ILA - 1990 - Internationale Messe für Luft- und Raumfahrttechnik

von Ulli DornJörg Schulz-TrieglaffPetra Metsch

ILA - 1990 - Internationale Messe für Luft- und Raumfahrttechnik

Ulli Dorn, Jörg Schulz-Trieglaff, Petra Metsch

Leider hat auch dieses Jahr wieder die ILA, mit großem militärischem Teil, stattgefunden, wenn auch der Widerstand seit der ILA 1988 weiter ver­breitert werden konnte. Nicht nur die Grünen, auch die SPD-Basis sprach sich nun gegen den Militärteil aus. Die SPD-Ratsfraktion, an ihrer Spitze Oberbürgermeister Schmalstieg, Aufsichtsratsvoristzender der Messe AG, die von Land und Stadt zu je 50 % getragen wird. wollte dieser Ablehnung nicht folgen. Begründung: Ohne Militärteil sei die "zivile" ILA tot.

Im Vorfeld gab es auch verurteilende Stellungnahmen durch den Diözesan­rat der Katholiken im Bistum Hildes­heim und durch den Stadtkirchentag der Evangelischen Kirche, Hannover. Auch die besonders betroffenen und gefährdeten Bürgerinnen und Bürger Langenhagens und der anderen direkt angrenzenden Ortschaften meldeten sich mir ihrer Besorgnis und Ableh­nung zu Wort.

Aber - wie auf einigen Aufklebern auch ironisch gesagt - "the show must go on" - Rüstung und vor allem der Waffenexport bringt eben das "gute" Geld.

Man/frau muß einfach wissen:

"Die Bundesrepublik Deutschland ist in den vergangenen Jahrzehnten weit­gehend unbemerkt zu einem der größten Exporteure von Kriegsmatei­ral geworden. öber zwei Drittel der Lieferungen gehen in die "Dritte Welt". Derweil verkündet man in Bonn: ""Die Bundesregierung verfolgt eine restriktive Rüstungspolitik... " Und: "Rüstungsexporte vertragen aus politischen Gründen nur ein begrenz­tes Maß an Publizität..."

Der Waffenhandel ist trotzdem ins Gerede gekommen. Da gehen Liefe­rungen nach Südafrika - trotz UN-Embargo. Da erweisen sich Raketen als Exportschlager. Da betätigt sich das bundeseigene Unternehmen Fritz Werner als Lieferant von Anlagen zur Herstellung von Waffen. Da sorgt eine Chemiefabrik in Libyen für Schlagzei­len. Da wird, so US-Experten, gegen den Vertrag gegen die Weiterverbrei­tung von Atomwaffen verstoßen... . Die Bundesrepublik liefert so ziemlich alles, was tötet."

Am Montag, den 14.05.90 fand die of­fizielle Eröffnungsveranstaltung zur ILA '90 in der Stadthalle Hannover statt. Die Gruppe "Lebenslaute" Han­nover, hatte eine Gegenveranstaltung initiiert, ein Konzert mit klassischer Musik unter dem Motto "Lebenslaute statt Todesgetöse".

Trotz des kühlen Wetters und dem immer wieder einsetzenden Nieselre­gen, hatten sich Chor und Orchester und viele UnterstützerInnen direkt vor der Stadthalle versammelt. Diese Prä­senz direkt im Eingangsbereich paßte der Polizei aber gar nicht und die De­monstrierenden wurden schnell auf­gefordert, den Platz zu verlassen und auf der anderen Seite der Fahrbahn, optisch etwas dezenter auf der Wiese, also in gebührendem Abstand, ihre Aktion zu machen. Die ersten Musik­stücke wurden aber einfach noch di­rekt vor dem Eingang aufgeführt, dann drängte die Polizei den Chor, die In­strumentalIstinnen und alle anderen Personen langsam, mit sanfter Gewalt, über die Straße. Zu ernsthaften Ran­geleien kam es aber nicht, vereinzelt wurde sogar von Polizisten eher Zu­stimmung zur Aktion geäußert. 

Am Dienstag, den 15.05.90 begann dann die Ausstellung der ILA auf dem Flughafengelände und das ILA-Ple­num und einige weitere unterstützende Gruppen und Personen haben vom 15.05 bis zum Sonntag, dem 20.05.90 im Eingangsbereich der Ausstellung Mahnwachen gehalten.

