Dannenberg (Wendland)

Internationale Anti-Atom-Konferenz

von Francis Althoff
Schwerpunkt
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In Dannenberg fand im Januar 98 die internationale Anti-Atom-Konferenz statt. Trotz der relativ kurzen Vorbereitungszeit waren VertreterInnen von Anti-Atom-Initiativen aus der ganzen Bundesrepublik und verschiedenen europäischen Ländern in das widerspenstige Wendland gekommen. Erfreulicherweise nicht nur aus den vom deutschen Atommüll besonders betroffenen Regionen La Hague/Frankreich und Sellafield/England, sondern sogar aus den atomkraftwerksfreien Ländern Dänemark und Österreich konnten Gäste begrüßt werden.

Die inhaltlichen Schwerpunkte der Konferenz waren einerseits der Informationsaustausch sowie eine Vernetzung und Strukturierung, um die Forderung nach dem sofortigen Ausstieg aus der Atomtechnik mit der Qualität des gemeinsamen internationalen Drucks umzusetzen. In verschiedenen Arbeitsgruppen wurden aktuelle Themen erörtert:

- Atommüll/Castor-Transporte zu den
  Wiederaufbereitungsanlagen (WAA)

- europäischer Druckwasserreaktor (EPR)

- Boykott des Reaktorherstellers Siemens

So berichtete der Vertreter aus La Hague, daß die WAA, in den 50iger Jahren gebaut, nach dem deutschen Atomrecht nicht genehmigungs- und betriebsfähig wäre. So wird die Anlage z.B. auch als militärisches Projekt für die französische Atomwaffenproduktion genutzt. Neueste Untersuchungen haben ergeben, daß die radioaktiven Abwässer um das 2000-fache über den genehmigten Werten liegen. Eine Erhöhung der Leukämierate in der Umgebung der WAA konnte inzwischen ebenfalls nachgewiesen werden.

Ähnliches berichtete die Vertreterin aus Sellafield. Ebenfalls in den 50iger Jahren als WAA Windscale gebaut, wurde die Anlage nach einem großen Störfall, bei dem über 100 ArbeiterInnen verstrahlt worden waren, in Sellafield umbenannt. Durch die radioaktive Verseuchung wird die Umgebung und der Strand von den Einheimischen mittlerweile gemieden. Wie auch in Gorleben, befinden sich die Standorte der WAA in strukturschwachen Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit.

EPR: Die technische Planung (basic design) ist abgeschlossen. Nach den Vorstellungen des Herstellers NPI, ein Zusammenschluß von Siemens und Framatome, soll/kann bereits 1998 mit einem standortunabhängigen Genehmigungsverfahren begonnen werden. Der Kooperationsvertrag sieht jeweils einen Prototypen in Frankreich und in Deutschland vor. In diesem Zusammenhang ist auch die geplante Atomrechtsnovelle (Lex Siemens) zu sehen. In Deutschland sind als Standorte Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern sowie Bayern (Grafenrheinfeld, Viereth, Plenting, Marienberg, Pfaffenhofen) im Gespräch.

Siemens ist nicht nur Erbauer sämtlicher deutscher Atommeiler, sondern ist mittlerweile das einzige Unternehmen, das die Nutzung der Atomtechnik in Deutschland technisch und politisch vorantreibt. Siemens ist Generalunternehmer beim Neubau des FRM II, der mit atomwaffenfähigem Uran betrieben werden soll. Durch die Politik von Siemens wird die Atomwirtschaft in Osteurpa am Leben erhalten, die Chance einer Energiewende auf Jahrzehnte vertan. Eine europaweite Ausweitung des bisher im deutschen Sprachraum (D. Österreich, Schweiz) erfolgreichen Boykotts sämtlicher Siemens-Produkte wurde beschlossen.

Zum Abschluß der Konferenz fuhren die TeilnehmerInnen gemeinsam zu den Gorlebener Atomanlagen. Michel Fremont berichtete aus La Hague, und eine Vertreterin der Gorlebener TurmbesetzerInnen begründete ihren Gang vor das Bundesverfassungsgericht. Die KonferenzteilnehmerInnen erklären sich ausdrücklich solidarisch mit den TurmbesetzerInnen, um deutlich zu machen, daß hier durch Schadensersatzforderungen das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit ausgehebelt bzw. eingeschränkt werden soll.

Die Konferenz war ein erster wichtiger Schritt, um die notwendige Vernetzung der internationalen Anti-Atom-Bewegung herzustellen.

aus: anti atom aktuell Nr. 88 / Februar `98

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