratschlags, in Erinnerung an die verheerenden Atombombenabwürfe 1945. Vor allem die aktuelle Ankündigung der NATO und der Bundesregierung, neue Mittelstreckenraketen in Deutschland zu stationieren, aktivierten mit zu der Kundgebung in der Innenstadt Heidelbergs.

Bundesweit schaffen viele Veranstaltungen an den Jahrestagen öffentliche Aufmerksamkeit, um auf die aktuelle Atomkriegsgefahr zu lenken und sich für eine atomwaffenfreie Welt einzusetzen. Gefordert wird zudem der Abzug der Atomwaffen in Büchel. Dies wäre der erste Schritt zu einem atomwaffenfreien Europa. Denn - wir wollen friedensfähig werden, nicht kriegstüchtig! Friedensfähigkeit heißt Verhandeln statt Eskalieren! Das ist unverzichtbar und die einzige Alternative in einer Zeit, die die ‚gefährlichste Epoche der Geschichte‘ ist.

Laut dem Gutachten des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI im Juni 2024 ist die Zahl der einsatzbereiten Atombomben weltweit erhöht worden. Alle neun Atomwaffenstaaten haben ihre nukleare Aufrüstung forciert. Diese Atomwaffenstaaten gaben im Jahr 2023 insgesamt 91,4 Mrd. US-Dollar für ihre Arsenale aus. Etwa 2.100 Atombomben befinden sich in höchster Alarmbereitschaft! Es sind die tödlichsten Waffen, die es gibt. Wegen des Krieges in der Ukraine wächst zudem die Gefahr einer globalen Aufrüstung mit Atomwaffen. „Wir driften in eine der gefährlichsten Perioden der Menschheitsgeschichte", sagte SIPRI-Direktor Dan Smith.

Heute ist die Gefahr eines Atomkrieges so groß wie seit der Kubakrise (1962) nicht mehr: Die Nuklearstaaten rüsten auf, Russland droht zumindest indirekt mit dem Atomschlag, und auch die NATO schließt einen Ersteinsatz weiterhin nicht aus. In dieser brisanten Lage will die Bundeswehr im Rahmen des NATO-Manövers „Steadfast Noon“ (Mitte Oktober 2024) erneut üben, wie man Atombomben aus unterirdischen Bunkern an Tornado-Kampfjets anbringt und diese Bomben im Einsatzziel abwirft. Dieses Manöver findet jedes Jahr europaweit mit Beteiligung der USA und aller NATO-Staaten der sogenannten „Nuklearen Teilhabe“ statt.

Zudem will die Bundesregierung atomar aufrüsten und neue F-35-Tarnkappenbomber anschaffen, sie sind bereits für einen Einsatz mit Atomwaffen zertifiziert. Der Fliegerhorst Nörvenich bei Düren ist aktuell Ausweichstandort für die sonst auf dem Fliegerhorst Büchel stationierten Tornado-Trägerflugzeuge für die ca. 20 alten Atombomben. Diese sollen durch neue B61-12 Atombomben am Atomwaffenstandort Büchel ersetzt werden.

Wie groß ist mit diesen politischen Schritten die Gefahr, dass Deutschland ein Schlachtfeld wird? Oder beruht dieses Vorgehen auf der allgemeinen Überzeugung, dass von diesen Raketen „nur Frieden“ ausgeht?

Russische taktische Atomwaffen in Belarus
Stephan Brües, Mitglied im Heidelberger Friedensratschlag, überbrachte auf der Kundgebung eine Grußbotschaft von Olga Karach, Aktivistin aus Belarus vom Menschenrechtsnetzwerk „Nash Dom“ („Unser Haus“). Sie warnte: Putin habe seine Entscheidung bekannt gegeben, dass taktische Atomwaffen aus Russland in Belarus stationiert wurden. Das belarussische Militär sei im Umgang mit diesen Waffen und deren Einsatz ausgebildet worden. Olga Karach: „Ich kann nicht einmal sagen, was schlimmer ist: Wenn Weißrussland mit seinen nicht-nuklearen Streitkräften in den Krieg eintritt oder wenn Weißrussland formal nicht in den Krieg eintritt, sondern jetzt ein Aufmarschgebiet für Atomwaffen ist? Die Russen haben das belarussische Militär im Umgang mit diesen Waffen und deren Einsatz instruiert.“

Appell an die Zivilgesellschaft

  • Einen Appell an die auf der Hauptstraße vorbeiströmenden Tourist*innen richtete Renate Wanie vom Heidelberger Friedensratschlag: “Bekennen Sie sich zum Ziel einer atomwaffenfreien Welt und setzen Sie sich für den Abzug bzw. die Abrüstung aller Atomwaffen ein, indem Sie z. B. Ihre Stadträte/innen auffordern, den ICAN-Städte-Appell zu unterzeichnen sowie Ihre EU-Abgeordneten/innen auffordern, die ICAN-Erklärung zu unterzeichnen mit dem Ziel, den Beitritt aller EU-Mitgliedsstaaten zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) zu erreichen!
  • Informieren Sie sich bei der bundesweiten Kampagne „Wehrhaft ohne Waffen – Soziale Verteidigung voranbringen!“ über Alternativen zum Militär. https://wehrhaftohnewaffen.de/
  • Demonstrieren wir gemeinsam! gegen das Atomkriegsmanöver im Oktober 2024 in Nörvenich - für eine Welt ohne Atomwaffen und die Beendigung aller Kriege durch Verhandlungen und Friedensabkommen!
  • Widersetzen wir uns mit gewaltfreien Aktionen des Zivilen Ungehorsams allen Forderungen der Kriegstüchtigkeit! Und setzen wir auf zivile politische Konfliktbearbeitung sowie auf die Friedfähigkeit aller Menschen!
  • Zum Schluss unseren dringenden Appell an die Bundesregierung: Treten Sie endlich dem 2021 bereits in Kraft getretenen Atomwaffenverbotsvertrag bei!

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