Mit Transparenten, Stellwänden und Informationsmaterial wurde der mili­tärische Teil der Luft- und Raum­fahrtmesse angegriffen. Ein besonde­rer Gruß galt den ankommenden Waffenhändlern, die sich häufig auch durchaus angesprochen fühlten. Zu­sätzlich zum ILA-Reader, der ja auch schon im Vorfeld der Ausstellung in Hoher Auflage verteilt/bzw. verkauft worden war, haben durch die Mahn­wachen viele der BesucherInnen und Besucher ein Flugblatt (Auflage 6.000) erhalten, mit dem die offiziellen Texte der ILA mit einigen wichtigen Infor­mationen ergänzt wurden und außer­dem auf die Veranstaltungen gegen die ILA hingewiesen wurde.

Die Erfahrungen der an den Mahnwa­chen beteiligten Personen und Grup­pen waren sehr unterschiedlich, aber fast alle berichteten über die große Bandbreite der Reaktionen von BesucherInnen und Besuchern, die den Mahnwachen gegenüber geäußert wurden. Das reichte von übelsten Be­schimpfungen wie - man solle doch endlich mal einer ordentlichen Arbeit nachgehen und keine harmlosen Zu­schauer belästigen - bis zu ganz dezi­dierter Zustimmung und dann Be­schreibung der wieder groß ausge­stellten militärischen Exponate der Messe.

Bei jüngeren Besuchern wurde oft zwar Ablehnung zu Militär und Rü­stung geäußert, aber unumwunden zu­gegeben, daß die hoch entwickelte Technik - HIGH - TECH - eine große Faszination ausübe.

Die Presseresonanz während der gan­zen Zeit, auch schon vor Beginn der Ausstellung war insgesamt gesehen recht gut. Verschiedene Rundfunkan­stalten sendeten Interviews mit ILA-KriterInen, die FR, kirchliche Zeitun­gen und die lokale Tageszeitung (HAZ) berichteten z. T. recht kritisch über die Waffenschau und gut über die Proteste dagegen. Natürlich der Ausgewogenheit der Berichterstattung verpflichtet, meist ein kritischer Bei­trag neben einem sehr positiven, z. B. der über die Mahnwachen neben der öberschrift "Kampfbomber sollen Märkte in aller Welt erobern". Aber das spricht ja auch für sich.

 

Zu der um 2 Tage gekürzten ILA ka­men mit 85000 BesucherInnen, etwa 40 % weniger, als zur ILA 88. Vermißt wurden von den Ausstellern vor allem Kunden aus Fernost. Laut Wehrtech­nik 5`90 liegen aber gerade in Südost- und Ostasien "zukunftsträchtigen Märkte" für den Rüstungsexport. Möglicherweise decken diesen Kun­denkreis dorthin verlagerte Messen ab, zu denen viele Aussteller der ILA ebenfalls zählen. (Singapur, Bangkok)

Wichtig scheint für die weitere Arbeit der Friedens- und Umweltbewegung aber vor allem die verstärkte Orientie­rung der Rüstungskonzerne, allen voran Daimler-Benz, in die Raumfahrt zu sein. Hier stellen die Lobbyisten, so Gertrud Schilling, MdB die Grünen im Verteidigungsausschuß, massive For­derungen an die Politik, um reich sprudelnde Subventions- und Gewinn-Quellen nicht zu verlieren.

Projekte wie etwa das Hyperschall-Raketenflugzeug "Sänger". MBB, (3 Std. bis Japan) die eine exklusive Ma­nager oder Politiker-Elite durch die Ozonschicht schießen sollen, sind aber ökologischer Wahnsinn. Ebenso ist der Aufbau einer dritten Weltraummacht Europa neben den USA und der UdSSR zu hinterfragen. Zivile Nut­zungen lassen sich da auch in Koope­ration billiger umsetzen. Viele dieser neuen Projekte haben also nichts mit Rüstungskonversion zu tun, denn diese bedeutet Umstellung auf zivile Güter, die sozial und ökologisch nützlich sind.

 

 

 

 

 

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Petra Metsch ist beim Antikriegshaus Sievershausen beschäftigt.