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Informationen zur Arbeit, zu Zielen des Komitees der Soldatenmütter in Russland
vonIn einem kleinen Büro, etwa 14 qm groß, geht es zu wie in einem Bienenschwarm: es ist das Büro der Soldatenmütter in Moskau, zentral gelegen in der Louchnikow-Straße, in einem Gebäude, in dem - neben den Soldatenmüttern - noch 12 andere Menschenrechtsgruppen ihre Adresse haben.
Die Gruppe der Soldatenmütter, die täglich unentgeltlich in diesem Büro arbeiten, ist ein eingespieltes Team von ungefähr 12 Frauen.
Sie haben nicht alle Platz in dem kleinen Raum; deshalb wird im Flur zusätzlich gearbeitet: sie beraten Mütter, die aus allen Teilen Russlands zu ihnen kommen, die von den Soldatenmüttern erfahren möchten, was sie unternehmen sollen, damit ihre jungen Söhne, gerade einmal 18 Jahre alt und erst seit zwei Monaten beim Militär, nicht als Kanonenfutter in den Tschetschenienkrieg geschickt werden; sie erkundigen sich, ob ihre Söhne, von denen sie schon lange nichts gehört haben, an der Front kämpfen, ob sie noch leben, wo sie sich aufhalten. Diese Beratungsgespräche werden mit Emotionen geführt; die Mütter sind aufgeregt, sie schreien, weinen, schimpfen. Die Soldatenmütter haben Verständnis für die Ängste und Sorgen; sie beruhigen, geben Ratschläge, erkundigen sich in allen Fällen; sie geben den Frauen Geld für die Fahrkarten, wenn es sein muß.
Im Büro selbst werden die leiseren Büroarbeiten getätigt: zwei Telefonapparate sind unentwegt in Aktion; auf einer Schreibmaschine werden Briefe geschrieben; Daten werden in einem Computer gespeichert.
Die Söhne der Soldatenmütter haben den Militärdienst schon lange hinter sich. An die Schikanen in der Ausbildungszeit erinnern sich die Söhne und Mütter noch sehr gut. Tausende Male passierte es, daß die jungen Rekruten ihren Müttern tot zurückgegeben wurden: gefoltert, ermordet in Friedenszeiten von den eigenen Kameraden in den Kasernen.
Das war der Anlass, daß sich 1989 Mütter von russischen Soldaten zusammengeschlossen haben, um gegen die Mißstände in den Kasernen vorzugehen, aufzuklären, mit Politikern und Militärs ins Gespräch zu kommen.
Als dann der Krieg in Tschetschenien begann und die ersten russischen jungen unerfahrenen Soldaten an die Front geschickt wurden, bekamen die Soldatenmütter eine neue Aufgabe: sie wurden die Zentrale für Nachfragen besorgter Mütter aus Russland.
Die Soldatenmütter organisierten und organisieren heute noch Friedensmärsche in das Kriegsgebiet von Tschetschenien. Sie fahren mit Bussen und Zügen soweit sie können und gehen dann tagelang zu Fuß weiter. Von den Soldaten ihres eigenen Volkes, von russischen Militärs, werden sie behindert, gefangengenommen, geschlagen und wieder nach Moskau zurückgeschickt.
Das hält sie nicht davon ab, immer wieder aufs Neue mit erfahrenen und "neuen" Müttern sich aufzumachen, um ihre Söhne zu suchen und sie mit nach Hause zu nehmen. Das ist ihnen auch schon häufig gelungen: auf tschetschenischer Seite werden sie freundlich begrüßt. Sie erhalten Zutritt zu Krankenhäusern; sie werden zu den Gefangenen geführt.
Sie erhalten Einblick in die Listen der gefallenen russischen Soldaten, soweit die tschetschenische Seite diese Namen kennt.
Von der russischen Seite werden sie abgewiesen; da sie gelernt haben, friedlich Widerstand zu leisten, müssen sie meist mit Gewalt abgeführt werden.
Die Soldatenmütter stören dauernd.
Sie stören von der DUMA (Abgeordnetenhaus) in Moskau an jedem Mittwoch bei ihrer kleinen Demonstration.
Sie stören die Militärbehörden durch unentwegte Anfragen.
Sie geben sich nicht mit vagen Versprechungen oder inhaltslosen Floskeln zufrieden; sie intervenieren, lassen nicht locker.
Auch mit den Politikern führen sie einen regen Briefverkehr oder belästigen sie mit Gesprächen.
Ihr Ziel ist: der Krieg in Tschetschenien muß sofort beendet werden!
Man kämpft nicht gegen Brüder.
Die Soldatenmütter setzen sich politisch sehr engagiert dafür ein, daß ein "alternativer Soldatendienst" (Zivildienst) für die jungen Männer möglich sein muß.
Die heraufgesetzte Militärzeit von zwei Jahren muß sofort wieder rückgängig gemacht werden.
Der Militarismus in Russland hat sehr deutlich, spürbar, beängstigend zugenommen. Das belegen die Soldatenmütter an Hand von Beispielen.
Sie haben große Sorgen, daß in Zukunft (und sie hat schon angefangen) nicht Politiker, sondern das Militär Entscheidungen in und für Russland treffen werden.
Die Frauen, die Soldatenmütter stecken mit ihrer Beharrlichkeit, Freundlichkeit, mit ihrem Mut und ihrer Hoffnung an: sie geben ihre Kraft weiter; sie motivieren. Diese Bewegung der Frauen gegen den Krieg ist angesichts der unfriedlichen Welt ein Hoffnungszeichen: es geht, wenn Frauen und Männer sich zusammenschließen und mit Mut, Kraft, Überzeugung sich gegen Folter, Mord und Krieg wenden mit friedlichen überzeugenden Mitteln: mit der Wahrheit, mit der Liebe und mit der Hoffnung.
Das können wir von den Soldatenmüttern lernen.
Sie brauchen unsere Unterstützung: wir stehen im Kontakt zu ihnen; wir besuchen sie, wir schreiben ihnen, wir haben per Telefon und Fax Möglichkeiten, schnell Informationen zu bekommen.
Sie brauchen für ihre wichtige Friedensarbeit aber auch Geld: viel Geld.
In Russland werden sie nicht unterstützt. Von wem auch? Der Regierung sind sie ein stechender Dorn im Auge. Die Bevölkerung hat kein Interesse an ihrer Arbeit; die Menschen, die Sympathisanten der Soldatenmütter sind, haben kein Geld.
Das aber brauchen sie dringend, um Miete, Bürokosten, Post-, Telefon- und Faxgebühren zu bezahlen, um Fahrkarten für die Mütter zu kaufen, um Druck und Fotokopierkosten zu begleichen usw. usw.
Um SPENDEN für die Soldatenmütter bitten die "Mütter für den Frieden".
Wir versichern, daß jeder Pfennig, der auf unser Konto unter dem Stichwort "Soldatenmütter" eingeht, dem Komitee von uns ausgehändigt wird. Das wird uns von den Soldatenmüttern quittiert.