Bundeswehr-Einsatz in Nahost

Historische Dimension

von Mani Stenner

Kanzlerin Merkel sieht eine „historische Dimension" im ersten Einsatz der Bundeswehr in der Nahost-Region. Da mag sie Recht haben. Es dürfte ein historisch-fataler Fehler werden.

Zunächst ein Jahr, wahrscheinlich sehr viel länger dauert der Einsatz der Bundesmarine vor der libanesischen Küste, der von Israels Premier Olmert gewünscht wurde, und laut Kanzlerin der Existenzsicherung Israels dient. Kein Wunder, dass Libanon lange zögerte, diese „Hilfe" bei der UN anzufordern. Nach der UN-Resolution soll schließlich die Bundesmarine wie die gesamte UNIFIL-Mission der Regierung Libanons helfen, die eigene Souveränität wahrzunehmen. Da gab es Klärungsbedarf bezüglich des von der Bundesregierung gewünschten „robusten" Mandats.
Jetzt sei es ein „robustes Mandat, aber nicht offensiv", formuliert der Kabinettsbeschluss. Werden Schiffe mit Verdacht auf Waffenfracht entdeckt, dürfen sie laut diesem Papier an der Weiterfahrt gehindert werden, wörtlich: ,,Umleitung von Schiffen im Verdachtsfall". Verteidigungsminister Jung konkretisierte, ein solches Schiff würde dann in einen libanesischen Hafen dirigiert. Dort sei es dann Aufgabe der Libanesen, die Waffen sicherzustellen.

Ich habe Schwierigkeiten, mich in die militärisch-politische Logik hineinzudenken und frage, wozu 193 Millionen EUR ausgegeben werden sollen, um Schiffe in libanesische Häfen zu geleiten, die sowieso in libanesische Häfen wollen. Falls Libanon eine Waffenfracht für die an der Regierung beteiligte Hisbollah beschlagnahmen will, reicht da nicht die Zollkontrolle in den Häfen allein und das Geld wäre besser für Hilfe bei der libanesischen Infrastruktur dafür ausgegeben? Will dagegen Libanon Waffennachschub für die Hisbollah nicht unterbinden, wird die deutsche Marine offenbar nichts Ernsthaftes dagegen tun können. Die Chance für Frieden liegt im politischen Willen und nicht in den Waffen.
Die Kritik am gesamten UNIFIL-Mandat betont dessen Einseitigkeit. Die robusten Blauhelme im Süden Libanons führen den Auftrag der israelischen Armee zur Eindämmung der Hisbollah-Milizen lediglich weniger martialisch fort. Das war der Preis für den Waffenstillstand, die libanesische Regierung inklusive Hisbollah musste akzeptieren.
Die fehlende Neutralität der deutschen Truppen vor Ort gefährdet fahrlässig die außenpolitische Fähigkeit zur konstruktiven Vermittlung - angefangen und nichtaufgehört bei einem möglichen Ge¬angenen-Austausch. All diese Möglichkeiten werden bei irgendwelchen Scharmützeln auf See aufs Spiel gesetzt - mir will das nicht in den Kopf.

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